„Wer hat’s erfunden?“ - Arbeitszeiterhöhung in der Schweiz
Sieben Wochen ist es her, dass die Schweizer Nationalbank den Mindestkurs vom Franken zum Euro aufgegeben hat, und schon war den Schweizer „Ökonomen und Gewerkschafter“ klar, dass das insbesondere die Arbeitnehmer betrifft.
Eine Währungsschwankung, die kein Arbeitnehmer bestellt hat, führt dann zum Beispiel dazu, dass der „Maschinenbauer Bühler im Kanton St. Gallen … die wöchentliche Arbeitszeit von 42,5 auf 45 Stunden“ erhöht. Diese Massnahme gilt vorerst einmal für sieben Monate. Ausserdem hat die Firma aus Uzwil einen Stellenstopp verfügt.
Haben da die Schweizer eine neue Erfindung in die Welt gesetzt? Wechselkursänderung gleich Arbeitszeitlänge? Steigt der Franken, muss mehr gearbeitet werden, sinkt der Franken, dann muss weniger gearbeitet werden? Haben die Schweizer vorher irgendwie falsch gearbeitet? Selbstredend nicht.
Der Fall liegt anders.
Über Kurzarbeit, Entlassungen, Arbeitszeitverlängerungen von 40 auf 44 Wochenstunden, Lohnsenkungen, geplanten Produktionsverlagerungen in Standorte mit billigeren Löhnen ist zu lesen.
All diesen Massnahmen ist eines gemeinsam: Für das Gelingen der Gewinnerwartungen müssen die Arbeitnehmer geradestehen. Nachteile in der Wettbewerbsfähigkeit durch den starken Schweizer Franken dürfen auf keinen Fall zum Nachteil für den Profit werden. Der Nachteil für die Arbeitnehmer ist damit beschlossene Sache.
Ihr Lohn sind Kosten, die sich lohnen müssen und der flexible Bestandteil des Vorschusses, den der Unternehmer macht, damit Gewinn erwirtschaftet wird, den er in der viel gepriesenen Marktwirtschaft als Recht beansprucht. Das „Recht“ der Arbeitnehmer auf einen berechenbaren und ausreichenden Lebensunterhalt hat sich dem voll unterzuordnen und anzupassen. Umgekehrtes ist hierzulande nicht denkbar. Oder hat es in der BRD etwa zusätzliche Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen gegeben, weil der schwächelnde Euro Exporterfolge erleichtert?
Ja und wer hat’s erfunden? Leider ist das nicht eine Ausgeburt der Schweizer Chrüterkraft, sondern ein weltweit durchgesetztes Prinzip, das auch hierzulande jeder kennt. Die Wirkungen kann man dann auch wieder in der Zeitung lesen: Die mit schöner Regelmässigkeit veröffentlichten Armutsberichte über diejenigen, deren Anwendung für den Gewinn sich nicht mehr lohnen. Oder im Zweifelsfall nur zu Löhnen, die einen staatlichen Zuschuss erfordern.
Auf die systemimmanente Abschaffung solcher Erscheinungen braucht man nicht zu hoffen. Schliesslich sind sie das Resultat des obersten Prinzips unseres Wirtschaftssystems: „profitable“ und dadurch nützliche Armut.
Peter Schadt / UB Online