Subject: Verfassungsschutz schreddern! - Besuch beim Institut für Demokratieforschung in Göttingen am 11.11.2017

Nach dem Auffliegen des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) hat der
Verfassungsschutz (VS) alles dafür getan sein Verhältnis zum rechten
Terrornetz zu vertuschen. Unter anderem ließ er in Köln am
11.11.2011 Aktenberge schreddern, die im Zusammenhang mit dem NSU
standen.

Um daran zu erinnern, sind wir heute, 6 Jahre nach besagter großen
Schredderaktion zum Institut für Demokratieforschung Göttingen auf dem Unicampus
gegangen und haben Berge von Papier-Schredder ausgeschüttet.

Denn die neu eingerichtete „Dokumentationsstelle zur Analyse und Bewertung
von Demokratiefeindlichkeit und politisch motivierter Gewaltbereitschaft
in Niedersachsen“ des Instituts arbeitet mit und für den
Verfassungsschutz. Damit legitimiert sie seine Arbeit – egal ob sie ihm
gegenüber kritisch oder partnerschaftlich eingestellt ist.

 

 

 

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Warum haben wir heute, am 11.11.2017, Berge von geschreddertem Papier
vor dem Institut für Demokratieforschung in Göttingen ausgeschüttet?

Nach dem Auffliegen des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) hat der
Verfassungsschutz (VS) alles dafür getan sein Verhältnis zum rechten
Terrornetz zu vertuschen. Unter anderem ließ er in Köln vor 6 Jahren, am
11.11.2011, Aktenberge schreddern, die im Zusammenhang mit dem NSU
standen. Wahrscheinlich bezogen sich die Akten auf einen Zeitraum von 6
Jahren (von 1997 bis 2003).
Für den Verfassungsschutz hatte dieses Handeln keine Konsequenz – weder
wurden juristische Schritte eingeleitet noch führte es dazu, daß
Strukturen offen gelegt werden mußten. In den folgenden Jahren blieb der
VS bei seiner Strategie des Vertuschens und sabotierte die Aufklärung
der Verbrechen des NSU.

Um daran zu erinnern, sind wir heute, 6 Jahre nach besagter großen
Schredderaktion zum Institut für Demokratieforschung Göttingen auf dem Unicampus
gegangen und haben Berge von Papier-Schredder ausgeschüttet.

Anfang November 2016 hat der niedersächsische Innenminister Boris
Pistorius die sogenannte „Dokumentationsstelle zur Analyse und Bewertung
von Demokratiefeindlichkeit und politisch motivierter Gewaltbereitschaft
in Niedersachsen“ an der Universität Göttingen eröffnet.
Die „Dokumentationsstelle“ ist im Göttinger Institut für
Demokratieforschung angesiedelt und soll die Publikationen des
Verfassungsschutzes analysieren und gleichzeitig selbst zu den Themen
Linksextremismus, Rechtsextremismus und Islamismus forschen.
Was sie recherchiert, will sie wiederum dem Verfassungsschutz zur
Verfügung stellen. Dieses nun bundesweit einmalige Projekt hat sich die
Aufgabe gesetzt den Verfassungsschutz „kritisch“ zu begleiten.
Zudem wurde im Sommer 2017 ein weiteres Projekt am Institut für
Demokratieforschung angesiedelt, das linke Militanz erforschen soll.
Damit bedient das Institut den seit Jahren gebetsmühlenartig
wiederholten Dreiklang der Demokratiefeindlichkeit und des Extremismus.
Dahinter steckt die Idee, dass die ausgedachte (demokratische) Mitte der
Gesellschaft von allen Seiten (von links, rechts und seit ein paar
Jahren vom islamischen Fundamentalismus) gleichermaßen angegriffen wird.
Das ist eine Strategie, permanente Gewalt (zum Beispiel weltweite
wirtschaftliche Ausbeutung, Krieg, Rüstungsexporte, rassistische
Gesetzgebung, Abschiebung,...), die vom Staat - nach innen wie nach
außen - ausgeht zu legitimieren und zu normalisieren.   

Pistorius betonte auf der Eröffnungsveranstaltung, der Verfassungsschutz
gehöre „in die Mitte unserer Gesellschaft.“ Seit der Selbstenttarnung
des NSU versuchen Regierungsvertreter_innen die  Legitimationsgrundlage
für den Verfassungsschutz auszubauen, der zumindest ein Zeit lang in der
öffentlichen Kritik stand. Dabei wurden dem deutschen Geheimdienst in
der sogenannten Verfassungsschutzreform letztlich noch weitreichendere
Rechte eingeräumt. Das bedeutet, daß sich überhaupt nichts geändert hat
und sich auch nichts ändern soll.

Der Verfassungsschutz wurde 1950 gegründet und war ein Sammelbecken für
Naziverbrecher_innen, vor allem aus der SS, dem Sicherheitsdienst SD und
der Gestapo. Von Anfang an war der VS vor allem antikommunistisch und
ein Netzwerk sich gegenseitig schützender Nazis, die zum großen Teil
auch schon in Nazi-Deutschland ähnliche Positionen besetzt hatten und
nun die Aufgabe hatten, gegen Kommunist_innen und andere Linke
vorzugehen.
Bis heute ist der VS eine Vereinigung, die seit Jahrzehnten
neonazistische Gruppen und Strukturen aufbaut und gleichzeitig
antifaschistische Aktivitäten angreift und kriminalisiert.

Es ist schwer konkret nachzuvollziehen wann der VS in welcher Art und
Weise in rechte Strukturen involviert ist, bzw. wo überhaupt die Grenze
zwischen Neonazis und Geheimdienst verläuft. Gerade weil es die Aufgabe
von Geheimdiensten ist, im Geheimen zu arbeiten ohne in der
Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten.
Alles was seit der Selbstenttarnung des NSU herausgefunden wurde,
spricht dafür, daß wir annehmen können, daß der Staat durch manche
seiner Institutionen direkt mit Neonazis zusammenarbeitet und daher
Verantwortung trägt, wenn Menschen verletzt, getötet und kriminalisiert
werden.

Der Verfassungsschutz hat über Jahre den NSU gedeckt, aufgebaut oder ihm
freie Hand bei einer rassistischen Anschlags- und Mordserie gelassen.
Der NSU hat 10 Menschen ermordet, dutzende verletzt und traumatisiert.
Die Opfer und deren Angehörige wurden über Jahre verdächtigt, bespitzelt
und in der Gesellschaft als vermeintliche Täter_innen stigmatisiert.
All das konnte nur geschehen weil die ermittelnde Polizei, die Medien
und viele Politiker_innen auf den permanenten Rassismus in der
Gesellschaft zurückgreifen konnten und weil rechte Gewalt verharmlost
oder geleugnet wird, obwohl sie als Teil der Gesellschaft allgegenwärtig
und alltäglich ist.

Die neue Dokumentationsstelle in Göttingen arbeitet mit und für den
Verfassungsschutz. Damit legitimiert sie seine Arbeit – egal ob sie ihm
gegenüber kritisch oder partnerschaftlich eingestellt ist.

Wir wollen keinen besser kontrollierten oder reformierten
Verfassungsschutz, wir wollen überhaupt keinen!

*Keine Zusammenarbeit mit der Dokumentationsstelle - Anna_ und Arthur_
halten wie immer den Mund!*

**Verfassungsschutz schreddern!**

***Kein Schlußstrich! NSU-Komplex aufklären und auflösen!***

Vor mehr als 4 Jahren begann in München der Prozeß gegen Beate Zschäpe,
André Eminger, Holger Gerlach, Ralf Wohlleben und Carsten Sch.
Am Tag der Urteilsverkündung wollen wir mit euch auf die Straße gehen.
Denn für uns bedeutet das Ende des Prozesses nicht das Ende der
Auseinandersetzung mit dem NSU und der Gesellschaft, die ihn möglich
machte.

Weitere Infos findet ihr hier:

https://nsuprozess.net
https://www.nsu-watch.info
http://www.nsu-tribunal.de

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-nc-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen - nicht kommerziell