Das Problem der Nachrichtendienste

Kolonialismus

Immer wieder werde ich in Gesprächen über Landschaftspflege, Waldaufwertung oder Klimastörungen gefragt: Welche ist diejenige politische Einzelentscheidung mit der sich am meisten für den Umweltschutz bewirken lässt? Es ist die Frage nach dem tiefenökologischen Urgrund – welcher Befreiungsschritt vermag den umfassendsten Wandel in Gang zu bringen? Was ist der Hebel der das Ende der Welt abwenden kann? Welcher Baum ist am besten geeignet um Wüste zu Wald werden zu lassen?

Antwort: Man liquidiere alle Nachrichtendienste, erlange so Unabhängigkeit durch Entwicklung einer keinem Missbrauch durch diese ausgesetzten Opposition, und der erforderliche ökologische Wandel wird frei, unbehindert und ungezwungen stattfinden können. Hier in Europa bedeutet dies mangels äußerer Feinde lokal zu handeln und die us-amerikanische Fremdbesetzung als Nebenüberbleibsel des Kolonialismus zu verstehen. Hauptüberbleibsel dieses Übels ist der nachrichtendienstliche Missbrauch der einheimischen Opposition durch die entkolonialisierten Kolonialmächte.

Mit Ausnahme Deutschlands, das seine Überseekolonien schneller als andere verlor, und sich sodann daran machte als Ersatz dafür Europa zu kolonialisieren, ist dies ein eigenes Problem aller europäischen Staaten, soweit sie nicht von der Fremdbesetzung dominiert sind. Hier haben wir stattdessen die faschistische Kontinuität, verkörpert durch Verfassungsschutzamt, Bundesnachrichtendienst sowie sich weniger unmittelbar identifizierende Täter-Banden offiziellen Stellenwerts – und wie überall in Westeuropa ein Produkt der us-amerikanischen Hegemonie. In den Nachbarländern dagegen sind es „nur“ die entmachteten Kolonialmächte, die die Leute missbrauchen.

Missbrauch? Ja selbstverständlich ist es Missbrauch wenn einer sein hoheitliches Zugriffsprivileg dazu zweckentfremdet, unlauteren Wettbewerb zu begehen. Ohne jeden Zweifel ist es Missbrauch wenn Nachrichtendienste die personenbezogenen Daten von Oppositionellen dazu verschwenden ihre eigenen Interessen umzusetzen, gerade so wie es der verrückten Rechtfertigungsideologie des Kolonialismus entspricht. Dies ist um so eindeutiger je mehr sich diese dabei bemühen Uneigennützigkeit zu suggerieren. Dem Dieb ist es ein Leichtes sich als Entwicklungshelfer darzustellen, aber dem historisch geschulten Auge gibt er sich gerade so als Dieb zu erkennen.

Der nachrichtendienstliche Missbrauch der Oppositionellen in Westeuropa ist eine kolonialistische Kontinuität – und folglich als solche schon von weitem an der verdrehten Rechtfertigungsideologie zu erkennen. Weil die These dass der Kolonialismus bzw. der nachrichtendienstliche Missbrauch der einheimischen Bevölkerung unschädlich seien ganz offenkundig unhaltbar ist, wird stattdessen behauptet sie seien nützlich – das ist zwar erst recht unzutreffend, aber erscheint schon von weitem absurd genug um vielleicht Opfer einzuschüchtern, und drückt so das überwältigende missbräuchliche Eigeninteresse aus.

Da die Nachrichtendienste in den digitalen Massengesellschaften Sammelbecken entseelter Verwahrlosung und autoritärer Verrohung sind, wie es auch die Kolonialtruppen gewesen waren, ist ihr Missbrauch an Oppositionellen immer auch sexualisierte Gewalt. Mit dieser hat er eine ganze Palette von Aspekten gemeinsam: Wie diese kann er direkte wie indirekte Formen annehmen. Täter investieren beträchtliche kriminelle Energie, um ihre tatsächlichen Motive zu verwischen. Opfer nehmen unmittelbar Einblick in die davon angezogenen Charaktermissbildungen.

Das Umfeld benötigt eine oder mehrere Generationen um zu erkennen was Sache ist. Das unmittelbare Umfeld ist durch die Negativvorbildfunktion oftmals total verdorben. Die Zusammensetzung der Tätergruppe ist durch dieses Tatmotiv absolut dominiert. Der nachrichtendienstliche Missbrauch eines Menschen ist schon dadurch zu erkennen, dass scheinbar anlasslos sich öffentliche und häusliche Gewalt gegen die Angriffsziele ins Unermessliche steigern, da sich im Umfeld des (un-)heimlichen offiziellen Missbrauchs die Beutefolger scharen.

Das resultiert daher dass die nachrichtendienstliche Tätigkeit immer missbräuchlich ist. Jeder Lauschangriff ist immer ein Diebstahl, jede aus einer gestohlenen Information gefertigte Propaganda ist immer eine Lüge, jede einzelne Zweckentfremdung des Verwaltungsprivilegs ist immer ein persönlicher Missbrauch. Das ist bereits daran zu erkennen dass man die Tatsituation mit einer analogen gewaltfreien Situation vergleicht, in der beispielsweise anstelle des Diebstahls einer Email die Person sich ehrlich die Voraussetzungen erarbeitet befugter Empfänger zu werden.

Schon die Nebenwirkungen welche durch die Tarnung bzw. Verharmlosung des Tatmotivs ausgelöst werden sind so eindeutig dass der Missbrauch allein damit zu belegen ist. Übrigens befasst sich dieser in seiner übelsten Form dann auch mit sich selbst als Thema, um seine Opfer soweit ihm irgend möglich zu behindern sich selbst dagegen zu helfen. Sie sollen nicht nur dem eigentlichen Angriff wehrlos ausgesetzt sein, sondern auch den weiteren gegen die darauffolgende Erst- und Selbsthilfe. Dies ist entscheidend zu wissen, um die nachrichtendienstliche Tätigkeit umfassend moralisch bewerten zu können.

Diese basiert schlussendlich auf dem gesellschaftlichen Missbrauch den sie ermöglicht und mit sich bringt, da sie taktisch darauf setzt die Angriffsziele durch Wiederholung und Steigerung seelisch und gesundheitlich zu zermürben. Ohne darüber hinausgehendes Missbrauchspotential wäre sie gegenstandslos, irrelevant und unrentabel. Parallelen mit unbefangenen Interessen gibt es keine. Der Lauschangreifer verhält sich aufgrund des bürokratischen Apparats von dem er abhängt wie ein Grapscher an einer Steckdose: Seine Tat schließt einen Stromkreis, deswegen kann er nicht nur nicht loslassen, sondern ist zudem durch sein Tatmotiv zwanghaft dazu veranlasst immer wieder zuzugreifen.

Hätte er sich die Erlaubnis zur Anteilnahme erbeten, könnte er aus der so erhaltenen Information vielleicht etwas machen was nicht übergriffig ist – so aber wird sie immer zu Täterwissen und als solches zum Erkennungsmerkmal des Übergriffs. Die erbetene Information ist vielleicht erhältlich und vielleicht nicht; die übergriffig erlangte ist immer völlig wertlos, denn nichts was aus ihr gemacht wird kann wirklich Vertrauen steigern, es sei denn als vorübergehende Täuschung – also immer wertlos, da von der zugrundeliegenden Intention verunreinigt. Raub schafft eben keine Objektivität sondern Entfremdung.

Schlimmer noch, durch den nachrichtendienstlich organisierten Missbrauch geht der allgemeine Wert der persönlichen Information als Verhandlungssache verloren, es ist nicht mehr möglich den Zugang dazu mit dem Verhaltensniveau zu begrenzen, und sie so zu nutzen es zu regulieren. Daran dass dieser Regulationsausfall als Hauptzweck der nachrichtendienstlichen Tätigkeit erkennbar wird und jeder scheinbare Erkenntnisgewinn als Nebensache, da diese mit dem Erliegen das Letzteren nicht nachlässt, lässt sich belegen dass sie wesentlich destruktiv und nicht konstruktiv ist. Es existieren dafür auch aus der Vergangenheit keine Positivbeispiele.

Jede Tätererwartung, aus dem Verlust an Lebensqualität der Angegriffenen etwas gewinnen zu können, ist irrig, denn die Vergangenheit ist voll von Missbrauchsbeispielen ohne dass dadurch irgendein vorzeigbarer Nutzen geblieben wäre. Dennoch unterliegt aber jede neu auftretende Tätergruppe wenigstens teilweise dieser Illusion, und motiviert sich mit aus einer Erwartung die Missbrauchten könnten ihr durch den Missbrauch irgendwie zu Vertrauten werden. Spezifisch gesagt, die Tragik Europas ist nicht nur dass das Reich Karls des Großen schon nach einer Generation zerfiel, sondern auch dass die die es wieder haben wollen nicht mehr davon erwarten.

Der gesellschaftliche Regulationsausfall beim Verhaltensniveau, der durch den nachrichtendienstlichen Missbrauch bezweckt wird, ist wissenschaftsethisch direkt vergleichbar mit dem Nervengift, das gezielt zu dem Zweck entworfen wurde den Stoffwechsel zum Erliegen kommen zu lassen indem irgendein Zellenzym gebunden wird. Es lässt sich wahrscheinlich sogar sagen dass erst die Erfahrung mit dem nachrichtendienstlichen Missbrauch der Bevölkerung zu einer Übertragung des Funktionskonzepts in den Bereich der Biochemie geführt hat, nicht etwa innerdisziplinäre Forschung. Ohne entsprechendes Negativvorbild gäbe es keine dermaßen barbarische Waffe. Händler nennen das Designer-Gift.

Hier schimmert bereits wieder durch dass das Problem der Nachrichtendienste ein Umweltthema ersten Ranges ist. Von ihrer Herrschaft geht die hegemoniale Destruktivität aus, die sich dann auch auf Natur und Umwelt auswirkt. Wenn man der Rechtfertigungsideologie des Missbrauchs folgt, zeigt sich auch dass es so ist und nicht zirkulär umgekehrt: Während die Umweltzerstörung lediglich passiv beschönigt wird, als vermeintlich verhältnismäßige Nebenwirkung eines Nutzens, wird der nachrichtendienstliche Missbrauch aktiv beschönigt – als vermeintlicher Nutzen an sich.

Die aktive Beschönigung von Umweltzerstörung gilt selbst in Europa mittlerweile als mittelalterlich. So wurde in den Kreuzzügen die Wildnis der nordeuropäischen Tiefebene zerstört, um gesellschaftlichen Wettbewerbern den Lebensraum zu nehmen ohne daraus selbst einen Nutzen zu ziehen. Heute tut man derartiges nur noch aus Gewinnstreben. Vom nachrichtendienstlichen Missbrauch hingegen erwarten sich die Täter einen Prestigebonus. Hier wird die dienstliche Rechtfertigungsideologie zur außerdienstlichen Selbstwertkrücke zweckentfremdet. Doch kein Kapitalist bildet sich ein durch Umweltzerstörung der Natur zu nutzen. Der verdrehte Überschwang der kriminellen Rechtfertigungsideologie gibt den nachrichtendienstlichen Missbrauch sogar aus der Unbeteiligtenperspektive zu erkennen.

Nachrichtendienstliche Tätigkeit, das heißt im besten Fall dass sich die Staaten zueinander als Räuberbanden verhalten, unter allseitiger Verschonung des Einzelnen. Andernfalls entfällt letztere, wie in der europäischen Parlamentsdemokratie zu beobachten. Ihre Ermächtigung des nachrichtendienstlichen Missbrauchs von Oppositionellen entwertet sie als moralische Kategorie. Denn der allgemeine Wert des Staates bemisst sich nach seiner Fähigkeit, sich auch denen gegenüber an seine Regeln zu halten, die sie vielleicht nicht anerkennen. Anders als gegenüber einer Majestät befindet sich auch die konsequenteste Opposition in keiner Bringschuld. Demokratie hingegen ersetzt die Majestäten durch die Nachrichtendienste, und entwertet so die Möglichkeit der Emanzipation.

Durch die Ermächtigung von Nachrichtendiensten haben sich die Parlamente der Volkssouveränität entfremdet. Auch wenn es grotesk wäre den nachrichtendienstlichen Missbrauch an der Opposition als wissenschaftliche Forschungskonfiguration zu verharmlosen, nicht zuletzt weil es Formen von Missbrauch gibt die sich selbst wissenschaftlich zu bemänteln versuchen, so ist es doch wahr dass ein Parlament welches Nachrichtendienste ermächtigt sich selbst auf den Status einer Kontrollgruppe in einer Laborversuchsreihe reduziert; die wissenschaftliche Unseriosität kommt dann obendrauf.

Durch eine solche Fehlentscheidung gelangt das Übelste an den modernen Massengesellschaften, der Kadavergehorsam, in eine für die Allgemeinheit lebensgefährdende und lebensgefährliche Funktion. Das kennen wir noch von Rom. Eine derartige Ermächtigung kann erklärtermaßen herbeigeführt worden sein, mag gezielt unerklärt veranstaltet werden, oder aber aus verzeihlicher Unachtsamkeit geschehen. Das ist eine Frage der historischen Bewertung. Unmittelbar relevant in Hinblick auf die gegenwärtige Handhabung ist hingegen die Tatsache dass die daran beteiligten Täter ausnahmslos vom Missbrauchspotential motiviert sind.

Diesem die Chance zu geben, und sei es auch nur als Kollateralschaden einer damit vermeintlich erzielten Staatssicherheit oder Terrorismusprävention oder Gebietsabschottung, oder aber demselben zu widersagen, und sei es auch nur aus elementarsten verantwortungsethischen Grundsatzerwägungen, das ist der letztendliche Prüfstein für die (Un-)Mündigkeit demokratisch gewählter Parlamente. Denn ein Staat, der eine totalitäre Bande zu jedem noch so entarteten Missbrauch an seinen Kritikern ermächtigt, oder auch nur an denjenigen die dabei nicht mitmachen möchten, ist nicht souveränitätsfähig.

25.7.2018

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Ergänzungen

bitte klickt nicht unvorsichtig auf solche shortlinks wie oben angebeben, da hier nicht absehbar ist wohin diese führen oder ob eine station dazwischengeschaltet wurde um daten über die aufrufer*innen zu erfassen. wohin der link oben führt lässt sich hier prüfen:
preview.tinyurl.com/lb-artikel in diesem fall führt er nur zu indymedia-brüssel.