Tobias Lipski: ehemalger Soldat, verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter, AfD-Jungpolitiker, Passauer Student

 

Die Passauer Genoss*innen haben im Rahmen der Kampagne „Völkische Verbindungen kappen!“ (https://www.facebook.com/VerbindungenKappen/) umfassende Recherchen zur rechtsextremen Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf veröffentlicht. Ein Mitglied des nationalistischen Männerbundes, Tobias Lipski, steht aufgrund des Verdachts, er habe mit von der Bundeswehr geklauten Kriegswaffen ein Attentat auf Ursula von der Leyen geplant, seit einigen Tagen in einer breiteren medialen Öffentlichkeit. Die Erkenntnisse der Genoss*innen bieten eine antifaschistische Perspektive auf die Ereignisse sowie die Hintergründe des Vorfalls.

 

 

 

(Der folgende Artikel setzt sich zusammen aus einer Veröffentlichung des „antifaschistischen Infotickers für Passau und Umgebung (https://infoticker-passau.org/index.php/ https://infoticker-passau.org/node/407). Am Ende des Artikels sind Links zur weiterführenden Lektüre angehängt.)

 

 

 

Tobias Lipski: ehemalger Soldat, verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter, AfD-Jungpolitiker, Passauer Student

 

 

 

Tobias Lipski – verhinderter Attentäter?

 

Der Passauer Student, Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf und Vorstand der "Jungen Alternative" Ostbayern (AfD-Jugendorganisation), Tobias Lipski, steht im Verdacht im Jahr 2017 einen Anschlag auf die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorbereitet zu haben.

 

Der Passauer Jura-Student Lipski (*1993), ehemals Offiziersanwärter an der Universität der Bundeswehr in München, wurde am 24. Mai 2017 aus den Streitkräften entlassen. Im Vorfeld seiner Entlassung im März 2017 war Lipski durch den MAD (Militärischer Abschirm-Dienst) befragt worden. Dieser hielt fest, dass Lipski unter anderem IB-Stammtische in München-Trudering besuchte und sogar selbst Vorträge zum Umgang mit Verfassungsschutz und Polizei für die „Identitäre Bewegung“ gehalten haben soll, zum Beispiel auf dem Haus der „Burschenschaft Danubia“ (München) vor IB-Funkionären und am 24. Februar 2017 bei einer „Identitären“-Veranstaltung in Bad Tölz. Informationen des Spiegels zufolge waren Lipski und ein zeitgleich mit ihm entlassener Mitstudent des weiteren bereits Ende 2016 und Anfang des Jahres 2017 durch juden- und ausländerfeindliche Sprüche oder Nazi-Parolen wie "Heil Hitler" allgemein aufgefallen. Nach entsprechenden weiteren Recherchen und Erkenntnissen zu den rechtsextremen Verstrickungen Lipskis, entschloss sich die Bundeswehr Lipski und seinen Kameraden fristlos zu entlassen.

 

Die Behörden sollen aber schon zu diesem Zeitpunkt befürchtet haben, dass Tobias Lipski darüber hinaus zu einem Netzwerk von Rechtsextremisten im Zuständigkeitsbereich des Verteidigungsministeriums gehören könnte - und "Größeres plante". So wurde auch vermutet, er habe schwere Waffen gehortet.

 

Am 09. Juni 2017, wenige Tage vor dem Besuch der Verteidigungsministerin an der Bundeswehr-Universität in München-Neubiberg (24. Juni 2017), in dessen Rahmen ein militärischer Appell am Münchner Schloss Nymphenburg stattfinden sollte, leitete die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Verfahren wegen des "Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz" gegen Lipski ein.

 

Im Rahmen der Ermittlungen kam es zu einer allerdings ergebnislosen Durchsuchung - die Behörden selbst gehen davon aus, dass der Soldat die Razzia erwartete und rechtzeitig entsprechende Schritte eingeleitet hatte. Da keine Waffen gefunden werden konnten wurde das Verfahren eingestellt.

 

Mutmaßlich in Reaktion auf die öffentliche Aufarbeitung der Vorfälle räumte das bayrische Landeskriminalamt jetzt nachträglich den Fund zweier scharfer Handgranaten ein. Die erste davon wurde noch im Juni 2017 im Nymphenburg-Biedersteiner Kanal gefunden - in unmittelbarer Nähe des für den Besuch der Verteidigungsministerin vorgesehenen Schlosses Nymphenburg.

 

Neben diesen unaufgeklärten Vorwürfen ergeben sich jedoch weitere Verdachtsmomente:

 

Im Anschluss an sein Abitur am Gymnasium Winsen/Luhe (Abschlussjahrgang 2013) absolvierte Lipski seinen freiwilligen Wehrdienst, erst im Panzerbataillon 393 in Bad Salzungen in Thüringen, dann im Jägerregiment 1 in Hammelburg in Bayern. Danach (Mitte 2015 bis Mitte 2017) verpflichtete er sich für 14 Jahre und war bis zu seiner Aufnahme an der Universität der Bundeswehr in München in Munster (Offizieranwärterbataillon 1), an der Offiziersschule des Heeres in Dresden und beim Aufklärungsbataillon 8 im bayerischen Freyung stationiert. Auffällig ist, dass im selben Zeitraum, am 13. Februar 2017, Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord bemerkten, dass aus einem aufgebrochen Fuchs-Transportpanzers zwei Sturmgewehre vom Typ Heckler & Koch G36, eine Pistole P8, eine Signalpistole, zwei Funkgeräte, zwei Magazine ohne Munition und ein Fernglas gestohlen worden waren.

 

Laut den Ermittlern muss es sich bei dem Dieb um einen Soldat mit Insiderkenntnissen gehandelt haben. Ein Täter wurde bis heute offiziell nicht ermittelt. Laut dem Spiegel war damals ein mutmaßlich rechtsextremer Soldat im Visier, der sowohl den später terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten Franco A. (mutmaßliches Mitglied des sogenannten Hannibal-Netzwerkes) als auch dessen Helfer, den Soldaten Maximilian T. kannte. Eine Meldung der Standard legt weiter nahe, dass es sich bei jenem Soldaten um den mit Lipski zusammen entlassenen, rechtsextremen Münchner Bundeswehr-Studenten handelt.

 

 

Tobias Lipski – rechtsextremer Burschenschafter

 

Nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr begann Tobias Lipski zum Wintersemester 2017/2018 (ab 01.10.2017) ein Jurastudiums an der Universität Passau und zog in ein Studentenwohnheim im nahe gelegenen Österreichischen Ingling, Gemeinde Schardenberg.

 

Ebenfalls Ende 2017 wurde Tobias Lipski von der rechtsextremen „Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf“ in Passau aufgenommen. (Der erste öffentliche Auftritt Lipskis als Fuchs der Burschenschaft Markomannia Wien ist im Kontext eines Stammtischs der Verbindung in Passau am 15. November 2017 dokumentiert.)

 

Zuvor hatte es innerhalb der Burschenschaft Diskussionen über seine politische Gesinnung, seine Aktivitäten bei den „Identitären“, seine Überwachung durch den MAD und seinen Rauswurf als Offiziersanwärter bei der Bundeswehr gegeben. Offensichtlich entschieden sich die Burschenschafter in Kenntnis all dieser Begebenheiten bewusst für die Aufnahme des entlassenen Soldaten in ihre völkisch-nationalistischen Reihen.

 

Bereits während seiner Zeit in München trat Lipski als „Fuchs“ (Mitgliedschaftsanwärter) der „Münchner Burschenschaft Cimbria“ bei, dort wurde er allerdings wegen seiner „Verhaltensweisen gegenüber Damen“ rausgeworfen und erhielt Hausverbot. Auch bei der Münchner „Burschenschaft Alemannia“ hatte er Hausverbot, hier wegen des Zeigens von Hitlergrüßen.

 

Die Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf fungiert in Passau als Sammelbecken verschiedener rechtsextremer Strömungen. Sie ist in den burschenschaftlichen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ und darin noch einmal in dessen extrem rechten Flügel der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ eingebunden. Dort bildet sie weiter den Bestandteil eines weitreichenden rechtsextremen Netzwerks innerhalb dessen seine Mitglieder enge Kontakte zu teils hochrangigen Rechtsextremen pflegen. (Für eine genauere Auseinandersetzung mit der Markomannia, ihren Mitgliedern, Zielen und Verbindungen empfehlen wir folgenden Link zur weiterführenden Lektüre: https://www.infoticker-passau.org/sites/default/files/MarkoReader_Auflage1_April2019.pdf)

 

Lipski, inzwischen Sprecher der Aktivitas der Markomannia Wien zu Deggendorf, vertritt seither seine Burschenschaft repräsentativ.

 

 

Tobias Lipski - AfD-Jungpolitiker

 

Am 09. März 2019 gab die Junge Alternative Ostbayern die Mitglieder des neu gewählten Vorstands bekannt, darunter Thomas Richard Deutscher (Schwandorf) und Luis Hill (Parsberg) in der Doppelspitze sowie Tobias Lipski als stellvertretenden Vorsitzenden.

 

Neben dem bis dato politisch nicht in Erscheinung getretenen, gerade volljährig gewordenen, Luis Hill sorgte damals bereits die Personalie Thomas Deutscher für Aufsehen. Der Anhänger des extrem rechten Parteiflügels war in den letzten Jahren beim AfD Kreisverband (KV) Regensburg und dem KV Schwandorf-Cham aktiv, ließ sich mit IB-Aktivisten am Kirmes-Schießstand ablichten und war als Beifahrer beteiligt als der Neonazi und ehemalige JA-Bundesvorstand Tim Ballschuh nach einer Wahlkampfabschluss-Kundgebung im Oktober 2018 in Regensburg mit einer Schreckschusswaffe auf Gegendemonstrant*innen schoss.

 

In der folgenden Wahlperiode trat Lipksi bei den Veranstaltungen der JA Ostbayern nicht öffentlich in Erscheinung. Dennoch wurde er mit seiner Wiederwahl in den Vorstand am 26. Juni 2019 als Stellvertreter des inzwischen zum alleinigen Vorsitzenden aufgestiegenen Luis Hill bestätigt.

 

Lipski scheint sich in den AfD-(nahen) Strukturen bereits verdient gemacht zu haben. Dazu beigetragen haben könnte dessen Engagement bei dem Versuch die AfD-nahe Hochschulgruppe „Campus Alternative“ an der Uni Passau zu erhalten. Diese war im Jahr 2017 u.a. aus den Reihen der Markomannia Wien zu Deggendorf gegründet worden. Die Bestrebungen der Gruppe rundum deren stellvertretenden Vorsitzender Alexander Salomon, die CA an der Uni zu etablieren, scheiterten jedoch zuerst an mangelndem Interesse und dann, Ende September 2018, endgültig daran, dass der Gruppe wegen rassistischer, holocaustrelativierender und antisemitischer Kommentare ihres Vorsitzenden Andreas Meisner (ehem. Vorstand der JA Bayern), der sich in Folge von den Inhalten nicht distanzieren wollte, der Status als Hochschulgruppe aberkannt wurde. Der Versuch der CA, im Sommer 2018 ihre Akkreditierung durch die Übergabe des Vorsitz an den Passauer Markomannen Tobias Lipski zu retten, führte ins Leere. Begründet wurde dies, so erklärte der heutige AfD Angeordnete Ralf Stadler (Passau/Tittling) in einer Presseaussendung, mit dessen Mitgliedschaft bei der extrem rechten Burschenschaft Markomannia. (https://www.infoticker-passau.org/node/392)

 

Bekannt wurde inzwischen außerdem dank einer Anfrage eines Grünen Abgeordneten an den bayerischen Landtag (23. Juli 2019), dass im Jahr 2016 ein späteres Mitglied der Campus Alternative Passau einen Amoklauf an der Universität Passau angedroht haben soll. "Ich hasse Jurastudenten und BWL-er! So ein bisschen Giftgas im Audimax (…)", erklärte der Informatikstudent Anfang 2016 über die App "Jodel", sowie "Ab und zu plane ich detailliert Amokläufe, bis ich wieder halbwegs normal bin.". Andere Studierende informierten die Polizei.

 

Die stabile Vernetzung der Markomannia innerhalb der AfD und ihrer Jugendorganisationen lässt sich auf zahlreichen Ebenen nachweisen und dürfte auch Lipksi letztlich zu Gute kommen, darauf weist jedenfalls auch seine Teilnahme an weiteren Schlüsselevents der Partei hin.

 

So nehmen Lipski und Salomon Februar 2018 beim JA Bundeskonkress in Büdingen teil, (der Kongress macht damals durch diverse rechte Vorfälle und Skandale von sich reden, unter anderem wegen eines Videos welches Hitlergrüße und verbale Eskalationen durch die JA-Delegierten vor der Kongresshalle gegenüber den Gegendemonstrant*innen des demokratischen Bündnisses dokumentiert. Mit vorne im Mob der Rechtsextremen stehen bis zum Schluss: Alexander Salomon und Tobias Lipski aus Passau, daneben u.a. Kathrin Filser (Vorstand JA Bayern) und Thomas Deutscher (ehem. JA Ostbayern) sowie Damian Lohr (JA Bundesvorsitzender), sowie weitere bekannte Rechtsextreme.) sind im September 2018 bei der, mit prominenten AfD-Rednern besetzten, Kundgebung "Ausgesödert - Merkel muss weg" der Jungen Alternative Bayern in München anwesend und besuchen im November 2018 die AfD-Landtags-Wahlparty der AfD in Mamming. (Im Heimatort des Bundestagsmitglieds und AfD-Mandatsträgers Stephan Protschka (der bereits diverse male in der Kritik stand, da er IB-Aktivisten als Mitarbeiter beschäftigte) feierte ein kleiner Kreis ausgewählter AfDler rundum die „Stargäste“ Stephan Protschka, Katrin Ebner-Steiner und Alice Weidel unter massiver medialer Begleitung den Einzug der rechtsextremen Partei in den Bayerischen Landtag. Auf dem Video zur Veranstaltung finden sich neben den bereits benannten AfD-Führungsköpfen auch Alexander Salomon und Tobias Lipski sowie der heutige MdL Ralf Stadler und dessen Kollegen aus derm AfD KV Passau/Freyung-Grafenau: Robert Schregle, Uwe Henkel, Heiko Fester und Defletf Lehwald. Letzterer ist bereits als brandenburger PEGIDA-Organisator bekannt.) (https://www.infoticker-passau.org/node/372)

 

 

 

Analyse & Fazit

 

Der Fall "Tobias Lipski", der als verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter und AfD-Jungpolitiker ungeachtet seiner politischen Gesinnung und Aktivitäten den Schutz diverser rechter Strukturen und Netzwerkteile zu genießen scheint, steht exemplarisch für viererlei Sachverhalte:

 

 

 

  • Er stellt ein weiteres Beispiel für, in umfassenden Netzwerken organisierte, Rechtsextreme im Zuständigkeitsbereich des Verteidigungsministeriums da.* (Anmerkung: Nicht nur Lipski, sondern auch weitere Mitglieder der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf waren bei der Bundeswehr aktiv. So zum Beispiel Alexander Salomon und Kilian Klenk.)

  • Er legt dar, dass es sich bei der Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf um ein Sammelbecken gut vernetzter und gewaltbereiter Rechtsextremer handelt.

  • Er zeigt erneut das rechtsextreme Potential der AfD bzw. ihrer Jugendorganisation auf, in deren Strukturen Tobias Lipski fest eingebunden ist und zu deren Funktionären er beste Kontakte pflegt.

  • Vor allem aber ist dieser Vorfall exemplarisch für Spektren-übergreifende Verbindungen zwischen verschiedenen Gruppierungen innerhalb einer aufstrebenden extremen Rechten, die eine mehr als ernste Bedrohung darstellt.

 

 

 

 

 

Orginal-Artikel zu Tobias Lipski: https://infoticker-passau.org/node/407

 

Ausführlicher Reader zur Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf:

 

https://infoticker-passau.org/index.php/node/389 https://www.infoticker-passau.org/sites/default/files/MarkoReader_Auflage1_April2019.pdf

 

Weitere mediale Berichterstattung zu dem Thema:

 

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-uni-zwei-offiziersanwaerter-wegen-rechter-gesinnung-fristlos-entlassen-a-1150148.html

 

https://www.welt.de/politik/deutschland/article196786497/Bundeswehr-Erhebliche-Versaeumnisse-bei-Umgang-mit-Rechtsextremisten.html

 

https://www.welt.de/politik/plus196804049/Bundeswehr-Sicherheitsbehoerden-fuerchteten-Angriff-auf-von-der-Leyen.html

 

https://apps.derstandard.at/privacywall/story/2000106313935/behoerden-befuerchteten-attentat-auf-von-der-leyen-durch-soldaten?ref=article

 

https://twitter.com/robertandreasch/status/1151006828026834946

 

https://twitter.com/Tim_Roehn/status/1150868781134163970

 

https://www.polizei.bayern.de/lka/news/presse/aktuell/index.html/299845

 

Artikel zur Spitzel-Affäre in Passau:

 

https://infoticker-passau.org/node/403

 

Website des antifaschistischen Infoticker‘s für Passau und Umgebung:

 

https://infoticker-passau.org/index.php/

 

 

 

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