Ein Aufruf an die Betroffenen im Antifa-Ost-Verfahren und deren Umfeld.

Für die öffentliche Verbreitung von Ermittlungsmethoden und Ermittlungsergebnissen

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Hallo ihr Betroffenen im Antifa-Ost Verfahren! Hallo Umfeld!

 
seit nun fast 1,5 Jahren ist bekannt, dass die Bundesanwaltschaft nach dem §129 in Leipzig und darüberhinaus ermittelt.*2 Am Anfang haben vielleicht alle etwas naiv gehofft, dass der sonst  ausschließlich zum Schnüffeln benutzte Paragraf, wieder ins Leere laufen wird. Im Unterschied zu den 129er- Verfahren der letzten Jahre, wurde in diesem Fall Anklage erhoben. Aktuell sitzen 4 Menschen auf der Anklagebank. Weitere warten noch darauf, wann auch sie vor Gericht in Gera erscheinen müssen. Und die Ermittlungen laufen weiter...
 

 

Getroffen hat es Einige, gemeint sind wir Alle?!

Das Antifa- Ost- Verfahren ist eines der größten Ermittlungsverfahren der jüngeren         Vergangenheit in der BRD. Wir gehen davon aus, daß kein Halt davor gemacht wurde und wird, illegale Methoden bzw. Maßnahmen ohne rechtliche Grundlage anzuwenden, um einzelne auszuspähen und vermeintlich "dingfest" zu machen und, um die eigenen Ermittlungsthesen passend zu stützen.
       
Die  oft wiederholte Aussage "Getroffen hat es Einige, gemeint sind wir Alle" ist in diesem Verfahren spürbar real. Es geht nicht nur um die Kriminalisierung und Verurteilung einiger Weniger. Vielmehr geht es um eine generelle Kriminalisirung von militantem Antifaschismus und um die Aufdeckung von vermeintlichen Strukturen, das Ausspähen von Personenkonstellationen, die Zerschlagung jeglicher militanter und autonomer Widerstandsfähigkeit in der Stadt und darüberhinaus. Kurz gesagt Die Ermittlungen haben bei Einzelnen von euch vielleicht ihren Ausgangspunkt genommen, bei euch enden werden sie aber sicherlich nicht.

Wir stehen solidarisch hinter allen Antifaschist:innen, die vom Staat verfolgt, kriminalisiert und weg gesperrt werden! Solidarität ist für uns jedoch keine Einbahnstraße. Auch von euch als         Betroffenen und/oder eurem Umfeld, fordern wir ein solidarisches Verhalten.
Euer Umgang in dem Verfahren jedoch zeichnet sich vor allem durch eine fehlende         Informationsweitergabe und Intransparenz der Bewegung gegenüber aus. Jener Bewegung, die euch auf vielfältige Art und Weise seit Monaten ihre Solidarität ausdrückt. Sei es durch das Anreisen nach Dresden um die Plätze im Saal zu belegen, durch Demonstrationen, Soli-Tresen, die Prozessdokumentation, Redebeiträge, emotionalen Support, Spendensammlungen usw.
       
Bis heute gibt es keinen Text oder eine andere Veröffentlichung, auf die wir uns beziehen können. Wir wollen wissen, mit welchen Methoden die Ermittlungsbehörden unsere Bewegung zu bekämpfen versuchen. Und dass sie das v.a. in Sachsen besonders ungeniert betreiben, das müsst ihr leider momentan am eigenen Leib erfahren. Dennoch seid ihr nicht die einzigen Betroffenen des aktuellen und zukünftigen Ermittlungseifers der Bullen.
Wir als Bewegung sollten versuchen, aus den Akten solcher Ermittlungsverfahren so viel wie möglich zu lernen, denn daraus ließe sich ableiten, was auf Seiten der Behörden gerade, sowohl technisch als auch personell, möglich ist. Wir verfolgen die durch SAO veröffentlichten Prozessberichte und danken fürs ausführliche Mitschreiben! Das Protokoll der einzelnen Verhandlungs-Tage ersetzt für uns aber keineswegs die Auswertung der angewandten Ermittlungsmethoden, die sich aus den Akten ergeben würde. Zudem wird sich der Prozess noch ewig lange ziehen und viele relevante Themen und Komplexe werden erst zu späteren Zeitpunken verhandelt. Damit werden auch relevante Infos erst in späteren Prozessberichten auftauchen. In den Akten jedoch sind sie bereits jetzt ablesbar und könnten somit geteilt werden.  Oftmals fehlen auch die Zusammenhänge. Eine Veröffentlichung der bereits öffentlich verlesenen Anklageschrift wäre hier bspw. hilfreich. Natürlich nach Unkenntlichmachung von sensiblen privaten Details.
Kurzum: Die meisten "Informationen" erhalten wir bisher von unseren Feinden (Bullen, Nazis, einem Großteil der Presse) oder sie erreichen uns über Szenetratsch und Gerüchte. Wenn von euch nichts kommt, liegt es nahe zu spekulieren. Das halten wir für verdammt fahrlässig. Ihr lasst uns aber kaum eine andere Wahl.

 

Wir sind alle gemeint.

Glaubt ihr, dass sie mit euch neun Angeklagten das Interesse an Anderen verlieren?
Es wurde erst kürzlich bekannt, daß neue Leute in das Verfahren aufgenommen wurden *3  und immer wieder neue Anklagepunkte auftauchen. Die Ermittlungen laufen weiter,  nicht nur konkret gegen euch.
Egal wie viele sie von uns Allen verurteilen oder wegsperren, das Interesse daran uns Antifaschist:innen, Rebell:innen und "Linksterrorist:innen" zu jagen, wird immer bestehen bleiben. *4
 
Also veröffentlicht endlich die angewendeten Ermittlungsmethoden! Nur so können wir die         Schergen aus der Deckung holen. Nur so können wir uns schützen. Wir fordern euch hiermit erneut auf, transparent zu machen, was gelaufen ist und was vielleicht noch läuft. Und wir fordern Euch auf, all jene zu warnen, die in welcher Form auch immer in den Akten auftauchen. Sollte doch eigentlich selbstverständlich sein, oder nicht?
 
Vielleicht ist es Euch nicht aufgefallen, aber unsere Stadt ist verstummt. Die Anzahl an militanten Aktionen hat abgenommen und einige werden gemerkt haben, dass ihr soziales Umfeld geschrumpft ist. Dass alles lässt sich nicht ausschließlich mit der Pandemie erklären. Die anhaltende Repression sitzt allen im Nacken. Es herrscht eine Art Schockstarre. Wir sehen auch bei Euch Verantwortung, diese Starre durch adäquate Informationsweitergabe zu durchbrechen! Nehmt Eure Verantortung ernst und zeigt Euch solidarisch.

 

Solidarische Grüße,
Wir sind alle 129

 

 

 

 
*1         https://de.indymedia.org/node/143368
*2         https://www.antifainfoblatt.de/artikel/der-generalbundesanwalt-ermittlt-...
*3         https://www.soli-antifa-ost.org/neue-vorwuerfe-altes-konzept-razzia-der-...

UND         https://www.soli-antifa-ost.org/hausdurchsuchungen-im-kontext-des-antifa...
*4         https://www.focus.de/politik/sicherheitsreport/polizei-kuendigt-weitere-...

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Ergänzungen

Das ist echt nicht gut, Genoss:innen (falls das hier kein Bullenfake ist, um die Beschuldigten in Misskredit zu bringen, indem sie Akten in einem laufenden Verfahren veröffentlichen, bei dem auch noch klar ist, dass da ein großes Augenmerka draufliegt, u.a. wg Verfahren von Datenweitergabe). Ihr sagt, es geht euch um Infos zum Repressionsgeschehen, weil sich mit diesen besser geschützt werden kann. Aber wofür braucht ihr das? Es sind alle Sicherheitsstandarts bezüglich Repression bekannt. Dafür braucht ihr keine zusätzlichen Infos. Falls euch das alles nicht bekannt ist, belest euch dazu erstmal.

Ihr seid einfach nur neugierig. Ziemlich miese Tour übrigens, die Beschuldigten auch noch moralisch unter zu setzen mit Verweis auf eine Verpflichtung gegenüber anderen. Solche Genoss:innen braucht keiner.

Wer wissen will welche Mittel der Staat anwendet, z.B. hier:

https://www.berlin.rote-hilfe.de/%C2%A7129-die-lizenz-zur-totalen-ueberw...

https://de.indymedia.org/node/168564

https://einstellung.so36.net/de/ps/1773.html

Oder einfach mal Googlen oder noch besser im Infoladen stöbern. Das ist alles weder besonders neu, noch kreativ.

Wenn Aktionen abnehmen hat das ja vielleicht auch mit einer inhaltlichen Schwäche der Bewegung in Leipzig zu tun. Siehe leerstellen beim anarchistischen Kongress oder simple Aufrufe und ausgebliebene Debatten üder Aktionsformen der letzten Zeit. Hass auf die Bullen und das Schweinesystem mag als subkulturelle Geste ja schick sein, ist aber kein nachhltiger und empowernder Aktionismus. Sicher hat abnehmender Aktionismus es aber nichts mit sinnvollem Verhalten von Beschuldigten von Verfahren zu tun: Anna und Arthur haltens Maul.