In dubio contra reum – Im Zweifel gegen den Angeklagten

Alles Schlechte kommt aus Bayern. Nicht immer aber diesmal ist der Freistaat mal wieder Vorreiter in der autoritären Formierung des Staates. Dort wurde das Polizeiaufgabengesetz (PAG) schon verschärft, die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg ist schon nachgezogen und nun soll in NRW dies auch geschehen. Sie planen vieles und wir müssen den Widerstand dagegen organisieren!

 

PAG the Police

Die Wunschliste der Polizei ist lang. Das verheerendste für die Zivilgesellschaft dürfte sein, dass mit den Formulierungen wie „Gefährder“ oder „drohende Gefahr“ weitere unbestimmte Rechtsbegriffe geschaffen werden, bei dem die Polizei dann selber bestimmen kann, was dies in den jeweiligen Fällen zu bedeuten hat. Konkret führt es dazu, dass ein Präventivgewahrsam für „Gefährder“ von bis zu einem Monat geschaffen werden soll, bei dem die Polizei selber bestimmen kann, wen sie als „Gefährder“ einstuft. Dies ist nicht nur eine Aufhebung bürgerlicher Rechtsstandarts, sondern schafft in Teilen auch die Gewaltenteilung ab. Die Polizei macht sich damit zu Richtern und Henkern zu gleich. Die Änderung der „konkreten Gefährdung“ hin zu „drohenden Gefahr“ ermöglicht der Polizei bisher unschuldige Menschen zu verfolgen ohne nachweisen zu müssen, dass von diesen Personen tatsächlich eine Gefahr ausgeht. Diese Vorverlagerung vom strafbarem Handeln öffnet Tür und Tor für Willkür und widerspricht der Unschuldsvermutung.

Außerdem soll die strategische Fahndung, der Ausbau der Telekommunikationsüberwachung, das Verhängen von Aufenthalts- und Kontaktverboten, der Einsatz von elektronischen Fußfesseln sowie eine Ausweitung der Videoüberwachung ermöglicht werden. Die Polizei soll neben ihren Schusswaffen und Schlagstöckern nun auch mit Tasern ausgestattet werden, dabei ist die Hemmschwelle hierfür weit niedriger, wie die USA zeigen. Die gesundheitlichen Folgen von Elektroschocks durch Taser sind immer noch nicht geklärt und mehrmals kam es schon zu Todesopfern.

 

Sie wetzen ihre Messer!

Seit den 1970er-Jahren werden in Deutschland systematisch Grundrechte abgebaut und der Staat wird in einen Sicherheits- und Präventionsstaat umgebaut. Er drängt immer weiter ins Privatleben hinein und stellt die gesamte Bevölkerung unter Generalverdacht, potentielle StraftäterInnen oder gar TerroristInnen zu sein oder zu werden. Diese Entwicklung beschleunigte sich mit der Hysterie nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001. Am schwerwiegendsten wurden im Namen der Terrorabwehr die Rechte von nicht-deutschen Staatsbürgern eingeschränkt.
Private Sicherheitsfirmen übernehmen zudem vermehrt staatliche Aufgaben. Auch eine flächendeckende Videoüberwachung mit Gesichtserkennung ist nicht mehr Zukunftsmusik, sondern schon heute Realität. DNA-Analyse und -Datenbank, Telekommunikationsüberwachung, Online-Durchsuchungen und der Einsatz sogenannter Trojaner zur Durchsuchung auch privater Computer und Smartphones sind an der Tagesordnung.

Neben solchen Technologien arbeiten alle Sicherheitsbehörden mit sozialen Medien. Der G20 Gipfel in Hamburg hat gezeigt, dass die Polizei Twitter und Co. für die Verbreitung ihrer Version der Geschehnisse genutzt hat und so direkt die Medienberichtserstattung lenken konnte. Außerdem spielt die Leichtfertigkeit vieler Menschen, im Umgang mit Facebook und Co., den Repressions- und Sicherheitsorganen in die Hände. Es gilt also ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Menschen durch ihr Verhalten nicht nur sich, sondern auch andere Menschen gefährden. Der Überwachungsstaat funktioniert erst dann umfassend, wenn die Bevölkerung ihn bewusst oder unbewusst mit unterstützt.

 

Der Krieg nach Innen, ist der Krieg gegen dich!

Im Windschatten der Militarisierung Deutschlands Außenpolitik haben die repressiven Staatsapparate auch nach innen systematisch aufgerüstet. Strategisch, rechtlich, personell und technologisch. Sie haben auf diese Weise ihre Möglichkeiten zur Überwachung und Kontrolle sowie zur Bekämpfung sozialer Bewegungen ausgeweitet. Trotz der historischen Erfahrungen aus der Zeit des deutschen Faschismus werden die zivilen Repressionsorgane zudem zusehends miteinander vernetzt. Verfassungsschutz und Polizei sitzen beispielsweise im gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum an einem Tisch.

Die Techniken zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung, die der Staat derzeit erprobt, dienen nicht nur der Kriminalitätsbekämpfung. Auch wenn durch die Medien ein falsches Bild geschaffen wurde, die Kriminalität ist in fast allen Bereichen stark rückläufig. Viel mehr muss man die Entwicklung zum Polizei- und Sicherheitsstaat auch als Vorbereitung auf künftige soziale Spannungen verstehen. Der Neoliberalismus sorgt für einen Abbau der staatlichen Kontrolle in der Wirtschaft. Ergänzt wird diese Entwicklung durch einen Überwachungs- und Sicherheitsstaat, der rigoros ausgebaut wird. Die unsichtbare Hand des Marktes findet ihre ideologische Erweiterung und institutionelle Ergänzung in der eisernen Faust des Überwachungsstaates. Soziale Ungleichheit, gesellschaftliche Widersprüche und die daraus resultierenden Konflikte sollen durch einen hochgerüsteten Sicherheitsapparat kontrolliert werden, ähnlich wie in den USA.

Neben der offensichtlichen Gewalt durch Bullen, die blind auf DemonstrantInnen und JournalistInnen einprügeln, gibt es im Kapitalismus zudem eine strukturelle Gewalt. Durch Räumungsklagen verlieren jeden Tag Menschen ihr Zuhause, nur weil sie sich die Miete für ihre Wohnung nicht mehr leisten können, Rentner wandern ins Gefängnis, weil sie am Ende des Monats kein Geld für das Bahnticket übrighaben und Sozialleistungen werden gekürzt. Dies ist nicht die Schuld einiger Richter sondern liegt daran, dass das gesamte Rechtssystem darauf beruht die Interessen der herrschenden Klasse durchzusetzen. In einer Klassengesellschaft ist die Justiz immer eine Klassenjustiz, welche die Aufgabe hat die bestehende Ordnung aufrecht zu erhalten. Dies spiegelt sich auch in den übermäßig harten Urteilen gegen G20-AktivistInnen wider. Dabei geht es nicht nur darum der radikalen Linke zu zeigen, dass Widerstand sich nicht lohnt, sondern ebenso dem Rest der Gesellschaft klar zu machen, was ihnen blüht, sollten sie sich gegen die bestehende Ordnung aufbegehren.

Der Kampf gegen solche Verschärfungen ist Teil des Kampfes für eine bessere Welt. Wir wissen, dass innerhalb des Kapitalismus ein menschenwürdiges Leben nicht möglich ist! Alle Gesetze die geschaffen wurden sollen das Alte manifestieren, daher können sie auch keinen Gradmesser für unser Handeln sein. Kommen wir zusammen, organisieren wir uns und leisten Widerstand gegen das was ist und noch kommen wird!

 

Samstag 07.07 um 13 Uhr, DGB-Haus Düsseldorf (HBF) Landesweite Demonstration in Düsseldorf #NoPolGNRW

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