Solidarity with Syrena collective in Warsaw! // Solidarität mit dem Syrena-Kollektiv in Warschau!

Emailadresse: 
L206@riseup.net
Abstract: 
We heard the news from Warsaw with anger and shock. We are sending solidarity and strength to the Syrena collective. Such a brutal, violent and patriarchal attack by mainly cis-men on a feminist collective with the aim of bringing a violent, sexist, trans* and homophobic resident back inside is so contrary to what we are fighting for that we can hardly believe it. Sadly, though, it shows above all that for many people such patriarchally violent behavior seems to present no contradiction to their radical leftist, anarchist identities. What the fuck?!

The description of the attack by the Syrena collective (https://syrena.org/en/atak-na-kolektyw-syrena-oswiadczenie-dotyczace-wydarzen-z-5-12) leaves us speechless – about the attack, about what it expresses, and about the legitimization that the Rozbrat collective, among others, provides to this attack. The narrative of reversing perpetrator and victim appears again and again when people defend themselves against forms of domination that oppress them. The fact that here, too, parts of the scene are pulling this trick in order to justify antifeminists beating out a queer-feminist collective gives us anger and nausea.
 Our solidarity is with Syrena and with all other victims of patriarchal violence! For us this also means to fight for structures in which similar things cannot happen again and to do everything so that those affected feel encouraged to talk about patriarchal violence within our structures and can make demands with the certainty of finding support. Only pointing the finger at others or condemning society as the abstract other always has the function of rejecting responsibility for structural violence. Our spaces and contexts are not an outside of this society. It is the same relations of power and domination. Queer feminism therefore means having to fight against sexism, trans* and homophobia in society and in our own scene. As if the former wasn’t already enough.   Because we know that it is structural power relations that lead to assaults, sexualized violence and hierarchies along gender, our dealing with it has to be also structural and collective. This is also meant as a note to all cis-male comrades. There is no neutrality in this power relationship. To be „neutral“ often means protection of perpetrators. Refusing to confront your own privileges and masculine identity means betraying the FLINTA*s who are around you. In Berlin, too, incidents of sexualized and patriarchal violence have recently been made public again and again. A movement that sees itself as (pro)feminist must not open its eyes and call for consequences only after an outing. Patriarchal conditions and patriarchal-violent behavior must be constantly reflected upon, criticized, and worked on, and not only when they are being problematized by FLINTA*s or queer-feminist collectives. Nor must we accept when sabotage of feminist practices is legitimized with supposed anti-authoritarianism. A liberated society does not exist, nor is it, unfortunately, within reach. We need queerfeminist tools to dismantle the existing relations of domination and to develop practices that enable emancipation from them. Our solidarity is with the Syrena collective and all others who resist patriarchal, anti-feminist, trans* and homophobic violence and fight for a better world for all! Smash patriarchy in society and in our movement! Let’s make queerfeminism a threat! For a queerfeminist future! 


 Mit Wut, Fassungslosigkeit und Erschrecken haben wir die Nachrichten aus Warschau gehört. Wir senden solidarische Grüße und Kraft an das Syrena Kollektiv. Ein so brutaler, gewalttätiger und patriarchaler Angriff von hauptsächlich cis-Männern auf ein feministisches Kollektiv mit dem Ziel einen gewalttätigen, sexistischen, trans*- und homofeindlichen Bewohner wieder ins Haus zu prügeln ist so verdammt konträr zu dem, wofür wir kämpfen, dass wir es kaum glauben können. Traurigerweise zeigt es aber vor allem, dass ein solch patriarchal gewaltvolles Verhalten für viele Menschen scheinbar keinen Widerspruch zu ihrer linksradikalen, anarchistischen Identität darzustellen scheint. What the fuck?!
 
Bei der Beschreibung des Angriffs vom Syrena-Kollektiv (https://syrena.org/en/atak-na-kolektyw-syrena-oswiadczenie-dotyczace-wyd...) verschlägt es uns die Sprache - über den Angriff selbst, über das was sich in ihm ausdrückt und die Legitimation, die u.a. das Rozbrat-Kollektiv diesem Angriff verschafft. Das Narrativ der Täter-Opfer-Umkehr taucht immer wieder auf, wenn sich Menschen gegen sie unterdrückende Herrschaftsformen zur Wehr setzen. Auch hier wird dieser Trick von Teilen der Szene aus der Mottenkiste geholt, um zu rechtfertigen, dass Antifeministen ein queerfeministisches Kollektiv rausprügeln. Das macht uns unfassbar sauer und erzeugt Brechreiz.
 
Unsere Solidarität ist mit Syrena und mit allen anderen Betroffenen patriarchaler Gewalt! Das bedeutet für uns auch, Strukturen zu erkämpfen, in denen sich Ähnliches nicht wiederholen kann und alles dafür zu tun, dass Betroffene sich ermutigt fühlen über Gewalt innerhalb unserer Strukturen zu sprechen und mit der Gewissheit, Unterstützung zu finden, Forderungen stellen.
 
Nur mit dem Finger auf andere zu zeigen oder die Gesellschaft als das abstrakt Andere zu verurteilen, hat immer auch die Funktion Verantwortung an struktureller Gewalt von sich zu weisen. Unsere Räume und Zusammenhänge sind kein Außen dieser Gesellschaft. Es sind die gleichen Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die sie durchziehen. Queerfeminismus bedeutet daher gegen Sexismen, Trans*- und Homofeindlichkeit in der Gesellschaft und der eigenen Szene kämpfen zu müssen. Als ob ersteres nicht schon Aufgabe genug wäre.  
 
Weil wir wissen, dass es strukturelle Verhältnisse sind, die Täterverhalten produzieren und rechtfertigen, muss unser Umgang damit kollektiv sein. Das ist auch ein Hinweis an alle cis-männlichen Gefährten. Es gibt keine Neutralität in diesem Machtverhältnis. Sich „neutral“ zu verhalten, bedeutet im Zweifelsfall häufig Täterschutz. Sich zu weigern, sich mit den eigenen Privilegien und der eigenen männlichen Identität auseinanderzusetzen, bedeutet Verrat an den FLINTA*s, die sich in eurem Umfeld bewegen.
 
Auch in Berlin sind in der letzten Zeit immer wieder Vorfälle sexualisierter und patriarchaler Gewalt öffentlich gemacht worden. Eine Szene, die sich als (pro)feministisch begreift, darf nicht erst bei einem Outing die Augen öffnen und erschrocken nach Konsequenzen rufen. Patriarchale Zustände und gewaltvolles Verhalten müssen ständig reflektiert, kritisiert und bearbeitet werden und nicht erst wenn sie durch FLINTA*s oder queer-feministische Kollektive problematisiert werden.
 
Auch dürfen wir nicht akzeptieren, wenn Sabotage feministischer Praxen mit vermeintlichem Antiautoritarismus legitimiert wird. Eine befreite Gesellschaft gibt es nicht, sie liegt auch leider nicht in greifbarer Nähe. Wir brauchen queerfeministische Werkzeuge um existierende Herrschaftsverhältnisse abzubauen. Wir brauchen Praxen, die uns einen emanzipativen Umgang mit diesen Verhältnissen ermöglichen.
 
Unsere Solidarität gilt dem Syrena-Kollektiv und allen anderen, die sich gegen patriarchale, antifeministische, trans*- und homofeindliche Gewalt zur Wehr setzen und für eine bessere Welt für alle kämpfen! Gegen den patriarchalen Normalzustand in Gesellschaft und Szene! Für ein queerfeministsches Drohpotential! Für eine queerfeministische Zukunft!
webadresse: 
https://linie206.blackblogs.org/
Linie206
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen