Nach staatlicher Anerkennung als Opfer rechter Gewalt: Bündnis fordert Gedenktafel für Dieter Eich in Berlin-Buch – Gedenkdemo am 23. Mai

Regionen: 
Abstract: 
Vor wenigen Tagen wurde der im Jahr 2000 in Berlin-Buch von Neonazis ermordete Dieter Eich von der Polizei offiziell als Opfer rechtsmotivierter Gewalt anerkannt. Das Bündnis “Niemand ist vergessen” fordert nun mit einer Gedenkdemonstration zu seinem Todestag am 23. Mai eine Gedenktafel für Dieter Eich an dem Haus, in dem er gelebt hatte. Der 60-Jährige wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 2000 von vier Neonazis, die in seinem Hausaufgang eine Feier veranstalteten, erst verprügelt und später erstochen. Als Motiv gaben die Täter an, sie hätten während ihrer Party beschlossen, “einen Assi klatschen” zu wollen. Dafür suchten sie sich Dieter Eich als Opfer aus, der Sozialhilfeempfänger und alkoholkrank war.

Martin Stein, Sprecher des Bündnisses “Niemand ist vergessen”:

"Mit unserer Demonstration wollen wir die Erinnerung an Dieter Eich wachhalten. Wir wollen aber auch daran erinnern, dass er aufgrund der rechten Ideologie seiner Mörder sterben musste. Die Täter missachteten den 60-Jährigen als ‚unwertes Leben‘, weil sie in ihm einen ‚Assi‘ sahen. Dieter Eich ist leider nicht das einzige Opfer dieses Weltbildes, seit dem Mauerfall sind mindestens 26 Morde an Wohnungslosen in Deutschland nachweislich durch Neonazis verübt worden. Wir wollen auch darauf aufmerksam machen, dass Menschen nicht nur von Neonazis, sondern auch von der Mitte der Gesellschaft oft allein anhand ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bewertet werden. Das zeigt sich immer wieder bei der Diskussion um die Höhe von Hartz IV-Sätzen oder in der Debatte um Migration und sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge. Im Extremfall kostet diese Ideologie der Ungleichwertigkeit wie im Falle Dieter Eichs Menschenleben.”

Die Einordnung des Mordes in Berlin-Buch als rechte Tat sieht die Initiative “Niemand ist vergessen” auch als ihren Verdienst. Seit dem Mord an Dieter Eich gab es bis ins Jahr 2003 Gedenkdemos. 2007 griffen lokale AntifaschistInnen das Gedenken wieder auf. Seit 2010 arbeitet das die Initiative “Niemand ist vergessen” zu dem Mord.

Zur staatliche Anerkennung Dieter Eichs als Opfer rechter Gewalt ergänzt Martin Stein:

"Dieter Eich wurde 18 Jahre nach seinem Tod als Opfer rechter Gewalt anerkannt. Leider waren dafür erst die Mordserie des NSU und Druck von außen notwendig. In Berlin sind weiterhin andere Morde nicht aufgearbeitet: Wir fordern, dass bis zu einer entsprechenden Auseinandersetzung mit den tödlichen Schüssen auf Burak Bektaş und Luke Holland nicht wieder 18 Jahre vergehen."

“Niemand ist vergessen” ist ein Zusammenschluss antifaschistischer und linker Gruppen, deren diesjähriger Demonstrationsaufruf u.a. von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) Berlin, der Freien Arbeiter*innen Union Berlin (FAU), der Berliner Obdachlosenhilfe e.V. und der Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak Bektaş unterstützt wird.

Die Gedenkdemonstration beginnt am 23. Mai um 17.00 Uhr am S-Bahnhof Berlin-Buch und führt in die Walter-Friedrich-Straße 52, in der Dieter Eich gelebt hatte und wo er ermordet wurde. Die OrganistatorInnen erwarten 150 TeilnehmerInnen.

Bilder: 
webadresse: 
http://dietereich.niemandistvergessen.net/
Bündnis “Niemand ist vergessen”
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen