Geflüchtete auf 50 € Bargeld zu begrenzen: von Gerichten beanstandet

Die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete ist von Anfang an umstritten. Denn damit soll Geflüchteten der Zugang zu Bargeld nur noch erheblich eingeschränkt möglich sein: in der Regel sind nur 50 € im Monat als Bargeld verfügbar. Darüber hinaus gehende Ausgaben, sollen Geflüchtete nur noch mit ihrer "Bezahlkarte" bezahlen können dürfen. Mittlerweile gibt es Gerichtsentscheidungen die höhere Barbeträge zusprechen.

Mit der sogenannten Bezahlkarte sollen Geflüchtete gezwungen werden, den Großteil ihrer Ausgaben nur noch unbar zu bezahlen. Lediglich um die 50 € Bargeld im Monat wollen die Behörden ihnen zugestehen.

Hiergegen regte sich von Anfang an Widerstand. Wieso? Zahlen nicht mittlerweile viele Menschen mit Karte? Zum einen werden Geflüchtete staatlich entsprechend gezwungen, können also nicht wählen, so wie die übrigen Bürger*innen. Zum anderen sind gerade Menschen in prekären Lebensverhältnissen darauf angewiesen Geschäfte auch bar zu tätigen: viele (kleine) Läden nehmen keine Karten an, auf Flohmärkten, wo bestimmte gebrauchte Artikel besonders günstig zu kaufen sind, kann mensch sowieso nicht mit Karte bezahlen. Aber wie steht es um die Bezahlung von Anwält*innen? Nicht wenige Geflüchtete suchen anwaltliche Hilfe und bezahlen diese von ihren Sozialleistungen, wenn sie aber nur noch 50 € im Monat in bar erhalten, können sie dies nicht mehr. Oder soetwas wie ein Handyvertrag: den bekommen sie mit der Bezahlkarte nicht. Dazu bräuchten sie ihr reguläres Bankkonto, aber auf dieses wird die Sozialleistung nicht überwiesen, sondern auf die gesonderte „Bezahlkarte“.

Eine erste Gerichtsentscheidung aus Hamburg

Das Sozialgericht Hamburg verpflichtete am 18.07.2024 die zuständige Behörde einen höheren Barbetrag als die 50 € im Monat auszuzahlen, denn dieser geringe Betrag werde der spezifischen Situation der antragstellenden Person nicht gerecht. Zudem habe es die Behörde versäumt eine konkrete Einzelfallentscheidung zu treffen.

Die entsprechende Eilentscheidung wurde medial breit rezipiert, beispielsweise in der taz, im Neuen Deutschland, oder im NDR.

Zweite Entscheidung aus Hamburg

Nicht ganz so breit berichtet wurde über eine Entscheidung des Landessozialgerichts, ebenfalls aus Hamburg. Dort lehnte es das Gericht ab, einem Geflüchteten mehr als die 50 € Barbetrag im Monat zuzugestehen. Dass der Geflüchtete viele Möglichkeiten günstig einzukaufen so nicht nutzen könne, veranlasste die Richter*innen lediglich zu der Bemerkung, dass „in der Begrenzung dieser konkreten Möglichkeiten (…) kein wesentlicher Nachteil (liege), sondern dies (der Neuregelung) immanent“ sei.

Entscheidung aus Bayern

Anders wiederum eine Sozialgericht aus Nürnberg. Diese hat am 30. Juli 2024 entschieden, das zwei Antragsteller*innen die jeweils vollen Beträge auf deren Girokonten auszuzahlen seien, so dass sie entsprechend auch dieses in bar abheben können. Es bedeute eben sehrwohl erhebliche Nachteile auf lediglich 50 € Bargeld im Monat beschränkt zu werden.

Bewertung

Neben der zivilgesellschaftlichen Möglichkeit, den Geflüchteten im Rahmen von Initiativen wie jener in München, die Bezahlkarten in Bargeld umzutauschen, ist abzuwarten wie die oberen Sozialgerichte in den kommenden Monaten entscheiden werden. Das Landessozialgericht in Hamburg gibt schon den ersten Ausblick, wohin die Rechtsprechung gehen könnte. Eine marginalisierte Gruppe, die in sehr prekären Verhältnissen lebt, wird -wie so oft- nicht nur von rechten Kräften, sondern in diesem Fall auch, ebenfalls wie so oft, von SPD und GRÜNEN zu Täter*innen stilisiert: angeblich würden von den Sozialleistungen Schleuser*innen bezahlt, und es soll sogar Geflüchtete geben die sich mal Zigaretten und Alkohol kaufen!

Immer nur auf Gerichte zu setzen oder auf Initiativen wie in München scheint mir zu wenig. Es bedarf größerer Proteste gegen die Entmündigung von Geflüchteten und deren Stigmatisierung.

Anmerkung

Bei Radio Dreyeckland habe ich einen kurzen Radiobericht über die aktuelle Rechtslage veröffentlich

Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien:

Keine Auszeichung Eigene Angaben zur Weiternutzung im Text