MURDERED BY MARXISTS: Semen Karetnyk

Bis zur Aktionswoche gegen Linke Einheit ab dem 25.09.2023 veröffentlicht Breaking the Spell täglich eine kurze Lebensgeschichte eines*einer vom Marxismus ermordeten Anarchist*in - heute: Semen Karetnyk

Intro

Es gab eine Welt vor dem Marxismus: Von 1872 bis ca. 1919 waren der Marxismus und seine Vorläufer*innen eine Randnotiz der Geschichte. Der Hauptteil der Sozialist*innen waren entweder anarchistisch oder anti-autoritär – sie lehnten den Staat ab und wollten eine dezentrale, von unten organisierte Gesellschaft. Wie kommt es dann, dass heute die Linke so sehr auf den Staat als Mittel fokussiert ist? Ein wichtige Rolle spielte der marxistische Terror gegen die anarchistische Bewegung. Tausende von Anarchist*innen wurden durch Marxist*innen ermordet, inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Hier ist eine kurze Lebensgeschichte eines*einer dieser Anarchist*innen. (Anmerkung zur Sprache: Es wird das überlieferte Geschlecht benutzt, es gab mit Sicherheit auch trans*, inter*, nicht-binäre und agender Anarchist*innen damals. Die Lage von Orten wird oft in der Kurzform „in Nationalstaat“/„(Nationalstaat)“ erklärt, in allen Fällen wird deren Gebietsanspruch abgelehnt.

Semen Karetnyk

Semen Karetnyk wurde 1893 in eine extrem arme Bäuer*innen Familie in Gulyai Polye (heute: Huliaipole) in der Region Zaporizhzhia/Zaporizka (damals Russisches Reich, heute umkämpft zwischen der Ukraine und Russland) geboren. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs arbeitet er als Stallknecht, dann wurde er zum militärischen Zwangsdienst einberufen – stieg bis zum Offizier auf. Dadurch verfügte er nach dem Krieg über viel militärische Erfahrung.
Als Nestor Makhno, der spätere Anführer der anarchistischen Revolutionären Aufständischn Armee der Ukraine (RAAU), im Juli 1918 nach langer Haft zurück nach Gulyai Polye kehrte, beratschlagten sich die lokalen Anarchist*innen, wie sie an Waffen kommen könnten. Sie lösten das Problem durch Überfälle auf eine Bank und die österreich-ungarische Besatzungsarmee. Trotz anfänglicher Erfolge wurde sie jedoch aus der Region gedrängt und Semen verwundet, bis sie am 27.1918 Gulyai Polye langfristig befreien konnten. Die RAAU richtet ihren Generalstab dort ein, dem auch Semen angehörte.
Er leitet eine Einheit, die Kämpfe gegen die Ukrainische Volksrepublik durchführte.
Semen war an der Tötung des linksnationalistischen ukrainischen Militärführers Nykyfor Hryhoriv beteiligt. Mit diesen hatte die RAAU erst überlegt ein Bündnis zu schließen, nachdem es Hinweise darauf gab, dass er ein Bündnis mit den Weißen (Zarist*innen und andere Reaktionär*innen) plante und sich an antisemtischen Progromen beteiligt haben soll, entschieden sie ihn zu töten. Seine Truppen schlossen sich der RAAU an.
Außerdem war er an der Tötung mehrere Bolschewiki beteiligt, die einen Mordkomplett gegen RAAU Anführer*innen planten. Als im August 1920 die RAAU erneut mit den Bolschewiki über ein Bündnis (gegen die Weißen) verhandelte, sprach er sich zusammen mit Dimitri Popov dagegen aus.
Semens Regiment kämpfte weiter gegen die Weißen und befreite Oleksandrivsk (heute Zaporizhzhia/Zaporizka), Melitopol und drängte die Weiße Armee bis zur Krim zurück. In Koordination mit der Roten Armee befreiten sie anschliessend viele Städte auf der Krim.
Die Bolschewiki stellten ihnen jedoch eine Falle und umzingelten die Einheit am abgesprochenen Lagerort. Am 26.11.1920 wurde die anarchistische Delegation bei den Verhandlungen, vor denen Semen gewarnt hatte, in Kharkiv/Kharkov festgenommen und später ermordet. Semen und sein Stellvertreter wurden auf dem Weg nach in Melitopol von der Tscheka (bolschewikischen Geheimpolizei) festgenommen und hingerichtet.

Weiterführendes
Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Semen_Karetnyk

Outro

Es wird eine Welt nach dem Marxismus geben: Er und der andere Ableger der staatlichen Linken der Liberalismus bestimmen heute die Linke Szene, dadurch kontrollieren sie die anarchistische Bewegung. Uns daran zu erinnern, dass den Staat abzulehnen nicht utopisch, sondern normal ist, bedeutet uns zu befreien - weiter bewegen zu können. Das ist nicht nur eine Frage des Selbstbewusstseins als Anarchist*innen. Praktisch führt die Linke Liebe zum Staat beispielsweise dazu, dass beim Widerstand gegen die von Kapitalismus, Staat und Kolonialismus verursachte Klimakatastrophe der Staat statt als Gegner „als Mittel zu ihrer Lösung" gesehen wird. Brechen wir mit der Linken und der Linken Szene! Keinen Frieden mit Marxismus und Liberalismus! Weitere Texte und Links über das Leben dieses*dieser und anderer Anarchist*innen, die vom Marxismus ermordet wurden gibt's unter: breakingthespell.blackblogs.org/murdered-by-marxists

 

 

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