Berlin (HH, M): Alle (!) Lap-Coffee-Filialen neu eingefärbt

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Schon öfter haben wir auch hier auf Indymedia über die neue äußerst sympatische Café-Kette "LAP COFFEE" berichtet (u.a. hier und hier). Nun gibt es einige Neuigkeiten.

Wie zuerst das Qualitätsjournalismusblatt “BZ” und dann diverse Medien übereinstimmend berichten, sind anscheinend in einer einzigen Nacht alle 15 Filialen von Lap Coffee in Berlin neu eingefärbt worden.

 

Der “Tagesspiegel” gibt sich wieder einmal gut informiert: “Die Täter werden einer anonymen Gruppe zugerechnet, die seit einiger Zeit mit einer Plakatkampagne gegen das Unternehmen mobilisiert“.

Diese nervigen “Unruhestifter” (ebenfalls “Tagesspiegel“) würden Lap Coffee “Gentrifizierung” vorwerfen. Gleichzeitig schreibt der Tagesspiegel über einen “Preiskampf im Kaffeesektor“, der hinter der Neueinfärbung der Lap Coffee Filialen stünde.

Was ist hier los in Berlin? Gehen jetzt unterschiedliche Café-Ketten mit roter Farbe aufeinander los und und maskieren ihren “Preiskampf im Kaffeesektor” mit Gentrifizierungsvorwürfen?

Und was hat es mit dieser Aussage von Lap-Coffee-Gründer Hage in der BZ auf sich? “Wir wissen, dass Teile dieser Gruppe organisiert sind, darunter Personen aus der Kaffeeszene. Wir haben Hinweise auf einzelne Beteiligte…

Wer sind diese “Personen aus der Kaffeeszene“? Was ist diese “Kaffeeszene” überhaupt – das geheime Netzwerk aller unabhängigen Cafés in Berlin? Andere Café-Ketten? Kaffee-Trinkende, Kaffee-Herstellende, Kaffee-Verkaufende, oder alle zusammen? Reicht es, gelegentlich einen Kaffee zu trinken, um auch Teil der “Kaffee-Szene” zu sein, oder ist hierfür intensiver, täglicher Kaffee-Konsum erforderlich?

Und was bedeutet es, wenn Hage sagt, “Wir wissen, dass Teile dieser Gruppe organisiert sind“? Ist nicht nicht eine Gruppe selbst eine Organisationsform? Wie haben wir uns eine Gruppe vorzustellen, bei der einige organisiert sind, andere aber anscheinend nicht (und trotzdem in der gleichen Gruppe)?

Wenig später hat der Tagesspiegel (offenbar lesen sie bei uns mit) den oben verlinkten Artikel geändert. Es heisst nun nicht mehr “Die Täter werden einer anonymen Gruppe zugerechnet, die seit einiger Zeit mit einer Plakatkampagne gegen das Unternehmen mobilisiert“, sondern “Ob die Farbattacken in Zusammenhang mit der Kampagne stehen, ist unklar.“ Die hübsche Analyse des Tagesspiegel, es gehe bei den Filialenneufärbungen offenbar um einen “Preiskampf im Kaffeesektor“, ist ebenfalls aus dem Artikel verschwunden.

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Mittlerweile zieht die (inhaltliche und praktische) Kritik an "Lap Coffee" weite Kreise. Nicht nur die üblichen Verdächtigen berichten, selbst die sonst so dröge FAZ ist aufgeschreckt und zitiert zum Thema LAP-Neueinfärbung etwa die "Investorin und Partnerin bei General Catalyst, Paula Hübner Wehmeyer".

Lap-Coffee-Gründer Hage gibt den Hippie und möchte gerne reden, anscheinend sei das ja alles nur ein Missverständnis. Das ist natürlich pure Propaganda eines auf ein gutes Image angewiesenen Eigentümers, der ganz offensichtlich gerade nervös wird. Hinter der hippiesken Fassade stecken knallharte Interessen und Gewinnerwartungen. Was haben die früheren Arbeitsstationen der LAP Gründer (Redbull und Rollerverleih Lime, Lieferdienste Flink und Deliveroo) gemeinsam? Profit und Expansion sollen um jeden Preis durchgesetzt werden, und das geht am besten auf dem Rücken nicht organsierter ausgebeuteter Arbeiter*innen. Alle genannten Unternehmen versuchten und versuchen etwa systematisch und mit allen Mitteln, die Bemühungen der Beschäftigten um die  Einrichtung von Betriebsräten zu verhindern.

Das ZDF hat kürzlich einen sehr informativen Video-Beitrag zum Thema Lap Coffee veröffentlicht. Sehr sehenswert und gut gemacht, anschauen lohnt sich!

Sie zeigen u.a., wie Lap Coffee richtig viel Knete machen will (“monetarize a lot more from existing customers”), Lap-Coffee-Gründer Hage spricht von geplanten 100 Shops und dem großen Vorbild Red Bull. Die Internetblase wird seziert, in der Lap-Mitarbeiter*innen oder mit Lap kommerziell verbundene Unternehmen als vorgeblich private Nutzer*innen Lobeshymnen auf Lap singen, und auch sonst gibt es viele spannende Infos.

Anscheinend, so das ZDF, geht Lap sogar mit juristischen Drohungen gegen unliebsame Bewertungen im Netz vor. Lap Coffee dazu: „Ob und in welchen Fällen rechtliche Schritte geprüft wurden/ werden, kommentieren wir grundsätzlich nicht“. Juristische Drohungen, um das gute Image der netten "Kiez und Kultur"-Cafekette aufrechtzuerhalten? Irgendwie finden wir auch das ganz schön scheisse.

Wie der Tagesspiegel (hinter Bezahlschranke) berichtet, hat Lap Coffee kürzlich eine Pressemitteilung rausgehauen, in der lokale Cafés konkret benannt wurden als Beleg für die gute Nachbarschaft mit den tollen neuen Lap-Coffee-Stores. Lap Coffee hat allerdings leider vergessen, mit diesen konkret benannten Cafés, die hier als Beweis herangeführt werden auch nur ein einziges Mal zu sprechen und sie nach ihrer Meinung zu fragen. Die von Lap Coffee namentlich genannten Cafés sind richtig angepisst.

Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, dass das eh ramponierte Image von Lap Coffee gerade steil weiter nach unten geht. Hage hat schon mal ein StartUp gegen die Wand gefahren. Aber noch ist es wahrscheinlich zu früh, schon mal den Sekt kaltzustellen, um demnächst auf die Lap-Coffee-Pleite anstossen zu können. Es gibt noch einiges zu tun. Packen wir es an!

 

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Ergänzungen

Ein kurzer Überblick über aktuelle Presseartikel.

Die BZ hat anscheinend zuerst für die neue Farbgestaltung der Lap Coffee Filialen berichtet und läßt Lap-Gründer Hage mit kruden Thesen reichlich zu Wort kommen.

Der Tagesspiegel schreibt ziemlich witzigen Quatsch, eine spätere Überarbeitung des Artikels ist deutlich weniger lustig.

Ebenfalls der Tagesspiegel bezeichnet die Aktivistis hinter der Plakat- und Flyerkampagne gegen Lap Coffee als “Unruhestifter”. Das sehen wir mal als Kompliment.

Der Rolling Stone findet Lap Coffee auch reichlich doof und widmet sich in einem Artikel u.a. der Frage, warum eine Beteiligung an den Lap-Coffee-Events keine gute Sache ist.

Die FAZ zitiert in einem recht sachlichen Artikel die “Investorin und Partnerin bei General Catalyst, Paula Hübner Wehmeyer” zur Frage der Neueinfärbung von Lap Coffee Filialen, und konstatiert: “Rote Farbe auf blauer Schrift – der Protest gegen die junge Café-Kette LAP Coffee wird zunehmend unübersehbar.”

Ein weiterer Kommentar in der FAZ zum Thema stellt die Diagnose, dass “der linke Krawall längst in breitere Gesellschaftsgruppen schwappt”. Schön wärs.

Auf Indymedia ist ein ausgezeichneter Artikel zur aktuellen Lap Coffee Situation erschienen (ist ja auch von uns).

Die Berliner Zeitung findet die neue Farbgebung, hier als “Anschläge” bezeichnet, nicht so gut.

Auch BusinessInsider ist noch nicht ganz davon überzeugt, dass das eine tolle Aktion war. Denn: Es lebe der Kapitalismus, der die Welt nur immer besser macht!

Die Berliner Mottenpost kombiniert messerscharf, dass die parallele Einfärbung der Lap Coffee Filialen wahrscheinlich koordiniert war, und hält ebenfalls die Menschen hinter der Plakatkampagne für die Farbkünstler*innen.

Der Falstaff schreibt: “Was zuerst toll klingen mag, treibt andere dazu, nach einem roten Farbeimer zu greifen und die Läden zu bemalen.” Naja, wirklich toll klang das eigentlich nie.

Das “Nr1 AI Magazin” “IT Boldwise” hat die Welt noch nicht so richtig verstanden und denkt, es gehe um die Frage ob Konzerne aus den eigenen Einnahmen wachsen sollen oder es ok ist, sich Unterstützung von Investoren zu holen

 

zwei ergänzungen: bezahlschranken vor zeitungsartikeln lassen sich auf verschiedene arten umgehen (falsche Zahlungsarten angeben, dabei aber auf anonymität achten) oder auch einfacher mit tools oder websites wie archive.fo.

witzig und hervorzuheben finde ich auch wie die berliner polizei mal wieder glänzt:

Die Berliner Polizei bestätigte auf Anfrage, dass es Farbattacken auf mehrere Filialen gegeben hat. „An insgesamt vier Filialen wurden rote Beschmierungen und zum Teil auch ausgelegte Flugblätter festgestellt“ (...) „Wir ermitteln in allen Zusammenhängen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung mit politischem Hintergrund“, sagte der Sprecher. Dass weitere Filialen beschmiert worden waren, konnte die Polizei zunächst nicht bestätigen.

man möchte zwar meinen, dass die bullen an ihren handys den ganze tag auf bz.de surfen und es damit schon morgens besser gewusst haben müssten, aber warscheinlich sind sie dort in eine tiktok-reels-spirale geraten.

Aus einem aktuellen Artikel der BZ des bekannten Superjournalisten Schupelius:

"Auf einer illegalen Plattform im Internet, auf der sich linke Täter fortwährend ihrer Gewalttaten rühmen, wird der Angriff auf LAP gefeiert. Weitere Attacken werden angedeutet: „Es gibt noch einiges zu tun. Packen wir es an“, heißt es dort. Bedauernd fügen die anonymen Autoren hinzu, es sei „wahrscheinlich zu früh, schon mal den Sekt kaltzustellen, um auf die Lap-Coffee-Pleite anstoßen zu können“.

Mit der "illegalen Platform" ist offensichtlich Indymedia gemeint :-) ...

Weiter aus dem Artikel:

"...Immer wieder wurden in der Vergangenheit neue Geschäftsideen zerstört. Ein Berliner Unternehmer hatte 2009 das „Car Loft“ erfunden und in der Lignitzer Straße 30 in Kreuzberg erbaut. Per Fahrstuhl kann man dort sein Auto mit auf den Balkon nehmen.

 

Er wurde so lange von gewalttätigen Linksextremisten heimgesucht, bis er den Plan aufgab, weitere Gebäude dieser Art anzubieten. 2018 wurde der geplante Google-Campus aus Kreuzberg vertrieben. Das sind nur zwei von vielen Beispielen, die ich hier nenne."

Hihi

 

 

 

rbb

Berlin - Farb-Attacken auf LAP Coffee: Polizei geht von politischem Hintergrund aus

 

 

Nach Farb-Attacken gegen Filialen der Kaffeehauskette LAP Coffee in Berlin geht die Polizei von einem politischen Motivationshintergrund aus. Das teilte die Polizei am Dienstag rbb|24 auf Nachfrage mit.

 

 

"Nach aktuellem Ermittlungsstand sind sämtliche in Berlin eröffnete Filialen der Kaffeehauskette betroffen. Dabei wurden Flugblätter hinterlassen, deren Inhalt auf einen politischen Motivationshintergrund der Sachbeschädigungen hinweisen." Weitere Details nannte die Polizei mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht.

 

 

 

Kleinere Cafés fürchten Verdrängung

 

 

Die Kette LAP Coffee ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und betreibt inzwischen zahlreiche Filialen in Berlin. Hinter dem Unternehmen stehen zwei bekannte Namen aus der Tech- und Startup-Szene: Ralph Hage, ehemals bei Delivery Hero und Gründer des inzwischen insolventen Lieferdiensts Yababa. Und Tonalli Arreola, zuvor bei Lime und Flink.

 

 

Die Kette steht in der Kaffee-Szene in der Kritik: Ihr wird vorgeworfen, mit niedrigen Preisen und viel Investorenkapital kleinere, handwerklich arbeitende Cafés zu verdrängen und das Produkt zu entwerten.

 

Zumindest auf Presse-Ebene bleibt das Thema Kritik an Lap Coffee weiter sehr lebendig. Aktuelle Infos stehen bei uns auf dem Blog und unter dem gestern auch bei Indymedia veröffentlichten Offenen Brief an Lap-Gründer und CEO Ralph Hage.