(B) Querdenken an Silvester

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Seit Wochen mobilisieren bundesweit Querdenken-Gruppen für Silvester nach Berlin, um erneut gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Wie schon am 29. August oder am 18. November, ist auch diesmal wieder mit der Beteiligung organisierter Neonazis in größerer Anzahl zu rechnen.

Während sich das linksradikale Demobündnis „Back to the future“ (1) am kleinsten gemeinsamen Nenner - nämlich an der Frage was Solidarität zu Corona-Zeiten bedeutet -  zerlegt hat (2), läuft die Mobilisierung von Querdenken nach Berlin unvermindert weiter (3). Der Senat hat mit dem generellen Demoverbot zum Jahreswechsel (31. Dezember und 1. Januar) und den gestern beschlossenen Aufenthalts- und Böllerverboten (4) lediglich dafür gesorgt, dass die geplante Versammlung um einen Tag, auf den 30. Dezember, verschoben wurde. Auch diese Demo hat die Berliner Polizei heute Abend (23.12.) mit dem Verweis auf § 15 Abs. 1 (Versammlungsgesetz) untersagt, da die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sei (5). Querdenken wird es sich einerseits nicht nehmen lassen dagegen zu klagen und ein größerer Anteil der Anhänger*innen wird im Zweifel auch ungenehmigt demonstrieren.

Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Großdemo von Querdenken am Mittwoch, den 30. Dezember stattfinden wird. Losgehen soll es um 15 Uhr auf der westlichen Seite des Brandenburger Tors. Die Route führt über die Straße des 17. Juni zum Großen Stern immer geradeaus bis zum Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg (6). Die Organisation hat der Berliner Ableger von Querdenken30 rund um Monica Felgendreher und Christian Reuter (beide im Bild) übernommen. Dieser fiel bisher durch die wöchentlichen Kundgebungen Samstags um 15 Uhr auf dem Alexanderplatz und die Autokorsos immer Montags, 19 Uhr vom Messeparkplatz Nord 1 auf. Insgesamt ist die Gruppe bisher nicht sehr mobilisierungsstark gewesen. Doch aufgrund der bisherigen Ankündigungen für den Tag könnte sich das ändern. Es braucht Erfolge, denn die Beteiligung an den Corona-Aktionen in Berlin nimmt eher ab. Zuletzt versammelten sich am 20. Dezember knapp 600 Personen zum „Schweigemarsch“ (7). Einen Monat zuvor hat noch eine größere vierstellige Personenzahl an der Aktion teilgenommen. Aufgrund der generellen Mobilisierungsschwäche wird nun immer Montags zum dezentralen Kerzenhalten ab 18 Uhr unter dem Motto „Ein Licht für die Demokratie“ aufgerufen. Die Orte sind u.a. in Köpenick (Tram-Station „Freiheit“), Mitte (am Berliner Dom), in Britz (Dorfkirche Britz), Zehlendorf (Pauluskirche), Charlottenburg (Prinz-Albrecht-Denkmal) und Pankow (Alte Pfarrkirche „Zu den Vier Evangelisten“).

Mit der Silvester-Aktion will Querdenken nochmal alle Kräfte bundesweit bündeln und über interne Streitigkeiten (z.B. zu der Frage wer an den Protesten verdient (8)) hinwegkommen. Honk4Hope, die Busfahrer*innen, die das breite Spektrum der Corona-Protestler*innen zu den Demos transportieren bieten ihre „Zwei-Tages-Tour“ weiterhin an. Für die Silvester-Sause am 31.12. in Berlin wird trotz Versammlungsverbot in Telegram-Listen und mindestens von der rechtsgedrehte „Roten Fahne“ (inkl. Generalstreik) aufgerufen (9). Trotz aller Einschränkungen ist der 31. Dezember also für dieses Spektrum und seinen Neonazianhang nicht vom Tisch. An der Gefährlichkeit zweifelt nicht mal mehr die Bundesregierung: In der Beantwortung einer Kleinen Anfrage heißt es „Auch vor dem Hintergrund einer möglichen Radikalisierung des Protestgeschehens insgesamt sind Straf- und Gewalttaten von Rechtsextremisten bzw. 'Reichsbürgern und Selbstverwaltern' im Rahmen von Protestveranstaltungen jedoch einzukalkulieren.“ (10) Selbst wenn es nicht zu einem Großevent in Mitte und Charlottenburg kommen wird, ist nicht auszuschließen, dass sich einzelne anreisende Gruppen an anderen Orten in der Stadt treffen, um Stress zu machen.

Und was macht die Gegenbewegung? Zumindest eine symbolische Gegenkundgebung fernab des Geschehens am Rosa-Luxemburg-Platz wurde ebenso auf den 30. Dezember vorverlegt. Diese startet um 14:30 Uhr (11). Es wird auch noch weitere kleine Kundgebungen und einen Fahrradkorso unter dem Motto „Das Impfimperium schlägt zurück“ rund um das Aufmarschgebiet Tiergarten geben.

(1) https://werhatdergibt.org/2021solidarisch/
(2) https://de.indymedia.org/node/127372
(3) https://www.berliner-zeitung.de/news/querdenken-will-schon-am-30-dezembe...
(4) https://www.tagesspiegel.de/berlin/silvester-unter-corona-bedingungen-be...
(5) https://www.rnd.de/politik/berlin-polizei-verbietet-querdenken-demo-auch...
(6) https://berlin-gegen-nazis.de/versammlungsverbot-am-31-12-01-01-und-vers...
(7) https://www.rbb24.de/politik/thema/2020/coronavirus/beitraege_neu/2020/1...
(8) https://jungle.world/artikel/2020/50/querdenken-muss-sich-lohnen
(9) https://rotefahne.eu/2020/12/demokratiebewegung-2021-zum-jahr-des-genera...
(10) https://www.ulla-jelpke.de/wp-content/uploads/2020/12/KA-19_24613-1.pdf
(11) https://berlingegenrechts.de

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Ergänzungen

Für euch zum Fest des Tages: eine Demo mehr gegen Querdenken für ein besseres Morgen!

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2020 war für die meisten von uns ein Scheißjahr, wir können es nicht anders sagen. Doch wir müssen endlich raus aus der Starre, wir können nicht länger warten. Wir müssen jetzt auf die Straße um für eine würdevolle Gesundheit, für eine gerechte Bildung, für Arbeitsrechte und Arbeitsschutz und für Kultur einzustehen. Viele kämpfen bereits und wir kämpfen mit ihnen:

 

 

 

Die Beschäftigten von Amazon streiken! Wir stehen euch zur Seite. Die Beschäftigen von Tönnies schuften unter miserablen Bedingungen weiter. Wir machen uns für euch stark. Der Einzelhandel geht leise dem Untergang entgegen. Schließt euch uns an. Wir sagen Löhne hoch statt klatschen, wir sagen Kulturbetrieb statt Arbeitszwang, wir sagen Lüftungsanlagen für Schulen, nicht nur für Ämter, wir sagen Aussetzung der Miete statt Zwangsräumungen. Wir sagen: kein social Lockdown, bevor nicht die Wirtschaft und der Konsum runtergefahren wurden.

 

 

 

Lassen wir 2020 hinter uns und setzen wir den Verschwörungsideolog*innen und dem autoritären Staat einen anderen, unseren Standpunkt entgegen! Eine linke Alternative, die Freiheit, Gesundheit und soziale Gerechtigkeit zusammen denkt und nicht gegeneinander ausspielt.

 

 

 

Wir halten Distanz und wir schützen uns. Wir gehen auf die Straße. Wir demonstrieren unter freiem Himmel, mit Maske, reisen wenn möglich mit dem Fahrrad an, wir halten uns an unser Hygienekonzept und passen aufeinander auf.

 

 

 

Es gilt was immer galt: Veränderungen können wir nur gemeinsam und selbst erkämpfen mit unseren Nachbar*innen, unseren Kolleg*innen, Genoss*innen und Freund*innen. Deshalb kommt mit uns auf die Straße, natürlich mit Maske und Abstand!

30.12.2020 14 Uhr - vom Nettelbeckplatz (S/U Wedding) zum Rosa-Luxemburg-Platz

 

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