Mietenwahnsinn und Leerstand: Das Problem liegt tiefer

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Die Wohnungen in der Wilhelm-Raabe-Straße 4 sind nun bereits zwei Tage besetzt. Ein durch Polizei und Eigentümer erzwungenes Ende ist nicht in Sicht. Für uns steht fest: Wir bleiben. Bei unserem Hoffest heute waren den Tag über mehr als 150 Nachbarn und solidarische Menschen aus ganz Stuttgart. Es gab eine kleine Jam-Session und Bernd Riexinger, Bundesvorsitzender der Partei „Die Linke“ hat uns besucht, die Wohnungen besichtigt und uns seine Solidarität ausgedrückt.

Bei dieser Gelegenheit kamen wir in Gesprächen immer wieder darauf, was die eigentliche Ursache für die absurde Gleichzeitigkeit von Leerstand und Wohnraummangel ist. Darum wollen wir das hier ein wenig ausführen.

 

 

 

Platz gibt es genug

 

Die beiden besetzten Wohnungen sind zwei von mehr als 11.000, die in Stuttgart leer stehen. Wie viele andere auch, gehören sie häufig wechselnden Immobilienfirmen für die Wohnraum ein Spekulationsobjekt ist. Gerüchten zufolge soll das ganze Haus erst „entmietet“, dann saniert und schließlich völlig überteuert neu vermietet werden. Für die Immobilienwirtschaft ist das Tagesgeschäft, für die meisten Menschen, die auf mietbaren Wohnraum angewiesen sind, ist das ein Albtraum. In den großen Ballungsgebieten, in denen die Mieten seit Jahren steigen, kann es nahezu jedeN treffen.

 

Denn der Immobilienmarkt gilt im Vergleich zu vielen anderen Investitionsmöglichkeiten als ertragreich und risikoarm. Wegen zurückgehender Renditen im Zuge der noch nicht verdauten Wirtschaftskrise und dem generellen Absinken der Profitraten in den letzten Jahrzehnten wird hier immer mehr Geld hineingepumpt. Das führt unter anderem zu höheren Investitionen in Form von Sanierungen sowie Abrissen und Neubauten. Das Problem ist aber, dass nicht nach dem Bedarf der allermeisten Menschen in bezahlbaren Wohnraum für Viele investiert wird, sondern in teure Wohnungen, die sich nur wenige leisten können oder in Räume für (teure) Geschäfte. Denn das entspricht dem Bedarf der Investoren, die in „hochpreisigen Segmenten“ eine höhere Rendite erzielen können als auf dem Wohnungsmarkt für Niedrig- oder Normalverdienende.

 

Darum wird auch immer mehr bezahlbarer Wohnraum in dieses „hochpreisige“ Segment überführt. Sei es für den Abriss von Altbauten zwecks neuer Bauprojekte oder für die Sanierung ganzer Gebäude, oft ist dafür die „Entmietung“ von ganzen Wohnhäusern notwendig. Da diese in der Regel aber nur nach und nach erfolgen kann und oft Jahre dauert, stehen viele Wohnungen leer, bis auch die letzten MieterInnen aus dem Haus ausgezogen sind oder rausgeworfen wurden. Auch der Leerstand selbst ist oft ein Teil der Spekulationen. So verkaufen sich leere Häuser meist besser als voll vermietete, da der neue Eigentümer so freie Hand hat. Immer wieder stehen so auch ganze Häuser über Jahre leer, weil auf eine Preisentwicklung nach oben spekuliert wird.

 

Diese gibt es in Stuttgart, der zweitteuersten Stadt Deutschlands, freilich überall. Denn je mehr in einem Gebiet hochpreisig gebaut und renoviert wird, desto mehr steigt auch der Marktwert des Altbestandes. Denn durch die generierte Verdrängung von alten, weniger wohlhabenden Menschen gerade aus den Innenstadtvierteln werden diese für Besserverdienende attraktiver.

 

 

 

Das Problem ist das System

 

Dabei steigt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum für weniger Verdienende. Seit den Neunziger Jahren ist das Einkommen der allermeisten Menschen in Deutschland gesunken. Prekäre Anstellungen nehmen zu, der Niedriglohnsektor breitet sich aus. Der Grund dafür liegt genauso wie der für den Irrsinn auf dem Wohnungsmarkt im Kapitalismus. Immer mehr Kapital muss gewinnbringend investiert werden. Darum müssen unter anderem Löhne gedrückt und mit Wohnraum mehr Geld gemacht werden. Die Gesetze des Kapitalismus erzwingen das und lassen nichts anderes zu. In der zugespitzten Krise dieses Systems sind keine ernsthaften Reformen möglich, wie man am absoluten Scheitern der Mietpreisbremse der SPD mal wieder sehen kann. Diejenigen auf deren Arbeit das kapitalistische System fußt, ist die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter – unsere Klasse. Gleichzeitig sind wir es, die seine ärgsten Auswüchse zu tragen haben. Die Alternative zum Kapitalismus ist eine Gesellschaft die den Menschen dient und nicht dem Profit. Eine Gesellschaft mit dem Prinzip: Kein Mensch ohne Wohnung, keine Wohnung ohne Mensch. Eine Wirtschaft die an den Bedürfnissen der Menschen orientiert ist. Eine Gesellschaft ohne Kapitalismus. Dafür gehen seit Jahrzehnten Millionen Menschen auf die Straße, z. B. am 1.Mai. Also auf die Straße!

 

 

 

Kapitalismus überwinden – Heraus zum ersten Mai!

 

 

 

09:30 Uhr | Marienplatz | Antikapitalistischer Block auf der DGB-Demo

 

11:30 Uhr | Schlossplatz | Revolutionäre Demo

 

 

 

Mehr Infos: www.erstermai-stuttgart.tk

 

 

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