Gegen eine Stadt der Reichen - Investorenträume platzen lassen!

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Demonstration gegen die Pläne an der Rummelsburger Bucht

 

Die Proteste gegen den „Bebauungsplan Ost“ und damit der Kampf um die Verwertung des letzten Freiflächenareals an der Rummelsburger Bucht in Friedrichshain sind in vollem Gange. Die von Anwohner*innen und Betroffenen gegründete Initiative „gegen den Bebauungsplan Ostkreuz“ ruft für kommenden Samstag den 12. Januar zu einer weiteren Demonstration unter dem Motto: „Gegen den Ausverkauf der Stadt“ auf. Treffpunkt ist 11 Uhr vor der Max-Taut-Aula am Nöldner-Platz in Lichtenberg. Eine dort zeitgleich angekündigte Infoveranstaltung der Bezirkspolitik wurde von dieser aus Sicherheitsgründen abgesagt.
Die Empörung über den neuen Bebauungsplan ist groß und die Gründe dafür sind vielfältig. Seit über 16 Jahren läuft das sog. Planungsverfahren bereits und der Bezirk verhandelte mit finanzkräftigen Investoren. Die Bedürfnisse von Anwohner*innen und Nutzer*innen und deren Änderungsvorschläge wurden dabei jedoch mal wieder nicht berücksichtigt und in endlosen Dialogen verwässert. Das Filetstück zwischen Ostkreuz und der Rummelsburger Bucht wurde letztlich im Eilverfahren an fünf Investoren verkauft, die inzwischen die Interessengemeinschaft "Eigentümer in der Rummelsburger Bucht" gegründet haben. Darunter altbekannte Verdrängungsprofis wie die Padovicz-Unternehmensgruppe.
Statt günstigem Wohnraum und Gemeinschaftsprojekten, einer Grundschule, inhabergeführten Kiezläden, frei zugänglichen Grünflächen und Stadtnatur sind bis jetzt ein Aquarium, ein Hotel sowie Luxuswohnungen geplant. Angesichts Berlins gegenwärtiger Wohnkrise, in der steigende Mieten die Verdrängung aus dem bisherigen Wohnumfeld bedeuten und Obdachlosigkeit als härteste Auswirkung auftritt, dem Schwinden selbstbestimmter Freiräume, Kulturorte sowie Freiflächen sind diese Planungen in keinster Weise nachvollziehbar. Dagegen wehren wir uns! Der Ausverkauf der Stadt an Investoren geht uns alle an und die Ignoranz seitens der Politik macht uns um so wütender.
Die Auswirkungen von Luxussanierungen sind uns in ganz Berlin mittlerweile bekannt, denn der Austausch der Bevölkerung führt, wie schon aus dem Friedrichshainer Nordkiez bekannt, zu zahlreichen sozialen Spannungen, die auch in der Rummelsburger Bucht nicht ausbleiben. Die Rummelsburger Bucht weckte seit der Wende die Begierde von Investoren und Politiker*innen, die gemeinsam von Mammutprojekten und dem großen Geld träumten. Mit der Zeit wurden beide Uferseiten bebaut, wobei die Alt-Stralauer Seite im neoliberalen Wahn der 1990er Jahre komplett verscherbelt wurde. Bereits im April 1996 wurden dafür zwei besetzte Häuser geräumt, welche vorher lange leer gestanden hatten und von Aktivist*innen Anfang 1995 besetzt worden waren. Die Auswirkungen werden heute deutlich. Ein Luxusloft steht neben dem anderen, bestimmte Straßenzüge und Freiflächen wurden privatisiert. Direkte Folge neben der Verdrängung der Freiräume sind Angel- und Anlegeverbote für die alten Nutzer*innen und ein Streit darüber, wer die Flächen nutzen darf.
Wenig verwunderlich sind die Loft- Eigentümer*innen heute die größten Befürworter*innen des Bebauungsplans Ostkreuz. Sie erhoffen sich von der neuen Bebauung die Vertreibung der Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen und ihr schönes sauberes Bild der perfekten Wohnlage am Wasser stören: der wohnungslosen Menschen, die auf den Freiflächen leben, der auf den Booten wohnenden Freigeister und der Besetzer*innen des Schiffs „Freibeuter“, welche sich für ein Stück Freiraum am Wasser stark machen. Dies bringen sie, ganz im derzeitigen Trend deutscher Bürgerwehren, auch gern persönlich zum Ausdruck: Bewaffnet mit Stift, Block und Handy patrouillieren sie durch „ihre Straßen“ und dokumentieren alles, was in ihren Augen als Fehlverhalten gilt. Baumaterialien für Schiffe werden so schnell als Müllberge angezeigt, Bootsbewohner*innen mit dem Handy abfotografiert, gefilmt und angepöbelt. Besucher*innen werden angesprochen und darüber aufgeklärt, dass sie in der Bucht nichts zu suchen hätten. Schließlich möchte man das hart erworbene Stück Eigenheim endlich genießen können - alles was sie dabei stört verliert jegliche Daseinsberechtigung.
Das Areal zwischen Ostkreuz und der Rummelsburger Bucht ist einer der wenigen echten Freiräume, die Berlin noch geblieben sind. Hier leben Menschen zusammen, die mietfrei auf Booten wohnen, Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben und im Freien leben, Menschen mit emanzipativen Ideen, Projekte und Initiativen, die sich bspw. für eine nicht kommerzielle Nutzung des ehemaligen Jugendschiffes „Freibeuter“ einsetzen oder mobile Veranstaltungen auf Flößen organisieren. Eben Menschen, die nicht viel besitzen und die keine Lobby haben, aber ihr Leben jenseits der kapitalistischen Verwertungslogik selbstbestimmt organisieren wollen. Darüber hinaus gibt es alternative Clubs, selbst organisierte Werkstätten und Wagenburgen und eben viel Platz zum Ausprobieren von alternativen Lebensformen.
In Berlin sind zahlreiche linke Projekte akut bedroht. Ob Liebig34, Potse, Drugstore, Meuterei oder Syndikat, sie alle stehen vor dem aus. Auch im Fall der Freibeuter machte Baustadtrat Florian Schmidt zunächst wohlwollende Versprechungen, um die Besetzer*innen dann am 20. Dezember 2018 per Brief dazu aufzufordern, das Schiff bis zum 24. Dezember an einen anderen Liegeplatz zu schaffen oder das Boot bis zum 31. Dezember 2018 zu räumen. Na dann mal ‚Frohes Neues‘ Herr Schmidt. In einem Interview im Tagesspiegel vom Juli 2018 bringt er die Hinhaltetaktik der Politik sehr gut auf den Punkt: „reden lassen, zuhören, gelegentlich hart kontern und ankündigen, dass sich nun die Politik wieder damit befassen wird.“ Und wie so etwas genau aussieht, können wir in der Bucht schon seit langem beobachten. Die Grundstücke, auf denen die Investoren Padovicz, Streletzki und Coral World bauen wurden kurzerhand eingezäunt. Anstatt mit den Wohnungslosen in den Dialog zu treten und ein Mindestmaß an Versorgung bereitzustellen, beauftragt die Verwaltung lieber die WISAG GmbH, um das Gelände zu kontrollieren. Deren Mitarbeiter verunsichern die Bewohner*innen mit der Ankündigung von falschen Räumungsterminen, verbieten offenes Feuer bei eisigen Temperaturen und haben auf diese Weise schon erreicht, dass viele wohnungslose Menschen aus Angst das Gelände verlassen haben. Andere bleiben aber hartnäckig auf der Brachfläche, sie leben nun eingezäunt. Das Vorgehen der Politik zeigt mal wieder, wie wenig auf ihre Versprechungen gegeben werden kann. Ihr angeblicher Dialog ist politisches Kalkül, um Zeit zu schinden und Fakten schaffen zu lassen.

 

 

 

 

 

Für den Erhalt der letzten Freiräume müssen wir kämpfen!

 


Ob Demos, kreative Aktionen, Besetzungen und direkter Widerstand gegen die Vollstrecker der Stadt der Reichen – jede Verzögerung bedeuten für die Investoren wahnsinnig hohe Kosten!

 


 

Für einen breiten Protest auf allen Ebenen!

 


 

Für eine Stadt für alle und eine solidarische und selbstbestimmte Gesellschaft!

 

 

 

 

 

die Rummelsbucht-Piraten

 

 

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