Probleme im Maßregelvollzug - forensische Betreuung psychisch kranker Straftäter

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Therapiemöglichkeiten gibt es in Deutschland für jede Gelegenheit. Kaufrausch, Alkoholismus, Spielsucht. Eine Selbsthilfegruppe findet sich immer. Auch Menschen, welche in psychischen Ausnahmesituationen eine Straftat begangen haben, werden im Rahmen des forensischen Maßregelvollzugs behandelt. Doch: Es gibt auch Kritik. Oft viel zu lange sinnlose Verwahrung. Ein Blick hinter die Kulissen eines geregelten Abfertigungsbetriebs, wo hunderte Euro täglich pro "Patient" kassiert werden.

Wir befinden uns in der forensischen Wilfried-Rasch-Klinik irgendwo im Ruhrgebiet. Hohe Mauern umzingeln die kleinen, spartanischen Räume der doch kleineren Forensik. Es gibt einen Sportplatz, gepanzerte Räume für die Ergotherapie. Etwa 40 Patienten bewohnen die vier Stationen auf zwei Etagen. Vom kleinen Dieb, über den Gewalttäter bist zum Totschläger, ja, Mörder. Sie alle befanden sich zum Tatzeitpunkt in psychischen Ausnahmesituationen, wurden vom Richter als schuldunfähig erklärt.  Nun sitzen sie hier, in der Forensik. Monate, Jahre, ja, Jahrzehnte - manche gar bis zum Tod. Das ist zu lang, steht oft in keinem Verhältnis! Die Patienten auf Station C haben einen kleinen, gelb getünchten Raucherraum, einen Essensbereich, Aufenthaltsmöglichkeiten. Alles streng gepanzert und gesichert. Am Tag dürfen sich die Insassen frei bewegfgen. Wer Randale macht kommt in den Kriseninterventionsraum, KIR, ein kahler Raum mit Matratze, Klo und Fenster. Was ist Randale? Das wird eher subjektiv vom Personal interpretiert. Ein unflätiges Wort kann zur Arrestierung führen. Manche kennen das Jahrzzehnte. Ergotherapie wird bezahlt, ebenso die Essensdienst - Pfennigbeträge, aber besser als nichts. Internet ist verboten. Das Essen, ein wesentlicher Therapiepunkt, ist ordentliche Kantinenkost.

 

Johannes Berning, leitender Forensikarzt: "Wir wollen unseren Patienten, alles Männer, eine Struktur geben - regelmäßig essen, schlafen, körperliche Hygiene in Verbindung mit festgelegten Therapieterminen. Solches könnte man auch auf die Außenwelt übertragen, ausfüllende Arbeiten inkludiert." Nur leider passiert das oft nicht. Da ist Moritz (Namen geändert), der einst durch Körperverletzung auffiel. "Ich sitze hier inzwischen schon Totschlag ab und ich will auch hier kaputtgehen", sagt er. Benno erschlug einst seine Mutter, weil sie ihm angeblich nichts zu essen gab. Er ist 40 Jahre arrestiert, ohne Hoffnung auf Entlassung, welches allerdings auch nicht in seinem Interesse liegt.

 

Immer von 2 Uhr mittags bis 3 ist Hofgang. Dann wird von den meist jungen Insassen im Innenhof Baskeball gespielt, im Kreis gegangen, auf der Bank eine geraucht. Grundsätzlich dauert ein Aufenthalt in der Forensik 7 Jahre - mit stetig erweiterten Lockerungen, Ausgängen auch. Indes: Fälle wie Moritz und Benno sind beileibe keine Einzelfälle. Sie haben in einem Rechtsstaat durch begangenes Unrecht ihr ganzes Leben verwirkt. Bleibt die Frage, ob dies im Sinne des Erfinders ist!? Und doch - auch in der Forensik geht es vor allem um Therapie. Wobei der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Träger natürlich fleißig an den Patienten verdient. 270 Euro bekommt er pro Tag für jeden. Und so sind auch jene, die freikommen, ja, den Absprung schaffen oft finanziell durch nachfolgende Kostenbeteiligung ruiniert für immer. Auch nicht im Sinne des Erfinders - aber ein Ausdruck der absoluten Unterordnung des Gesundheitswesens unter kapitalistische Profitmaxime. MAHLZEIT!!   (doem)

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