(B) Rückblick auf den ersten Prozesstag (16.01.2023) gegen die TäterInnen, die Dilan angegriffen haben.

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Am Montag den 3. April findet der zweite Prozesstag statt, an dem sich die rechten Schläger vor Gericht verantworten müssen, die Dilan S. angegriffen haben. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir einen Rückblick auf den ersten Prozesstag.

Am 16.01.2023 versammelten sich um 8.45 Uhr zahlreiche Antifaschist*innen zur solidarischen Prozessbegleitung um Dilan S. zu unterstützen, die im Februar 2022 Betroffene eines gewalttätigen rassistischen Übergriffs an der Tramstation Greifswalder Straße geworden war.

Das Bündnis „Schaut-nicht-weg!” hatte für den Prozesstag zum Amtsgericht Tiergarten mobilisiert und dazu aufgerufen, sich zu solidarisieren und Plätze im Gerichtssaal in Anspruch zu nehmen. (1) Damit sollte potentiellen Unterstützer*innen der Rechten der Raum im Saal und die Möglichkeit der Unterstützung ihrer „Kameraden“ genommen werden. Zur Unterstützung von Dilan erschienen rund 40 Menschen , ausserdem waren zur Beobachtung neben der Beratungsstelle Reachout auch Mitglieder der Linksparteifraktion des Berliner Abgeordnetenhauses wie Elif Eralp und Ferat Ali Koçak gekommen. Dilan erschien in Begleitung ihrer Eltern. Da der ursprünglich vorgesehene Gerichtssaal nur 20 Plätze umfasste, musste der Prozess in einen anderen Saal verlegt werden. Die starke Präsenz von Unterstützer*innen sorgte bei den Angeklagten für ein sichtliches Unbehagen. Sie mussten sich an den zahlreichen Unterstützer*innen vorbeibewegen und sich Aussagen wie „Scheiß Rassisten!“ anhören. Auf diese Art für ihren Rassismus abgelehnt zu werden, ist etwas was diese Leute aus ihrem Alltag in Prenzlauer Berg-Ost nicht kennen. Ein Fascho, der zur Unterstützung der Rechten erschienen, war der Nazi Kevin Poller. Ihm wurde jedoch durch Antifaschist*innen der Weg zum Gerichtssaal versperrt, so dass er draussen warten musste.

 

Täter*innen und Anwält*innen

Bei den Angeklagten handelt es sich um drei Männer und drei Frauen, welche teilweise zuvor bereits schon vor dem Angriff auf Dilan in rechten Schuppen und BFC-Hooligan-Kneipen rund um die Greifswalder Straße aufgefallen waren. Die Ermittlungen werden laut Innenbehörde von der „Rechtsextremismus-Abteilung“ geführt. (8)

AnwältInnen:
- Britta Kempke
- Anwalt Frank Scherf
(keine Anwälte, die der rechten Szene angehören)

Angeklagte:
- Heiko Schwertner (44 Jahre)
- Jennifer Gaertner (33 Jahre)
- René Hilgendorf (52 Jahre)
- Jennifer Mularczyk (24 Jahre)
- Matthias Strube (43 Jahre)
- Cornelia Ritter (55 Jahre)

Heiko Schwertner und René Hilgendorf sind in Prenzlauer Berg-Ost kiezbekannte Nazis und gehören zum Fananhang des BFC-Dynamo. Jennifer Gaertner ist Besitzerin der „Ariya Lounge Bar“ an der Greifswalder Straße und die Lebensgefährtin von Heiko Schwertner. Jennifer Mularczyk wiederum ist schon lange mit René Hilgendorf zusammen und arbeitet als Tresenkraft in der „Ariya Lounge“. Sie alle sind dort regelmäßig anzutreffen. (2)

 

Angeklagte fühlt sich durch Dilan S. geschädigt

Noch vor der Beratung beantragten die Anwälte von Dilan S. sie als Nebenklägerin zuzulassen. Die Angeklagte Jennifer Mularczyk versucht die Richterin davon zu überzeugen, dass Dilan nicht als Nebenklägerin im Prozess zugelassen wird. „Die hat sich schon genug in der Presse geäußert und uns genug damit geschädigt“, (3) sagt Mularczyk, die ohne Anwalt erschienen war. Richterin Marieluis Brinkmann wies die Forderung zurück und ordnete an, dass Dilan als Nebenklägerin auftreten darf. Ein Anwalt vor Gericht wurde ihr jedoch verwehrt, mit der Argumentation der Richterin, dass kein besonderer Härtefall vorläge, da solche Fälle „leider nichts Besonderes“ und „Gang und Gäbe“ seien. „Die Beschuldigten haben sich total daneben benommen, indem sie infrage gestellt haben, ob Dilan S. überhaupt im Verfahren eine Anwältin haben soll.“ Sagte Elif Eralp gegenüber der TAZ.(4)

 

Bedrohungen, Einschüchterung und Zeitschinderei

Da Heiko Schwertner wegen angeblicher Corona-Infektion nicht zum Gericht erschien, wurde die Verhandlung ohne Verlesung der Anklage ausgesetzt und auf den 3. April verschoben. Weil die Angeklagten gemeinschaftlich gehandelt haben sollen, sollen sie auch gemeinsam vor Gericht stehen. Das Gericht kündigte zudem an die Echtheit seiner Corona-Infektion prüfen zu lassen. Glaubhaft war Schwertners Begründung für sein Fehlen nicht, sondern eher der Versuch etwas mehr Zeit zu schinden, damit sich die TäterInnen besser auf den Prozess vorbereiten können. Allgemein wirkten die Angeklagten von ihrem Auftreten, ihren Aussagen und der Tatsache her, dass nur zwei der fünf der Angeklagten einen Anwalt dabei hatten, reichlich unvorbereitet.

Die augenscheinliche Lüge Schwertners und die Verschiebung des Prozesses sorgte für reichlich Unmut unter den Unterstützer*innen. Denn für viele Betroffen rechter Gewalt ist es nunmal auch wichtig die Möglichkeit zu haben „Gerechtigkeit“ zu erfahren und mit dem Thema abschließen zu können. Dilans Mutter, die ebenfalls wie ihre Tochter von der Vertagung des Prozesses sichtlich angefasst war und mit den Tränen zu kämpfen hatte, wurde dann beim Rausgehen sogar noch von dem Angeklagten Matthias Strube angepöbelt. Vor dem Gericht machten mehrere der TäterInnen noch Fotos von Dilan und ihren Begleiter*innen. Fotos machte auch die Hauptangeklagte Jennifer Gaertner.

Die TäterInnengruppe lungerte nach Prozessende noch eine geschlagen Dreiviertelstunde vorm Gerichtsgebäude herum und hielt einen Plausch mit ihrem Unterstützer Kevin Poller, der in der Nähe des Gerichtes auf seine Leute gewartet haben muss, nach dem er zu Prozessbeginn nicht mehr in den Saal kam. Poller ist ein mehrfach vorbestrafter rechter Gewalttäter. 2015 war er an einem Angriff auf Linke in Prenzlauer Berg Ost beteiligt (5, 6), wofür er verurteilt wurde. Im November 2021 waren Poller, Gaertner und Freunde ausserdem an einer Auseinandersetzung in der Kneipe „Bierquelle“ beteiligt. Gaertner schlug hierbei der Tresenkraft ins Gesicht. Poller, Gaertner und Freunde beleidigten Gäste rassistisch. (7)

Die TäterInnen die Dilan angegriffen haben stecken knietief im gewaltätigen Kneipensumpf in P-Berg.

Wir sagen: Dilan du bist nicht allein!

 

Kommt am Montag den 3. April 2023 zum zweiten Prozesstag!
Die Kundgebung startet 08:30 Uhr vorm Amtsgericht Tiergarten.

Im Anschluß gehen wir zusammen in den Prozess.

 

Bündnis „Schaut nicht weg!“

 

Mail: schautnichtweg (a) protonmail.com
Hashtag: #schautnichtweg

 

Quellen:

1 | https://antifa-nordost.org/13551/schautnichtweg-solidaritaet-mit-dilan/)

2 | https://taz.de/Prozess-um-rechte-Gewalt-gegen-Dilan-S/!5905184/)

3 | https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/prozess-justiz-amtsgeri...

4 | https://taz.de/Prozess-gegen-Angreifer-von-Dilan-S/!5906213/

5 | https://antifa-berlin.info/news/1050-prozessbeobachtung-nazi-bergriff-au...

6 | https://antifa-nordost.org/1906/berlin-50-nazis-bei-hogesa-treffen-in-pr...

 

Recherche zu den Tätern

TAZ | https://taz.de/Prozess-um-rechte-Gewalt-gegen-Dilan-S/!5905184/

 

Presseberichte zum ersten Prozesstag

TAZ | https://taz.de/Prozess-gegen-Angreifer-von-Dilan-S/!5906213/

Neues Deutschland| https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170199.antirassismus-angriff-auf-dila...

Berliner Zeitung: | https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/prozess-justiz-amtsgeri...

Berliner Morgenpost | https://www.morgenpost.de/berlin/article237383565/Prozess-um-rassistisch...

 

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