Repression nach Widerstand in der Leinemasch [H]

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Nach der Räumung der Leinemasch vom 15. bis 17. Januar 2024 haben mittlerweile mehrere Leute laufende Verfahren. Die Ermittlungsbehörden versuchen immer noch, weitere Leute zu identifizieren, die sich bislang erfolgreich einer Personalienfeststellung entziehen konnten.

 

Bereits bei der Gedenkdemo zum Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau am 19. Februar wurden zwei Menschen kurz nach Verlassen der Versammlung kontrolliert, weil sie vermeintlich wiedererkannt wurden. Ihnen wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Eigentlich wollte die Polizei noch mehr Leute rausziehen, hat das zum Glück aber nicht gemacht, nachdem sich bereits mit den beiden Betroffenen solidarisiert wurde.

 

 

 

Hausdurchsuchungen

 

Bei einer der beiden Personen gab es im Juni eine Hausdurchsuchung, bei der Geräte beschlagnahmt und Tagebücher gelesen wurden. Neben der offensichtlichen Einschüchterung der Person war ein Ziel der Hausdurchsuchung weitere Beschuldigte ausfindig zu machen.

 

Bemerkenswert ist dabei, dass ein so harmloser Vorwurf wie ein Hausfriedensbruch überhaupt für eine richterliche Anordnung ausreicht, zumal gar keine Beweismittel für diesen Vorwurf gesucht wurden. Eine Hausdurchsuchung bei der zweiten Person hätten die Cops auch gerne gemacht, aber scheinbar hatte in dem Fall das Gericht eine andere Meinung zur Verhältnismäßigkeit.

 

 

 

Drohende ED-Behandlung

 

Außerdem droht Betroffenen eine erkennungdienstliche Behandlung (ED-Behandlung), bei der die Abnahme von Fingerabdrücken, Handflächen-, Handkanten- und Fingerkuppenabdrücken, Messungen und die Feststellung körperlicher Merkmale durchgeführt werden sollen. Dagegen wird von Betroffenen anwaltlich vorgegangen mit dem Ziel, dass dieser zusätzliche Einschüchterungs-versuch verhindert wird.

 

 

 

Strafbefehle und erste anstehende Gerichtsprozesse

 

Im Kontext der Räumung gibt es mehrere Strafbefehle aufgrund von angeblichem Hausfriedensbruch: Die Betroffenen haben Einspruch eingelegt. Inzwischen steht der erste Gerichtsprozess im Winter an, bei dem es um den Vorwurf des Hausfriedensbruchs geht.

 

Nach der Baggerbesetzung während der Großdemo am 1. Oktober 2023 wurden ebenfalls 2 Strafbefehle verschickt, gegen die zunächst Widerspruch eingelegt wurde. Nach juristischer Beratung, politischer Diskussion und persönlicher Abwägung wurde dieser wieder zurückgezogen. Damit wurden die beiden Betroffenen wegen tätlichem Angriff zu jeweils 7200 € Strafe verurteilt.

 

 

 

Bußgelder

 

Bei mehr als 10 Personen wurden Bußgeldverfahren wegen ID-Verweigerung eingeleitet. Einige davon wurden bereits in der Gefangenensammelstelle (Gesa) identifiziert, andere vermeintlich im Nachhinein. Dabei meinen die Cops auch Menschen über Bundeslandgrenzen hinweg identifiziert zu haben. Gefordert werden jeweils 122,50€.

 

 

 

Schweine am Schnüffeln

 

Der Aufwand, mit dem vor allem die Polizei aktuell versucht Menschen zu identifizieren und einzuschüchtern, ist extrem groß:

 

- Mehrere Leute wurden wegen vermeintlichen “Verkehrsereignissen” als Zeug*innen vorgeladen. Dass es um die Leinemasch ging, wurde durch die Vorladung selbst nicht klar. Hintergrund war, dass die Polizei sich an den Tagen der Räumung der Leinemasch Kennzeichen der Autos in der Nähe der Gesa notiert hat und in einem Fall auch über eine Mietwagenfirma nachgeforscht hat, wer das Auto geliehen hat.

 

- Fotos von Gesuchten wurden auf Wachen ausgetauscht und manche Cops extra darauf angesetzt, sich Gesichter einzuprägen.

 

- In einem Haus wurde bei allen Mietparteien geklingelt und ein Foto gezeigt, um die darauf abgebildete Person zu identifizieren. Einer Partei wurde angedroht, ihre Tochter vorzuladen, um zu prüfen, ob es sich bei ihr um die gesuchte Person handelt, sollten sie nicht mit der Polizei kooperieren.

 

- Eine Person wurde auf dem Weg von zwei Menschen – vermutlich Cops – verfolgt. Diese haben auf sie gezeigt und folgten ihr auf eine öffentliche Party. Die Situation wurde nicht als schlecht verdeckte Beobachtung, sondern als offene Einschüchterung gewertet.

 

- Auch in letzter Zeit laufen Zivis auf Demos herum und beobachten fokussiert Leute, die sie aus dem Leinemaschkontext kennen. Wahrscheinlich suchen sie in deren Nähe immer noch nach bisher unidentifizierten Leuten.

 

 

 

Fazit

 

Es war schon vorher klar, dass linke Bewegungen wie die Klimagerechtigkeitsbewegung stärkerer Repression ausgesetzt sind als z.B. Neonazis. Trotzdem ist das Ausmaß der Repression bei solchen niedrigen Vorwürfen überraschend, völlig überzogen und in den letzten Jahren immer weiter gestiegen.

 

 

 

Da Hausdurchsuchungen immer lockerer bewilligt werden, sollten sich alle politisch aktiven Leute darauf vorbereiten:

 

- Bestehen Absprachen dazu mit Mitbewohner*innen, Freund*innen bzw. Genoss*innen?

 

- Sind Laptops, Handys und andere Geräte verschlüsselt?

 

- Existieren Backups außerhalb der Wohnung?

 

- Wurden Notizen, wiedererkennbare Kleidung, verbotene Gegenstände und anderes belastendes Material entsorgt?

 

- Gibt es Kontaktdaten von solidarischen Anwält*innen?

 

 

 

Viele Leute, die ihre ID im Kontext der Räumung der Leinemasch verweigert haben, stehen seitdem sehr unter Stress. Sei es, weil sie Demos meiden, um nicht erkannt zu werden, oder vermeintlich identifiziert wurden und von konkreter Repression betroffen sind.

 

Diese erweiterte Verweigerung der Kooperation mit dem Repressionsapparat hat einen starken politischen Ausdruck und hat auch gerade bei Massenaktionen viel Kosten und Stress erspart.

 

Aber gerade politisch sehr aktive Menschen sind nach ID-Verweigerung in der eigenen Stadt einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wiedererkannt zu werden.

 

Deswegen finden wir es wichtig, solche Entscheidungen im Voraus gut zu durchdenken und zu besprechen, ob diese Praxis im konkreten Fall sinnvoll erscheint.

 

 

 

Am wichtigsten finden wir es, solidarische Antworten auf diese Repression zu finden. Das heißt z.B. Geld zu spenden, Betroffenen Unterstützung anzubieten/Arbeit abzunehmen, eventuelle Gerichtsprozesse oder ED-Behandlungen solidarisch zu begleiten, Verhalten der Behörden zu skandalisieren und anzugreifen und vor allem den Protest weiterzuführen!

 

 

 

Wenn ihr selbst von Repressionen betroffen seid, meldet euch bei euren lokalen Antirepressionsstrukturen. Und meldet euch gerne auch beim EA Leinemasch zur Info, damit wir den Überblick behalten können, oder auch zudem für Beratung, Support und Austauch. Ihr erreicht uns per Mail unter ealeinemasch@disroot.org. Ansonsten könnt ihr uns auch bei Element über @ealeinemasch:matrix.org schreiben.

 

Spenden könnt ihr an folgendes Konto:

Empfänger*in: Spenden&Aktionen

 

IBAN: DE29 5139 0000 0092 8818 06

Verwendungszweck: Leinemasch

 

 

 

EA Hannover, EA Leinemasch, Rote Hilfe Hannover, Barrio Tümpeltown & EG Hannover

 

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