Auswertung der Aktionen gegen Legida am 12.01.2015

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Insgesamt ziehen wir nach den Aktionen am vergangenen Montag ein gemischtes Fazit. Die Mobilisierung übertraf alle Erwartungen und es wurde in Ansätzen geschafft, linke Kritik zu verbreiten und widerständige Aktionen mit vielen Menschen gemeinsam zu verwirklichen. Auf der anderen Seite war der rassistische Aufmarsch leider deutlich größer, als von uns erwartet und es gelang nicht, diesen zu stoppen. Für die kommende Woche sehen wir daher als vorrangiges Ziel, dass sich mehr Menschen gut vorbereiten und #platznehmen, damit die Rassist*innen nicht laufen können. Daneben sollte aber auch die Vermittlung eigener Inhalte, die über eine Ablehnung von Legida hinausgehen und möglichst eine eigene Alternative aufzeigen, nicht vernachlässigt werden.

Im Einzelnen zum 12. Januar: Die Demonstration vom Universitätscampus unter dem Motto „Legida? Läuft nicht!“ war ein riesiger Mobilisierungserfolg. Es beteiligten sich ungefähr 7.000 Menschen. Am Westplatz, wo sich der Zug mit der „Refugees Welcome“-Demonstration vom Marktplatz traf und weitere Menschen hinzukamen, schwoll die Menge auf ungefähr 10.000 Menschen an. Dass sich neben der offiziellen Kundgebung der Stadt soviele Menschen an einer linken Demonstration beteiligen, war sicher nicht absehbar und ist ein klarer Erfolg.

Foto von der „Refugees Welcome!“-Kundgebung am Westplatz, Quelle: LVZ

 

Leider konzentrierte sich die mediale Aufmerksamkeit trotz zahlreicher am Campus anwesender Film- und Presseteams zu großen Teilen auf die Kundgebung am Waldplatz und das Friedensgebet in der Nikolaikirche. Daraus aber den Schluss zu ziehen, die Vermittlung eigener Inhalte und auch Kritik an der Asylpolitik der Stadt aufzugeben und auf große Veranstaltungen zu verzichten, wie es teilweise in der Nachbereitung gefordert wurde, wäre aus unserer Sicht der falsche Schluss. Dass linksradikale Inhalte von der Presse nicht gerade hofiert werden und wir im Vergleich zu regierenden Parteien in dieser Hinsicht eine kleine Nummer darstellen, liegt auf der Hand. Aber aus der Tatsache, dass Kämpfe um Deutungshoheit verloren werden, zu schließen, dass wir diese nicht führen sollten, leuchtet uns nicht ein. Im Gegenteil müssen wir die Situation nutzen, um auch unsere eigenen Inhalte in den Vordergrund zu rücken, wie wir es bereits in unserem Redebeitrag „Wir brauchen eine linke Alternative!“ versucht haben. Jenseits der Berichterstattung der Medien gilt für unsere Aktionen – neben dem unmittelbaren Ziel – die Messlatte, inwieweit sie zur Verbreitung von linker Gesellschaftskritik und der Bereitschaft und Fähigkeit zu widerständiger Praxis und Selbstorganisation beigetragen haben. Wenn wir unsere Aktivitäten unter diesen Aspekten betrachten, so sind wir zuversichtlich.

Denn erfreulicherweise hatten sich viele Teilnehmer*innen der Demonstration vorher in Bezugsgruppen zusammengefunden und durchflossen am Naturkundemuseum die Polizeikette, um bis zur Absperrung an die geplante Route von Legida zu kommen. Es gelang zwar nicht, massenhaft durch die Absperrungen auf die Strecke zu kommen. Immer wieder schafften es aber kleinere Gruppen durch Hinterhöfe und Hausflure auf die Route und bildeten dort Sitzblockaden mit einigen hundert Menschen. Im Ergebnis konnte Legida auf diesem Teil der Route nicht marschieren und ihre Route musste um rund 600 Meter verkürzt werden.

Demonstrant*innen auf der ursprünglichen Legida-Route, nachdem diese verkürzt wurde, Quelle: LVZ

 

Leider müssen wir jedoch auch konstatieren, dass dies nicht gereicht hat, um den Legida-Aufmarsch zu stoppen und ihnen ihr Treiben zu versauen. Auch war der rassistische Zug deutlich größer, als wir im Vorfeld gedacht hatten. Es bot sich ein erschreckendes Bild: Ein mehrere Tausend Teilnehmer*innen zählender rechter Aufmarsch, geprägt durch viele aggressive junge Männer aus dem Nazi- und Hooliganspektrum im Schulterschluss mit „normalen Bürger*innen“. Einmal mehr wurde das von dieser Bewegung ausgehende Bedrohungspotenzial deutlich. Eine Ausbreitung dieser rechten Bewegung müssen wir in den kommenden Wochen unbedingt verhindern!

NoLegida hat ihr Fazit mit den Worten beendet: „Wir haben also nur die erste Etappe geschafft. Deshalb möchten wir euch bitten, uns auch nächsten Montag (mittlerweile hat Legida ihren Aufmarsch auf Mittwoch verschoben – Anmerkung) wieder zu unterstützen. Vielleicht schaffen wir es ja, ‪#‎platznehmen‬ noch mehr mit Leben zu füllen.“ Dem können wir uns nur anschließen. Wir müssen auch nächsten Mittwoch wieder mit vielen Menschen auf die Straße gehen und den Rassist*innen unmissverständlich klar machen, dass ihre Hetze hier nicht erwünscht ist. Dafür ist eine gute Vorbereitung aller unverzichtbar. Wie das gehen kann, haben wir versucht, in diesem Beitrag zusammenzufassen. Ansonsten fordern wir alle Interessierten auf, sich im „Legida? Läuft nicht!“-Bündnis an der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Legida und an der Vorbereitung weiterer Aktionen zu beteiligen.

Aus unserer oben skizzierten Zielsetzung, linke Inhalte zu verbreiten und vielen Menschen die Teilnahme an widerständigen Aktionen zu ermöglichen, folgt auch, dass wir zukünftig weiterhin auf Massenaktionen setzen werden, anstatt die Handlungsfähigkeit weniger linksradikaler Aktivist_innen bis zum Maximum auszureizen. Denn wir alle wissen, dass es viele Leute gibt, die sehr wohl aktiv gegen Nazis und Rassist*innen vorgehen wollen, aber aus verschiedenen, berechtigten Gründen nicht zu der propagierten Kleingruppenmilitanz bereit sind. Diese müssen wir einbinden, statt ihnen Passivität vorzuwerfen.

Kein Raum für menschenverachtende Hetze – widersetzen wir uns gemeinsam!

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