Gegen Sexismus und Patriarchat - auch am 1. Mai

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Gemeinsam für ein besseres Leben – am 1. Mai und darüber hinaus

Für die Organisierung der Frauen* – gegen Sexismus und die herrschenden patriarchalen Verhältnisse

Wir haben gestern anlässlich des 1. Mai einen kleinen Spaziergang durch den Stadtteil Stuttgart – Ost gemacht, um auf die sexistische Tortur, der Frauen tagtäglich ausgesetzt sind, im öffentlichen Raum aufmerksam zu machen und dafür zu sensibilisieren.

 

So haben wir an verschiedenen U-Bahn- Haltestellen Plakate verhängt, die Sprüche abbilden, die sicher nicht wenigen bekannt sind. Auch Forderungen, wie „sei solidarisch, wenn du siehst, dass Frauen belästigt werden“ wurden platziert. Um den Kontext der Aktion herzustellen haben wir zusätzlich mehrere Wandtafeln befestigt, die erläutern, um was es uns geht. Damit wollen wir Menschen für diese Themen sensibilisieren und sie dazu aufrufen für ihre Rechte aufzustehen und am 1. Mai - und auch darüber hinaus - auf die Straße zu gehen. Wir haben uns von Station zu Station mit der Bahn fortbewegt und in der Bahn Flyer gesteckt und an Frauen verteilt. Wir bekamen schon während der Aktion viel Zuspruch, gerade von Frauen, aber auch von einzelnen Männern. Abends auf unseren Heimwegen, hing das Meiste noch und es war erfreulich zu sehen, dass Menschen interessiert stehen bleiben, sich die Texte durchlesen und hoffentlich etwas nachdenklich geworden sind. 

 Im Folgenden der Text der Wandtafel:

Kennt ihr das nicht auch? Ihr wollt nach einem stressigen Arbeitstag oder der Nacht im Club einfach mit der Bahn nach Hause fahren, ihr seid müde und wollt einfach nur eure Ruhe. Dann kommen gerne mal Männer, setzen sich neben euch, reden ungefragt mit euch, rücken euch zu Nahe oder berühren euch, wie ganz zufällig beim Ein- oder Ausstieg am Hintern oder den Brüsten. Hierzu gehört auch das sog. Manspreading, wenn Männer sich in der U-Bahn so breitbeinig hinsetzen, dass für die meist weibliche Nebensitzerin kaum noch Platz ist. Das sind in dem Moment dann scheinbar einzelne „Arschlöcher“, die dahinter liegenden Ursachen gehen jedoch viel tiefer.

Wir leben in einer Gesellschaft, die Frauen und Männer Rollen und Eigenschaften zuschreibt, die oft unhinterfragt als naturgegeben angesehen werden. Dadurch werden oben genannte Situationen begünstigt oder überhaupt erst möglich. Frauen wird zugeschrieben, dass sie fürsorglich und emotional sind sowie von sich aus gerne Sorgearbeit leisten wollen. Es sei ihnen scheinbar in die Wiege gelegt. Daraus resultierend herrscht die allgemeine Auffassung, dass wir Frauen wenn wir angesprochen werden dies auch automatisch gut finden und für den Mann permanent verfügbar sind. Führen wir auf der anderen Seite jedoch eine Beziehung oder Ehe wird ein Besitzanspruch über uns erhoben, womit wir direkt oder indirekt in einer permanenten Kontrolle durch Männer stehen.

Das kennt ihr sicher auch oder? Wenn man Anmachsprüche ablehnt und der Gegenpart aggressiv reagiert, da man nicht ständig bereit ist für Körperlichkeiten oder seelische Zuwendung. Bekannte Sprüche an dieser Stelle: „Wie du willst nicht, hast du einen Freund?“ oder „Hasst du Männer?“. Gerade wenn man alleine auf dem Nachhauseweg ist, ist das besonders unangenehm und macht ein beklemmendes Gefühl. Der öffentliche Raum ist gerade abends männlich geprägt und uns wird hier wenig Platz zugestanden. Dadurch werden wir weiter ins Private gedrängt und der uns zur Verfügung stehende Raum weiter eingeschränkt.

Der Anspruch, über Frauen scheinbar natürlich Kontrolle ausüben zu können, begegnet uns aber nicht nur auf der Straße und in Beziehungen, sondern auch in der Familie und im Freundeskreis. Wir wollen jedoch selbst über uns bestimmen und für uns Entscheidungen treffen können.

Wir sagen NEIN zu Berührungen, nach denen wir nicht verlangt haben, zu Schlägen, die folgen, wenn keine Argumente mehr ausreichen und zu sexueller Nötigung, die wir EBEN NICHT durch unser Verhalten oder Aussehen provoziert haben. Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der wir abends keine Angst haben müssen, wenn wir alleine nach Hause gehen. Wir wollen frei sein vom Zwang, uns und unseren Körper schützen zu müssen. Wir wollen frei von patriarchaler Unterdrückung sein, so dass alle Menschen gleichberechtigt miteinander leben können.

Deswegen gehen auch wir am 1. Mai auf die Straße, um für eine Gesellschaft einzustehen, in der alle Geschlechter gleichberechtigt miteinander leben können und frei sind von Zwängen und Unterdrückung.

Frauenkollektiv Stuttgart

1. Mai Demonstration | 11:30 Uhr | Karlsplatz

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