Knastspaziergang Stuttgart Stammheim 2024

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+++ 80 Aktivist:innen beim Knastspaziergang in Heimsheim +++ Feuerwerk +++ Solidaritätsgrußwort an die Gefangenen +++ Personalkontrolle in der U-Bahn durch die Cops +++

Die Knastspaziergänge in Stammheim und anderen Knästen Deutschlands haben eine lange Tradition. Sie sind zum einen die Fortsetzung der Solidarität mit dem militanten Widerstand der 80er Jahre und zum anderen sind sie konkreter Ausdruck der Solidarität mit politischen Gefangenen heute.

In Stuttgart versucht die Polizei seit einigen Jahren, diese selbstbestimmten Solidaritätsbekundungen zu schikanieren oder ganz zu verhindern. Dem zum Trotz haben am 29.12.24 rund 80 Aktivist:innen die politischen und sozialen Gefangenen am Stammheimer Knast besucht. Ohne Polizeibegleitung gelang der Demonstrationszug bis an die Knastmauern und konnte dort ungestört entlang ziehen. Mit Feuerwerk, Leuchtfeuern und Parolen konnten wir unsere Solidarität über die Knastmauern hinweg für die Gefangenen hör- und sichtbar machen.

Die Solidarität ist angesichts der sich zuspitzenden Repression dringend notwendig*:
So zum Beispiel mit den Betroffenen im Anitfa-Ost- und Budapestverfahren, mit der palästinensischen sowie der kurdischen Bewegung. Diese Solidarität wurde im Demonstrationszug mit entsprechenden Fahnen dieser Bewegungen sichtbar gemacht – ebenso wie Grüße an Untergetauchte.

Auf dem Rückweg stoppten die Cops die U-Bahn mit den abreisenden Aktivits:innen und führten Personenkontrollen durch. Die überzogene Bullenpräsenz stieß auch einigen Passant:innen und Anwohner:innen negativ auf, die das Polizeiaufgebot – richtigerweise – als unangemessen bezeichneten und ihrm Unmut gegenüber den Cops auch Ausdruck verliehen.

Nach dem erfolgreichen Knastspaziergang in Stammheim gibt es noch weitere Möglichkeiten, Solidarität praktisch werden zu lassen: Am 31.12.24 wollen wir gemeinsam unseren Genossen Nico im Heimsheimer Knast grüßen in dem er vor kurzen seine dreijährige Haftstrafe antrat. Hierfür wird es eine gemeinsame Anreise geben. Haltet euch auf den entsrprechenden Kanälen auf dem Laufenden und lasst uns Nico einen schönen Silvesterabend bereiten.

* Repression ist Teil des bestehenden kapitalistischen Systems. Hier im Anhang daher noch eine paar allgemeine Worte zu Repression in der momentanen gesellschaftlichen Lage:

Die dem Kapitalismus innewohnende Krisenhaftigkeit tritt immer heftiger und kombinierter auf. Der bürgerliche Staat ist immer weniger in der Lage dazu, diese Krisen in die Peripherie zu verlagern und langsam, aber sicher bekommt auch das Proletariat in Deutschland die Auswirkungen zu spüren. Große Teile der Bevölkerung verarmen immer mehr: Stellen werden abgebaut, eine Aussicht auf Rente, von der man leben kann, wird immer schlechter, ... . Jahrzehntelang hat das Kapital erfoglreiche, antikommunistische Propaganda betrieben. So äußert sich die Unzufriedenheit mit den Verhältnissen gerade noch als Rechtsruck, der sich quer durch Europa und darüber hinaus zieht. Auch wenn die bürgerliche Klasse eher ein Interesse am ruhigen kapitalistischen Alltag hätte, so ist ihr der Faschismus doch lieber, als die sozialistische Revolution. Denn der Faschismus ist mit Kapitalinteressen durchaus gut vereinbar. Dem rechten Mob wird von Staates Seite also wenig Einhalt geboten.
So der Stand jetzt, doch heute ist nicht aller Tage und eine krisengerüttelte, unzufriedene Bervölkerung ist nicht die schlechteste Vorraussetzung für die Revolution. Am Ende haben wir die richtigen Antworten und eine tatsächliche lebenswerte Perspektive zu bieten.  Die Herrschenden sind sich dessen durchaus bewusst und fahren auf, mit dem Versuch unsere Saat im Keim zu ersticken.

Während in allen großen Medien von der Befreiung Syriens zu hören ist, dass die Bevölkerung ja nun kein Leid und keine Unterdrückung mehr erfahren müsse, greift der NATO-Staat Türkei mit seinen Milizen die kurdische Selbstverwaltung massiv an. Dschihadistische Milizen begehen unter den Augen der Weltöffentlichkeit wieder einmal Verbrechen an der Menschlichkeit, während ihnen zur angeblichen Befreiung Syriens applaudiert wird. Dass diese Verbrechen keine Aufmerksamkeit erfahren, ist kein Zufall oder einer unsauberen journalistischen Arbeitsweise anzurechnen. Die kurdische Selbstverwaltung ist ein greifbares Beispiel für die reale Machbarkeit der Revolution. Und genau deshab wird sie streng verfolgt. In ganz Europa werden vermeintliche PKK Kader:innen eingesperrt und gegen sie prozessiert. Deutschland spielt hierbei eine besondere Rolle. Auch in Stuttgart werden wie am Fließband Prozesse gegen vermeintliche Kader:innen im OLG in Stammheim duchgeführt. Auch andere migrantische, Revolutionär:innen sind betroffen: erst vor wenigen Wochen wurde das anatolische Volkskulturhaus in Stuttgart brutal von der Polizei durchsucht. Fensterscheiben wurden zerschlagen, Türen aufgebrochen und die Räumlichkeiten verwüstet hinterlassen. Als Grund diente eine Feier einer türkisch-revolutionären Jugendorganisation. Am selben Tag wurde eine Person unter Anwendung des Terrorparapraphen 129a&b in ihrem Zuhause vorrübergehend festgenommen und die Wohnung durchsucht. Und das sind nur wenige Beispiele!

Jegliche Regung palästinasolidarischer Aktivität steht massiv unter Beschuss. So wurden palästinasolidarische Demos bundesweit vermehrt am Laufen gehindert oder ganz verboten, in Berlin sind Akivist:innen brutaler Polizeigewalt ausgesetzt.

Doch auch die deutsche Linke erfährt zunehmend Repression. Unsere politischen Gefangenen sitzen im Knast wegen handfester Praxis gegen die aus allen Ecken sprießenden Faschist:innen, nachdem gegen einige von ihnen durch halb Europa und medienwirksam aufpoliert Jagd auf sie gemacht wurde, oder wegen Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Wir werden mit Gerichtsprozessen überzogen, weil wir uns für ein freies Palästina gerade machen! Ganz zu schwiegen von den unzählbaren Gerichtsprozessen wegen antifaschistischem Protest, gegen Klimaaktivist:innen, antimilitaristischen und feministischen Protest.

Das politische Interesse an der Verfolgung zeigt sich auch, wenn selbst nach Jahrzehnten gegen die Genoss:innen der RAF massiv gefahndet wird, und mit Daniela leider erste Erfolge seites der herrschenden Klasse erzielt werden konnten, wenn Antifaschistin Hanna unter der Anklage von versuchtem Mord der Prozess gemacht werden soll und damit der Druck auf die sich weiterhin im Untergrund befindenen Genoss:innen steigen soll. Denn in Zeiten härterer Repression rückt auch das – sich der Haftstrafe zu entziehen – wieder mehr ins Gesichtsfeld der radikalen Linken. Ob sie das unsichere Leben im Untergrund wählen, um sich nicht hinter Gitter sperren zu lassen und die Behörden in Zugzwang zu versetzen, oder ihre politische Identität und Praxis unter erschwerten Bedingungen hinter schwedischen Gardinen aufrechtzuerhalten – unsere Genoss:innen bleiben trotz der Angriffe politisch handelnde Subjekte.

Repression ist nicht nur etwas, das politische Aktivist:innen trifft. Die harte Hand des Staates zeigt sich, wenn Europa die Mauern weiter aufbaut. Wenn Schutzsuchende, deren Länder durch die Politik der westlichen Staaten ausgebeutet werden, an eben diesen Mauern im Mittelmeer ertrinken.  Wenn die Rechte von geflüchteten innerhalb Europas weiter massiv einschränkt werden. Wenn etliche Menschen als soziale Gefangene wegen unbezahlter Geldstrafen, Drogengebrauch, sogenannter Eigentumsdelikte oder Fahren ohne Ticket in deutschen Knästen Monate oder Jahre ihres Lebens fristen müssen, ohne eine Perspektive auf "Resozialisierung" in eine Gesellschaft, die sich schon davor nicht für sie interessiert hat. Sie zeigt sich auch, wenn mit Hilfe von Gerichten gegen kämpfende Belegschaften vorgegangen wird und das Streikrecht immer weiter eingeschränkt und angegriffen wird.

Ihre Repression und ihre Knäste erfüllen seit jeher nicht die Funktion, Schaden von uns fernzuhalten. Sie sind schon immer ein Mittel des Klassenakmpfes von oben gegen unsere Klasse. Und je stärker die Krisen auftreten, desto stärker bekommen wir die Repression zu spüren.

Lasst uns also nicht vergessen wofür wir kämpfen: für eine Gesellschaft, in der all diese Misstände abgeschafft werden. Lasst uns nicht vergessen, welche Stärke in unserer Einheit besteht, wenn wir wieder mit Repressionsschlägen konfrontiert sind. Je heftiger sie uns angreifen zeigt uns, wie gefährlich wir für sie sind. Wir stehen zusammen, die Solidarität ungebrochen! Freiheit für alle politischen Gefangenen! Hoch die internationale Solidarität!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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