Hammer und Sichel sind kein „süßes Nageldesign“ – Aufruf zur Intervention gegen die Oval Office Bar beim Bochumer CSD
Am kommenden Samstag – den 30.08 ist der Bochumer CSD. An diesem wird sich voraussichtlich wieder die Oval Office Bar/der Kosmopolis e. V. beteiligen mit Reden, einem Stand und vielleicht auch Wagen. Bereits am 28.06 hatten wir den CSD Bochum aufgefordert die Bar als Organisation auszuschließen – mit einer Frist bis zum 01.08. Bis heute haben wir keine Antwort erhalten.
Warum?
Auf unserem Blog abusebytheoffice.noblogs.org findet ihr eine ausführliche Übersicht dazu. Zusammenfassend: Neben transfeindlichen Überbergriffen, Mobbing durch die Bar und der Unterstützung von Personen die massiv gegenüber Menschen aus ihrem Umfeld übergriffgig waren, geht es vor allem um die autoritären und menschenfeindlichen Inhalte der Bar:
Die Bar positioniert sich ganz offenen autoritär kommunistisch bzw. marxistisch. Das heißt sie stellt sich in die Tradition von marxistischen Diktaturen wie z. B. den Bolschewiki unter Lenin oder später der UdSSR. Am 06.06. fand eine Veranstaltung statt bei der Menschen sich Hammer und Sichel als „süßes Nageldesign“ auf die Nägel malen lassen konnten.
Hammer und Sichel ist ein Symbol der bolschewistischen Diktatur und wurde 1918 für diese entworfen. Es steht nicht allgemein für Kommunismus oder Sozialismus. Mehr dazu hier: https://a-dresden.org/2019/01/15/hammer-und-sichel-ist-kein-symbol-der-freiheit/
Die Verwendung von Hammer und Sichel könnte als verirrter Einzelfall gesehen werden.
Doch nur ein Tag später fand eine Veranstaltung (die zweite in diesem Jahr mit der entsprechenden Person) mit einer Referentin statt, welche sich ganz offen für einen Pinken Totalitarismus einsetzt und Sätze wie diesen äußert: „Wenn irgend etwas Hipster Hitler und Pep den Frosch schlagen kann. Ist es queer Stalin in pinker Tarnkleidung.“
Sie ist dabei auch offen transfeindlich und sagt: „Dass wir öffentliche Wasserreserven mit Testeron-Blockern bombadieren sollten.“ – also möchte Menschen allgemein und insbesondere trans Männer, nicht-binären und inter Personen die hormonelle Selbstbestimmung nehmen. Als ob Testosteron an sich etwas schlechtes sei. Weitere Bezüge zum autoritären Kommunismus seitens der Bar sind auf unserem Blog dokumentiert.
Der Terror der Bolschewiki, Leninist*innen und Stalinist*innen
Alleine unter dem „Roten Terror“ der Bolschewiki sind ungefähr 1,5 Millionen Menschen ermordet wurden. Die absolute Mehrheit von ihnen Bäuer*innen, Arbeiter*innen und Nomad*innen.
Unter ihnen waren zehntausende bis hunderttausende Anarchist*innen, Kommunist*innen und anderen Sozialist*innen – also die meisten jener die Gesellschaft radikal hin zu einem Leben ohne Kapitalismus, Staat und andere Herrschaft und Ausbeutung verändern wollten. Ähnliche viele Menschen wurden gefoltert und inhaftiert und oft auch vergewaltigt.
Die Bolschewiki schlugen so das Rätesystem in der russischen Revolution und das von Anarchist*innen imitiert Freie Territorium (in dem Heute zwischen Russland und Ukraine umgekämpften Gebiet) nieder, später war die UdSSR zentral an der Niederschlagung zwei der größten anti-autoritären Revolution der Geschichte beteiligt.
Und vergessen wir nicht unsere Queeren Geschwisterchen Die Boleschwiki unter Lenin verfolgten sie erst inoffiziell und dann unter Stalin ganze offiziell. Tausende vor allem queerer Männer und trans Personen landeten in Lagern wurden gefoltert, ermordet und häufig vergewaltigt (lest dazu doch mal z. B. Gay in the Gulag – Trigger- und Inhaltswarnung). Die Verfolgung queerer Personen setzt sich bis zum Ende der der Sowjetunion fort.
Heute lässt das queerfeindliche russische Regime Stalin und Hammer und Sichel wieder auf erstehen um den russischen Imperialismus zu feiern und seine Angriffskriege zu glorifizieren.
.Und die kommunistische Partei China trägt ebenfalls Hammer und Sichel in ihren Logo. Unter diesen passiert der rassistische Genozid an den Uigur*innen und jede Menge andere Unterdrückung.
Stone Wall was a Riot not a Gulag
Autoritäre Kommunist*innen wie die Oval Office Bar und ihre Menschenfeindlichkeit haben auf dem CSD nichts zu suchen. Der CSD sollte eine Ort für Selbstbestimmung und Befreiung sein. Stone Wall war eine Riot gegen die Polizei also die staatliche Autorität – kein Arbeitslager, keine Folterkammer der Tscheka (bolschwikische Geheimpolizei) , kein Erschießungskommando.
Das dort Menschen auftreten, die die millionenfache Ermordung, Folterung, Inhaftierungen und Vergewaltigungen bestenfalls für unproblematisch halten und schlimmstenfalls unterstützenswert finden ist eine Schande. Stellen wir uns dagegen!
Wie wir über die Vergangenheit sprechen bestimmt die Zukunft und unsere Beziehungen im Heute
Jetzt wird als Gegenargument wahrscheinlich genannt werden was interessiert uns das Verklären oder Feiern von autoritären Kommunismus gerade bedroht uns der Faschismus. Alleine schon die Frage wofür wir Kämpfen wird hier weggelassen: Verteidigen wir das jetzige System mit seinen kolonialen Massenmorden, seiner kapitalistischen Ausbeutung, seiner patriarchalen Gewalt und all seiner anderen Unterdrückung? Und wenn nicht was wollen wir dann?
Unter Hammer und Sichel bzw. der Beteiligung von Autoritären Kommunist*innen und der Roten Armee wurden die drei größten anti-autoritären sozialistischen Revolution der neueren Geschichte (Ost-)Spanien 1936, das Freie Territorium 1919-1921 und das autonome Gebiet (1929-1932) in der Mandschurei niedergeschlagen.
An alle radikalen Queers: Ist unsere Version der Zukunft eine marxistische Diktatur oder libertärer Kommunismus/Anarchismus?
Woran wir erinnern bestimmt die Möglichkeiten unserer Zukunft: Wer die Niederschlagung von freiheitlichen Revolutionen feiert wird sie nicht unterstützen, sondern wird zusehen wie sie niedergeschlagen werden oder sich an der NIederschlagung beteiligen – vorher diejenigen angreifen, die sich gegen die eigene autoritäre Geschichtserzählung stellen.
Und ganz praktisch bestimmt an was wir uns erinnern unsere Gegenwart. Ohne aus der Geschichte zu lernen werden wie wir uns im Jetzt und Hier so organisieren, dass die Verehrung autoritärer Idee führte auch im Hier und Jetzt zu autoritären Strukturen (auch wenn sich manchmal verstecken wollen) und wer keine Problem mit massenhaften Morden, Inhaftierungen, Folterungen und Vergewaltigungen in der Vergangenheit hat wird auch nichts wirklich was gegen Übergriffe im Hier und Jetzt haben – zumindest nicht wenn diese Übergriffe von einem Selbst oder dem eigenen Freund*innenklüngel ausgehen. Und so ist es auch mit Übergriffen durch eine Person aus dem Oval Office Umfeld und ihrer Partnerin passiert (Mehr dazu auf unserem Blog abusebytheoffice.noblogs.org).
Es ist leicht das ganze als Versehen seitens der Oval Office Bar zu sehen, aber das ist es nicht. Die Mitglieder des Bar Kollektives sind keine Menschen, die das erst mal von Kommunismus hören und auseversehen Hammer und Sichel feiern und Menschen einladen die Stalin unproblematisch finden. Es sind größtenteils Personen mit akademischen Hintergrund, die über umfängliches Geschichtswissen verfügen oder es sich anlesen können.
Mindestens ein Mitglied hat auch in Osteuropa gelebt und sich dort mit sozialistischer Geschichte beschäftigt.
Die Stimme gegen die Oval Office Bar erheben
Wir rufen alle Teilnehmer*innen des CSD auf ihre Stimme gegen die Präsens der Oval Office Bar auf dem CSD Bochum zu erheben. Und verbal insbesondere auf Reden der Bar zu reagieren. Wenn es Fragen von Dritten zu den Hintergründen gibt verweist gerne auf abusebytheoffice.noblogs.org
Keine Gewalt von allen Seiten!
Wir rufen dazu auf keine (physische) Gewalt zu nutzen – erwarten jedoch das Gleiche von der Orga des CSD, seinem Awarnessteam und Ordner*innen, sowie dem Oval Office Kollektiv.
Der Einsatz der Polizei gegen Menschen z. B. um sie auszuschließen, zu kontrollieren oder verhaften wäre für uns auch ein Akt der Gewalt. Wir hoffen es bleibt an diesem Tag bei verbalen Schlagabtäuschen…
PS: Free the Nipples
Der CSD Bochum fordert wieder alle Menschen auf ihre Nippel mit Patches abzukleben, weil bestimmte Menschen vor allem cis Frauen, trans Frauen, manche inter und nicht-binäre Personen wenn sie öffentliche ihre Brustwarzen zeigen rechtliche und/oder gesellschaftliche Unterdrückung erfahren wie z. B. sexistische, transfeindliche Sprüche oder körperliche Übergriffe.
Deshalb will die CSD Orga das alle ihre Nippel verstecken müssen– das entspricht einer Logik von wenn Menschen unterdrückt werden sollen alle unterdrückt werden. Das Gegenteil diese autoritären Logik des gegenseitigen Unterdrücke ist Solidarität so, dass alle oberkörperfrei oder gar nackt rumlaufen können, wenn sie wollen. Kämpft für die Freiheit aller Menschen selbst zu bestimmen was für und ob sie Kleidung tragen.
Auf dem CSD und überall verteidigt die körperliche Selbstbestimmung aller gegen Versuche der Kontrolle und Übergriffe. Our Bodies our Choices!
