Forensische Psychiatrie: Skandal um Christoph M. in Hamburger Asklepios-Klinik!

Wie der Norddeutsche Rundfunk (ndr) in einer weiteren Reportage belegt, wird seit Jahren ein junger Mann in der Forensischen Psychiatrie in Hamburg isoliert, gequält, misshandelt. Das Landgericht Hamburg billigt das Vorgehen der Psychiatrie und straft die Eltern des Patienten ab, nachdem diese es wagten, sich an den ndr zu wenden.

Forensische Psychiatrie 

Aktuell dürften um die 10.000 Menschen in Deutschland in der Forensik festgehalten werden. Wer von den Strafgerichten als entweder vermindert schuldfähig eingestuft wird, oder aber deren/dessen Schuldfähigkeit als gänzlich aufgehoben beurteilt wird, kann nach § 63 StGB in eine forensische Psychiatrie eingewiesen werden, wenn mögliche künftige Opfer „seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird“. 

Die Verwahrdauern reichen von wenigen Jahren, bis zu Jahrzehnten. Kürzlich starb beispielsweise nach 38 Jahren Unterbringung Rainer Loehnert. Viele der Patient:innen werden zwangsweise mit Medikamenten behandelt, auch um sie schlicht ruhig zu stellen, denn die Anstalten sind chronisch überbelegt und es gibt viel zu wenig Personal, wie exemplarisch der rbb anhand des Berliner Maßregelvollzuges darstellte. 

Der Vollzugsalltag in den forensischen Psychiatrien ist vielfach von Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Zwangsmedikation, räumlicher Enge und massiver Gewalt geprägt. 

Christophs Leidensweg in der Asklepios Klinik in Hamburg-Ochsenzoll 

Unter Leitung der Chefärztin Annette Claßen, befinden sich aktuell rund 400 Menschen in Hamburg in der forensischen Psychiatrie, darunter 46, die schon länger als 10 Jahre dort festgehalten werden (vgl. Bürgerschaft Hamburg, Drucksache 23/564, als PDF). 

Überfüllung, Zwangsmedikation, Gewalt, all das wird auch aus der forensischen Klinik berichtet, die Frau Claßen leitet. Der ndr begleitet seit längerem eine Familie, deren Sohn im Alter von 17 Jahren dort eingesperrt wurde und nun schon seit sieben Jahren mit unzähligen Medikamenten ruhiggestellt und die meiste Zeit in Isolationshaft gehalten wird. 

Schon 2024 berichtet der ndr über den Fall von Christoph Miebach, wobei sich auch der Anwalt der Familie, Johann Schwenn, eindeutig positionierte und von einer „menschenunwürdigen Behandlung“ in der Asklepios Klinik sprach. 

Aber auch rund ein Jahr später hatte sich nichts verändert. Nun legt der ndr in einer neuen Reportage nach. Es kommen Gutachter:innen ebenso zu Wort, wie die Eltern von Christoph. Die jahrelange Isolationshaft und die unzähligen Psychopharmaka, die durchweg von den gerichtlich bestellten Gutachter:innen als unverhältnismäßig bewertet werden, haben offenbar das Hirn von Christoph irreversivel beschädigt. Noch heute befinde er sich auf der Aufnahmestation, die meiste Zeit weggeschlossen und isoliert in seiner Zelle. 

Die Klink ordnete nunmehr sogar ein Besuchsverbot bezüglich der Eltern an, dabei sind die Angehörigen die einzigen Kontakte zur Außenwelt die Christoph noch hat. Das Landgericht Hamburg wiederum verwies die Eltern am Tag der jährlichen Anhörung des Gerichtssaals. 

Hintergrund für die Maßregelung der Angehörigen durch Klinkleitung und Gericht könnte sein, dass diese die skandalöse Behandlung ihres Kindes in der Presse skandalisiert haben. 

Ausblick 

Christoph ist einer von zigtausenden Patient:innen die bundesweit weggesperrt, mit Medikamenten vollgepumpt und isoliert werden. Die Asklepiosklinik in Hamburg malt ein rosiges Bild von den Zuständen hinter ihrer von hohen Mauern und NATO-Draht abgeschotteten Stationen und missbraucht dazu Patient:innen die der absoluten Kontrolle durch den privaten Klinikbetreiber ausgesetzt sind. Angeblich hätten sich Patient:innen wie folgt geäußert: „Positiv überrascht, weil mir hier geholfen wird“, „Durch meine Behandlung werden die Gefühle ins Gleichgewicht gebracht“, „Ich habe gerade eine neue Therapeutin bekommen. Ich bin ihr dankbar für ihre Ehrlichkeit. Sie hat mir nur mit einem Gespräch weitergeholfen.“ 

Die Eltern von Christoph scheinen finanziell sehr gut situiert zu sein, wenn man sich deren Wohnumgebung in den ndr Beiträgen anschaut, wie auch den Umstand, dass sie Rechtsanwalt Schwenn beauftragen konnten. Immerhin wird so das Schicksal eines (jungen) Menschen skandalisiert, der in der forensischen Psychiatrie seit sieben Jahren festgehalten werden wird. Aber bundesweit geht um viele tausende Menschen, die niemanden haben der für sie eintritt. Wenn schon die massive Unterstützung durch Angehörige und die Medien die Klinken nicht davon abhält, wehrlose Patient:innen kaputt zu machen, was passiert wohl mit jenen, auf die niemand schaut?

 

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