Porträt einer Person auf ihrem Weg vom "linken Anarchisten" ins rechte Verschwörungsgläubigen-Lager

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Abspann mit dem Titel des Filmes

Holger Strohm war einer der ersten bekannten Autoren der Anti-Atom-Bewegung. Er selbst bezeichnet sich als "linken Anarchisten". Sein Buch "Friedlich in die Katastrophe" bildete einen Meilenstein und zeigte Gefahren, Hintergründe und politische Seilschaften auf. Danach verfasste er etliche Umweltbücher, aber auch zu kinderfreundlichen Schulsystemen oder gegen die Gentechnik. Seine Hoffnungen auf eine Wende erfüllten sich nicht. Mehr und mehr sah er die Welt am Abgrund. Aus Verzweiflung wuchs Empörung - und die ebnete den Weg in rechtes Gedankengut und absurdeste Verschwörungstheorien.

Als 2012 Holger Strohms Anti-Atom-Klassiker "Friedlich in die Katastrophe" verfilmt wurde, streute Filmemacher Marcin El dort einige seltsame Gedanken ein, die mensch sonst aus den Ecken vereinfachter Welterklärer_innen (sog. "Verschwörungstheoretiker_innen") kennt: HAARP-Anlagen, böse US-Aktionen, Mafia überall, künstliche Erdbeben. Das war aber nur der Anfang einer geistigen Entwicklung, die aus Holger Strohm und seinen Unterstützern vielgefragte, rechtsextreme Redner und Interviewpartner gemacht haben - voller Hass gegen Flüchtlinge, Juden, die USA und Israel, Linksfaschisten und zensierte Medien. Nun zeichnet ein Film diese Entwicklung nach. "Empörung und Verschwörung" ist aber mehr als eine Abhandlung über "Holger Strohm und seine vereinfachten Welterklärungen" (Untertitel) - nämlich eine grundlegende Kritik an den sich ausbreitenden vereinfachten Welterklärungen insgesamt, an Gut-Böse-Stigmatisierungen und dem Glauben an eine Machtpyramide mit nur wenigen Strippenziehern an der Spitze. Strohm ist mit den zahlreichen Ausschnitten aus Interviews, Vorträgen und Filmen Hauptfigur der Dokumentation, aber letztlich nur ein Beispiel für viele. Er zeigt, dass auch ein "linker Anarchist" (Selbstbezeichnung Holger Strohm) zum Verkünder wirrer und rechter Welterklärungen werden kann. Insofern dürfte der Film auch als Warnung in "linken" Kreisen geeignet sein, zumal dort einfache Schubladen, Gut-Böse-Einteilungen und personelle Schuldzuweisungen an der Tagesordnung sind.

 

Strohm will Film verbieten

Bereits vor einigen Monaten wurde eine kurze Vorabfassung von Filmausschnitten veröffentlicht. Holger Strohm, der sonst gerne über Zensur gegen sich jammert, reagierte prompt und ließ den Film auf Youtube sperren. Doch der Filmemacher, als Aktivist aus der Projektwerkstatt kampferprobt, wehrte sich. Der Film wurde auf Youtube wieder freigeben. Strohm reichte daraufhin Klage beim Landgericht Hamburg ein - und der Fall wird nun am 21. Januar um 14 Uhr verhandelt. Wie üblich, ist die Gerichtsverhandlung offen: Rechtsextremer gegen Projektwerkstättler - eine spannende Konstellation (auch, weil viele Linke sich immer wieder an den konsequent und folglich auch im eigenen politischen Lager herrschafts- und elitenkritischen Projektwerkstättler_innen abarbeiten und im Zweifel dafür sogar mit der Polizei paktieren ... diesmal wäre es eine Hilfe für einen Rechtsextremen!).

 

Termine und mehr InfosVeranstaltungen vor dem Prozess am 21.1.2016

Film "Empörung und Verschwörung - Porträt einer Person auf dem Weg in rechte Ideologien" (anschl. Gespräch mit dem Filmemacher Jörg Bergstedt)

  • Mo, 18.1., um 19.30 Uhr in Hamburg-Harburg (Alles wird schön, Friedrich-Naumann-Str. 27 in Heimfeld)
  • Mi, 20.1. um 20 Uhr in Hamburg-Hammerbrook (Südpol, Süderstraße 114)

Do, 21.1. um 14 Uhr in Hamburg (Landgericht, Sievekingplatz 1 im Ziviljustizgebäude, Saal A 265/2. Etage): Prozess des Filmemachers Holger Strohm gegen den Filmemacher Jörg Bergstedt wegen einer Kritik an Strohms rechtslastiger und weltvereinfachender Positionen im Film "Friedlich in die Katastrophe" ... diesen Film will Holger Strohm verbieten lassen ++ Wer hat Lust, noch Lust, in oder um Hamburg den inzwischen veröffentlichten längeren Film zu zeigen oder am 19.1. eine passende Veranstaltung zum Thema zu machen? (z.B. den Workshop "Den Kopf entlasten", Mitschnitt in Halle)

 

Mehr Informationen

 Termine, u.a. Seminare zu politischen Themen und Direct-Action-Trainings zu kreativen Widerstandsformen

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Ergänzungen

" (auch, weil viele Linke sich immer wieder an den konsequent und folglich auch im eigenen politischen Lager herrschafts- und elitenkritischen Projektwerkstättler_innen abarbeiten und im Zweifel dafür sogar mit der Polizei paktieren ... diesmal wäre es eine Hilfe für einen Rechtsextremen!)."

Bergstedt, was soll der Scheiss? DU hast dich mit dem VS getroffen, Deine Leute aus der Projektwerkstatt haben im AK 44 mit Nazis diskutiert, Telefonnummern ausgetauscht & sich schützend vor sie gestellt. Danach hast Du , aufgrund der Tatsache, dass Antifas die Nazis des Raumes verwiesen haben, das Vorgehen mit dem in National Befreiten Zonen verglichen...

Was auch immer die Kommentarschreiberlinge darüber (ob nun Antifa GI oder nicht) reitet, ein Zusammenhang ist nicht erkennbar. Wenn der EA Köln im Rahmen des Klimacamps 2012 mit der Polizei kooperiert (bis sie als EA ersetzt werden durch eine selbstorganisierte Rechtshilfegruppe, die das nicht mehr macht), ob im aktuellen Verfahren in Koblenz, wo es um Sicherungsverwahrung geht, linke Gruppe gegen einen der Angeklagten hetzen, oder ob permanent der Rechtsextremismusexperte des Bundesamtes für Verfassungsschutz als Referent eingeladen wurde (war vor einigen Jahren Standard, bis der dort nicht mehr gearbeitet hat) - was hat das mit irgendwelchen albernen Hausrechtsspielchem in Gießener Infoladen oder einem öffentlich gemachten, ungewöhnlich intensiven Anquatschversuch des VS zu tun? Aber klar: Draufhauen geht immer - auch das ist eher eine Hilfeleistung für die Inhaber des Gewaltmonopols.