Riots not roses - gegen Kapitalismus und Patriarchat!

Anlässlich des alljährlichen Valentinstages ist es uns wichtig mal wieder aufzuzeigen, was für ein mieses Stück Scheiße das Patriarchat ist - und inwiefern dies mit der idealisierten Vorstellung der romantischen monogamen Zweierbeziehung, dem Staat und dem Kapitalismus zusammenhängt. Wir kritisieren, dass die romantische monogame Zweierbeziehung unhinterfragt unterdrückende, gesellschaftliche Norm ist! Wir kritisieren, dass diese durch (cis-hetero) Ehe als klassistisches, rassistisches, heterosexistisches, amatonormatives Konstrukt staatlich institutionalisiert und privilegiert ist! Wir kritisieren, dass dies auch noch perfekt vom Kapitalismus kommerzialisiert wird! Die abgefuckte Verstrickung von Patriarchat, Kapitalismus und Staat als drei zentrale Unterdrückungsstrukturen wird hier mehr als deutlich! Smash patriarchy! Stay queer, stay rebel!

1. Kritik an romantischen monogamen Zweier-Liebesbeziehungen

Am alljährlichen 14.02. geht es um Liebe, Liebe und nochmal Liebe. Klingt ja erstmal ganz nett - doch geht es dabei nur um Liebe in Form der cis-heteronormativen Zweier-Beziehung, die sich ganz nebenbei perfekt in unserer patriarchalen und konsumgeprägten Gesellschaft vermarkten lässt!

Es handelt sich hierbei um die bekannte Zweier-Konstellation aus einem cis Mann* und einer cis Frau, die romantische und sexuelle - und sehr viele andere Bedürfnisse - ausschließlich in dieser Zweierbeziehung ausleben und erleben. Dieses stark romantisierte Bild einer "besonderen Bindung" führt zu Exklusivität und einer Normalisierung von Besitzansprüchen an eine andere Person. Nicht umsonst wird in Liebesliedern und -geschichten immer wieder die Vorstellung reproduziert, dass der Mensch SEINE zweite Hälfte im Laufe des Lebens in Form einer anderen Person finden wird. 

Trotz angeblicher Gleichberechtigung spielen traditionelle Geschlechterverhältnisse die Hauptrolle: Es ist schon wieder der Mann, dessen Bedürfnisse erfüllt werden sollen und der ergänzt wird durch "die Frau an seiner Seite". Während der Mann sich mit einem hübschen Objekt - der Frau - schmücken kann, hat diese die Aufgabe, sich um ihn zu kümmern, ihn zu verstehen: also kostenlose, einseitige Sorgearbeit zu leisten! Dies ist Ausdruck der patriarchalen und gewaltvollen Verhältnisse, in denen wir leben - echt zum Kotzen! 

Diese Zweisamkeit wird naturalisiert, sie gilt also omnipräsent als "normal", obwohl diese faktisch selten funktioniert - sodass heutzutage von "serieller Monogamie" gesprochen bzw. diese gelebt wird. Auch durch das allgemein verbreitete Paradigma "Kämpfe um deine Liebe", "stick to your man" usw., werden die hierarchischen, patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft gefestigt und nicht infrage gestellt - darüber hinaus sogar in dieser Zweier-Konstellation reproduziert!  Dabei ist diese aktuell vorherrschende Form der (Liebes-)Beziehung ein Konstrukt, das erst im 19. Jahrhundert in der bürgerlichen, kapitalistischen Gesellschaft des globalen Nordens populär wurde. Das basiert auf cis- und heteronormativen* Vorstellungen von Zusammenleben und Zusammensein. Das ist Bullshit und alles andere als zeitgemäß. Wir lassen uns nicht mehr von veralteten Rollenbildern und Normen steuern! Und erst recht nicht von irgendwelchen Mackern vorschreiben, wie wir zu leben und zu lieben haben! Es kotzt uns an! Kampf allen Machtstrukturen! Für Selbstbestimmung und Autonomie!

Wir kritisieren diese einseitige Präsentation von Mononormativität* und Amatonormativität*! Wir fordern mehr Sichtbarkeit und mehr Mitdenken von "alternativen" Beziehungsmodellen! Mit welchen Lebens- und Liebensformen sie sich wohlfühlen, können allein die beteiligten Menschen gemeinsam entscheiden - jede Lebens- und Liebesform, die auf Konsens beruht, sollte gewertschätzt werden!

Freundschaftszentriert? Polyamorös? Allein oder in einer großen Gemeinschaft? DU entscheidest! Gegen die Unsichtbar- und Gleichmachung von L(i)ebesformen in dieser Gesellschaft!

 

2. Kritik an staatlicher Institutionalisierung

Damit aber nicht genug, denn dann kommt natürlich auch noch der Staat um die Ecke und will mitmischen!

Durch den Staat wird ganz klar eine Beziehungsform unterstützt: Die Ehe zwischen heterosexueller cis Frau und cis Mann. Es ist kein Zufall, dass der Staat genau die bürgerliche Kleinfamilie unterstützt, die im Kapitalismus die effektivste Form des Zusammenlebens ist. Der Kapitalismus greift auf die Ehe als "natürlichen" Ort für Reproduktionsarbeit zurück. Es ist kein Geheimnis, dass dies - z.B. allein schon durch die Trennung und geschlechtsabhängige Zuweisung von Erwerbs- und Hausarbeit - zu einer Verschärfung der Ungleichheit der Geschlechter geführt hat. Und diese patriarchalen Machtverhältnisse fördert der Staat bis heute, indem er unzählige Privilegien an die Ehe knüpft: Aufenthaltsrecht, finanzielle Bevorzugung z.B. über Steuervorteile, Adoptions- und Sorgerecht, Zuschüsse für Kinderwunschbehandlungen und weitere Rechte, die z.B. die Verantwortung für nahestehende Personen betreffen.

All das sollten eigentlich gar keine Privilegien sein, sondern grundlegende Rechte, die für alle gelten, unabhängig von ihren Beziehungen oder davon, ob sie heiraten wollen und vor allem überhaupt können! Denn auch wenn überall die Rede von der "Ehe für alle" ist, können aufgrund von queerfeindlichen, rassistischen, mono- und amatonormativen Strukturen noch lange nicht alle heiraten. Die staatlich institutionalisierten Privilegien der Ehe stehen also ausschließlich einer bestimmten Beziehungsform (der romantischen monogamen Zweierbeziehung) zu. Und während manche Menschen vom Staat dazu ermuntert werden zu heiraten, wird es gleichzeitig vielen Menschen aufgrund von Rassismus, Klassismus (d.h. struktureller Diskriminierung und Marginalisierung in Bezug auf soziale und/oder bildungspolitische Position), Ableismus (d.h. struktureller Diskriminierung und Be_hinderung von Menschen in Bezug auf Fähigkeiten) und Queerfeindlichkeit strukturell erschwert bis unmöglich gemacht, zu heiraten. Hier wird ganz deutlich, welche Beziehungen von welchen Menschen für den deutschen Staat unterstützenswert sind und welche nicht, wer sich für den deutschen Staat vermehren soll und wer nicht. Da können wir nur kotzen! Die Ehe ist ein klassistisches, rassistisches, heterosexistisches, amatonormatives Konstrukt!

Das wird hier in Bremen gerade zum Beispiel auf ekelhafte Weise deutlich, wenn die Behörden Schwarzen Müttern und ihren Kindern die Geburtsurkunden und damit auch die Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Verbindung von rassistischen und patriarchalen Strukturen verwehrt. Die Mütter müssen in aufwändigen, teuren und vor allem erniedrigenden Überprüfungsverfahren für ihre Rechte und die ihrer Kinder kämpfen und sind dabei der rassistischen und patriarchalen Willkür des Staats ausgeliefert (siehe https://togetherwearebremen.org/enough-is-enough-papers-for-all-the-babies/).

Wir fordern die Abschaffung der Ehe als staatliche Institutionalisierung und Privilegierung der romantischen monogamen Zweierbeziehung zwischen cis Frau und cis Mann! Wir fordern, dass Sachen wie Geburtsurkunden, Aufenthaltsrecht und andere Rechte gar keine Privilegien mehr sind, sondern selbstverständlich für alle Menschen gelten! Wir fordern die Abschaffung der Ehe als Ort von Privilegien und am besten die Abschaffung des Staats gleich mit dazu! Denn Befreiung bedeutet nicht mehr Staat für alle, sondern keinen Staat mehr!

3. Kritik an kapitalistischer Kommerzialisierung von Beziehungen

Doch wo der deutsche Staat ist, ist auch der Kapitalismus nicht weit und so steht der Valentinstag symbolhaft für das kapitalistische Unterdrückungssystem!

Die patriarchale Unterdrückung von Frauen und Queers ist eng verstrickt mit dem kapitalistischen System. Romantische und sexuelle Exklusivität kann konsensual und bedürfnisorieniert sein - ist aber meist erneut Ausdruck von Besitzansprüchen und Machtverhältnissen. Das für den Kapitalismus unerlässliche Denken in Eigentum und Besitz wird somit auf Menschen und deren Beziehungen übertragen. So sorgte der Kapitalismus für die Enstehung der bürgerlichen Kleinfamilie, welche perfekt in die Norm der romantischen monogamen Zweierbeziehung von cis Frau und cis Mann passt und deren Bestand garantiert. Der Valentinstag wird dabei in die kapitalistische Logik eingegliedert, vereinnahmt und kommerzialisiert. Wie wir es im Kapitalismus gewöhnt sind, steht dabei Kapital und Konsum immer über dem Wohlbefinden von Menschen. Die Massen an Geschenken, wie Schokolade oder Rosen, werden unter menschenverachtenden Produktionsbedingungen hergestellt, vor allem in Ländern des globalen Südens. Wieder einmal läuft der Konsum und Wohlstand von Ländern des Globalen Nordens wie Deutschland über die Ausbeutung des Globalen Südens!

Das kapitalistische System kann nur aufrecht erhalten werden, wenn Menschen - aufgrund von geschlechtlichen und rassifizierten Zuschreibungen- in prekären Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnissen stehen, um den Gewinnern des Systems durch Lohn- und Carearbeit unfreiwillig "zuzuarbeiten". Nur durch die bestehende und bewusst aufrecht erhaltene Ungleichheit im Kapitalismus können Profite generiert werden. Somit richtet sich unser Kampf auf die Abschaffung des kapitalistischen Systems, denn erst dann kann eine solidarische Gesellschaft entstehen!

Wir kritisieren die rassistischen und sexistischen Verwertungslogiken des Kapitalismus!
Wir fordern das Ende der ekelhaften kapitalistischen Instrumentalisierung und Ausbeutung, das sich gewaltvoll und autoritär in zwischenmenschliche Beziehung einschleicht!

Kämpferische Grüße aus Bremen

* cis beschreibt, dass Menschen sich mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde und wird gesellschaftlich stark als Norm angesehen. Daraus entstehen entsprechende Privilegien.
* cisnormativ = Norm in der Gesellschaft, die davon ausgeht, dass alle Menschen das Geschlecht haben, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde und sich somit innerhalb der Binarität von weiblich (Frau) - männlich (Mann) verorten
*heteronormativ = Norm in der Gesellschaft, die davon ausgeht, dass alle Menschen heterosexuell seien
* Mononormativität steht fü
r die vorherrschende gesellschaftliche Struktur, bei der nur monogame Beziehungen als richtige und gute Beziehungen gelten
* Amatonormativität beschreibt die Überzeugung, dass romantische Beziehungen grundsätzlich wertvoller als andere Arten von Beziehungen wie Freund*innenschaften sind und diese anzustreben sind. Dies ist u.a. für a_romantische Menschen problematisch

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