Problematische Abschiebung

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Für seine drei Töchter ist Farhad sowohl der Vater als auch die Mutter. Seine Frau starb bei der Geburt der jüngsten Tochter. Der kurdische Vater soll mit seinen drei Töchtern zurück in den Irak. Dort hat man schon ein Auge auf ihn.

Karim Quadir Farhad ist von Beruf ein Peschmerga. Einer von denen, 'die dem Tod ins Auge sehen'. So lautete die Übersetzung ins Deutsche. Der 36-jährige Vater verlohr seine Frau. Und er glaubt, dass ihn nur Gott am Leben hielt, um für seine Kinder da zu sein.

Dies erzählte er in seiner 165-minütigen Anhörung bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Dresden. Dies war die Antwort auf die Frage, wie er sich erklären könne, trotz Drohbriefe der Daesh (arabischer Name der Terrormiliz Islamischer Staat) nichts passierte. Farhad redete. Er redete um sein Leben, beschreibt, was auf den Drohbriefen stand. Überall in den Briefkästen in Kirkuk steckten die Daesh solche, in denen sie die Kinder des Faters als 'Freiwild' erklärten und kurdische Kämpfer wie Hunde umbringen würden. Farhad berichtet von Angriffen auf seine Wohnungen. Eine Wohnung brannte nach einem Granaten-Anschlag aus. Dreimal zog er um. Er trug immer seine Waffe bei sich. Bis er sich von seinem Dienst als Peschmerga quittierte.

Sein Befehlshaber Amid Bazar, ein General mit einem Adler und zwei Sternen auf der Schulter. Er beschimpfte Farhad als Feigling, da er nicht bis zu seinem Tode gekämpft habe. Farhad versteckte sich danach zwei tage lang vor Angst, nachdem die Daesh bei Wahada die Oberhand gewannen. "Es ging um das Leben meiner Kinder!" 20 Kugeln, die er bei dem Kampf verschoss, wurden nach den 15 Jahren Dienstzeit mit 30 000 irakischen Dinar in Rechnung gestellt. Damit war der Berufssoldat nicht nur ein Abtrünniger ohne Gehalt, sondern auch ohne Waffe. Als Tagelöhner auf dem Bau fand er nur unregelmäßig Arbeit und lebte in ständiger Furcht entdeckt zu werden. Denn die Daesh und deren Angehörigen kennen sein Gesicht.

Somit stieg Farhad mit seinen 3 Töchtern zusammen am 04.Dezember 2015 in einen Reisebus nach Istanbul. Dann zahlte er an Schlepper 3700€ für die Flucht über Griechenland nach Deutschland. Über Boxberg gelangte er nach Görlitz. Und Mitte Juni durfte in Dresden seine Geschichte erzählen. Knapp drei Stunden ging es um sein Asyl und das seiner Töchter.

Und nun sitzt er im im Restaurant Antalya auf dem Demianiplatz. Der Besitzer des Restaurantes spricht deutsch und kurdisch und übersetzte der Familie den Abschiebebescheid. Weder die Flüchtlingseigenschaft, noch subsidiärer Schutz wird ihnen anerkannt. Auch Abschiebeverbote liegen angeblich keine vor. Aus der Sicht des BAMF sind diese Menschen keine Flüchtlinge. Die Furcht vor Verfolgung sei unbegründet und Deutschland müsse ihnen keinen Schutz gewähren. Das tragende Argument zielt auf die innerstaatlichen Fluchtmöglichkeiten. Denn theoretisch könnte er in den Süd-Iraq gehen. Als Kurde würde Farhad dort aber vermutklich stigmatisiert werdenund weder beruflich, noch sozial Fuß fassen können. 

Der Restaurant Besitzer hat Mitleid mit der Familie und telefonierte herum, bis er auf Robert Ziolkowski trifft. Ein Anwalt in Görlitz, der sich gerade auf Migrationsrecht spezialisiert. Und er sieht eine Chance. "Mindestens den subsidiären Schutz, wenn nicht gar den Flüchtlingsstatus sollten sie bekommen."sagt er. Laut Definition erhält ein Ausländer subsidiären Schutz, wenn ihm im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Wenn die abgeschobene Familie der Verelendung auf der Straße preisgegeben ist, so zähle dies unter unmenschlicher und erniedrigenden Behandling und wäre ein Grund eine der vorher genannten Eigenschaften anerkannt zu bekommen. Die Versorgungslage und humanitären Bedingungen im Iraq sind schwierig, die Infrastrukturist zerstört. Eine sicher e Unterbringungung erwartet die Familie kaum, es gibt kein soziales Netz, welches sie auffängt.
Die Frist von zwei Wochen konnte Farhad mit seiner Klage zwar einhalten. Dennoch könnte er mit seinen Töchtern täglich in einen Flieger nach Bagdad gesetzt werden.

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