Italien, Trient - Straßensperre in Solidarität mit Silvia und Anna im Hungerstreik
Text zu einer Aktion in Trient in Solidarität mit den beiden Anarchistinnen, Anna und Silvia, die sich gerade im Hungerstreik befinden.
Von uns übersetzt, Quelle Round Robin
Am Mittwoch, den 29. Mai, blockierte eine Gruppe von Gefährt*innen eine der Straßen im Zentrum von Trient mit einem Stahlseil und Stacheldraht, in Solidarität mit Silvia und Anna, die an diesem Tag den Hungerstreik begannen hatten. Es wurden Flyer herumgeworfen, Megaphon-Interventionen durchgeführt und Schriften an einer Vodafone Verkaufsstelle und in einer Filiale der Deutschen Bank verfasst. Ein Banner wurde vor Ort mit den folgenden Spruch: "Von Libyen in die Gefängnisse: Nein zur Gesellschaft der Lager" hinterlassen.
Unten ist der Text auf den Flyern.
DER FORTSCHRITT DES LEIDENS
"Wie gewinnt ein Mann Macht über einen anderen Mann, Winston?"
Winston dachte darüber nach. "Ihn leiden zu lassen", sagte er schließlich.
"Genau....Macht besteht gerade darin, Leiden und Demütigung zuzufügen.... Fortschritt in unserer Welt wird nur den Fortschritt des Leidens bedeuten.
George Orwell, 1984
In Italien foltert der Staat. Wir sprechen nicht nur über die Brutalität der Polizei in den verschiedenen Kasernen und Gefängnissen. Es steckt mehr dahinter.
In diesem Land gibt es ein besonderes Haftregime namens 41bis. Es richtet sich in erster Linie an diejenigen, die wegen Mafia-Verbrechen und "Terrorismus" angeklagt sind. Die 41bis bestehen aus einer fast völligen Isolation, bei der man in einer Zelle 22 Stunden am Tag eingesperrt ist, man darf niemand sehen, oder höchstens eine bis zwei Personen während der Sendezeit. Zensur, Begrenzung der Post, Bücher und Zeitungen, man darf nicht die geliebten Menschen sehen, außer hinter einer Trennscheibe. Eine Art der „weißen“ und legalisierten Folter.
Diese niederträchtige Haftbedingung wird dadurch gerechtfertigt, um die Verbindungen zwischen den Gefangenen und der Organisation der sie angehören zu brechen. Das stimmt nicht. Von Überwachungskameras, über Richtmikrophone, bis hin zu einem dichten Überwachungsnetz, der Staat hat jetzt alle Mittel um unser Leben zu kontrollieren, sogar „außerhalb“ und viel weniger in den Knästen selbst. Die Sonderknäste haben eine komplett andere Absicht: die Individualität der Gefangene zu beugen und diese zur Kollaboration zu bringen. Folter um genauer zu sein. Die vielen, die sich weigern zu sprechen und jemand anderen an eine andere Stelle schicken, tun dies zu einem sehr hohen Preis.
Seit mindestens 20 Jahre, versucht der Staat immer mehr die Folter der Sonderknäste immer mehr zu verlängern. Dieser Logik entspricht die jüngste Zuordnung verschiedener gefangenen Anarchisten und Anarchistinnen zu Abteilungen der Hohen Überwachung in den Gefängnissen 41bis, wie L'Aquila, Opera und Tolmezzo. Die Nähe zu Strukturen und Wachen, die für das Sondergefängnis "programmiert" sind, führt dazu, dass sich die Einschränkungen der 41bis auch in den anderen Bereichen ausbreiten. Dies ist unter anderem der Fall bei Silvia und Anna, zwei Anarchistinnen, die seit April im neuen AS-Abschnitt von L'Aquila festgehalten werden und den Beginn des "neuen Lauf" erleben: immer geschlossen, Bett mit dem Boden verschweißt, maximal 4 Bücher in der Zelle und 7 Kleidungsstücke, Kontrollen mit dem Metalldetektor am Ausgang oder Eingang der Zelle, bei der Hin- oder Rückkehr der Gemeinschaft, der Dusche, dem Hofgang, blockierte Post während vieler Monate, Disziplinarberichte für jeden Schrott (das Licht alleine ausmachen, einen Kuli beim Hofgang zu tragen...). Deswegen haben sich die Gefährtinnen für einen Hungerstreik entschlossen, der am 29. Mai begonnen wurde: um verlegt zu werden und für immer die AS-Abschnitt zu schließen.
Es sind dunkle Zeiten. Zwischen den Toten am Meer und in den Lagern für Migrant*innen, zwischen einer Ermodungsgenehmigung für die Polizei und Sicherheitsverordnungen, die eine jahrelange Haftstrafe für diejenigen versprechen, die einen Helm zu einer Demonstration mitbringen, eine Rauchbombe werfen oder eine Straße blockieren, wird immer mehr Menschen auch die Folter der Isolation versprochen: ein „Gefängnis im Gefängnis“, das durch Videokonferenzprozesse ergänzt wird (ermöglicht durch die Zusammenarbeit von TIM-Telekom).
Der harte Weg gegen die Rebell*innen ist die Verfolgung der Ärmsten, die von der Polizei auf den Straßen gejagt und oft zwischen den Stacheldraht der von „unseren“ Regierungen finanzierten libyschen Lagerhäuser geschickt werden. Was werden wir diesem Fortschritt des Leidens entgegensetzen können?
LASST UNS DIE ISOLATION DURCHBRECHEN!
SOLIDARITÄT MIT ANNA UND SILVIA IM HUNGERSTREIK!
Anarchisten und Anarchistinnen