"United we fight" beginnt

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Von "united", also vereinigt, ist nicht viel zu spüren am ersten Abend der "United we fight"-Tage. Von "fight" erst recht nicht, wobei man entschuldigend anmerken muss, dass auf dem Freitagsprogramm außer einem Aktionstraining nichts praktisches auf dem Programm stand. Bei der Eröffnungs-Veranstaltung, deren Ort man in der Meuterei erfahren konnte, waren ca. 90 Prozent nicht-deutsche.

Zieht man in Erwägung, dass während die Corona-Sorgen auch hier wieder größer werden einige Länder den Lockdown verkündet haben, ist die zahlenmäßige Beteiligung ganz in Ordnung. Voll wurde der Versammlungssaal nicht, was einerseits schade ist, andererseits vielleicht seuchentechnisch ganz gut. Zu denken jedenfalls gibt es, dass eine zweistellige Anzahl von Leuten hunderte von Kilometern Anfahrt auf sich genommen haben, um dem internationalen Aufruf der Interkiezionale zu folgen, während die hunderten von politisch aktiven Berlinern maximal eine zweistellige Anzahl Kilometer im unteren Bereichgrößtenteils nicht für machbar halten, um sich Diskussionen zu stellen.

Falls der Aufruf nicht deutlich genug war oder sprachlich Probleme bereitet hat, hier nocheinmal kurz angeschnitten, worum es an diesem Wochenende geht: es soll sich getroffen werden, um unsere lokalen Kämpfe auch international zu Denken. Einerseits auch, wie es in der Auftaktvorstellung der Interkiezionale ein Redner schön gesagt hat, weil die Angriffe auf die Bewegung von Unten überall gleichen Mustern folgen. Andererseits aber natürlich, um unserem politischen Anspruch gerecht zu werden und für ganz andere Verhältnisse zu kämpfen, was nur durch eine weltweite Revolution klappen kann. Ganz konkret können wir von Kämpfen in anderne Kontexten selbst sehr viel lernen, was kulturelle Aspekte des Kampfes angeht und was die praktischen Mittel und Wege betrifft.

Morgen steht neben permanenten Diskussionsmöglichkeiten z.b. eine Informationsveranstaltung über Organisierung und Auseinandersetzungen in den Vororten von Paris auf dem Programm (12 Uhr). Außerdem eine Veranstaltung unter dem Titel "Selbstorganisierung gegen den Virus der Kontrolle", wo es wahrscheinlich um die Frage des Umgangs mit den Begleiterscheinungen von Corona geht - konkret der Überwachung durch den Staat und Konzerne. Dann um 14 Uhr gibt es Brunch und um 15:30 eine Veranstaltung über das Konzept von Autonomen Zonen. Die Veranstaltungsorte erfahrt ihr, wenn ihr kurz vor den Veranstaltungen in der Meuterei (Reichenberger STraße) nachfragt - diese hat extra dafür auf. Diese Prozedur soll eine Schutzmaßnahme sein. Die Infos in der Meute gibt es auch auf deutsch, so wie auch die Veranstaltungen alle mit deutscher Übersetzung stattfinden.

Kommt vorbei!

Und nicht vergessen: Abends zur Demo, denn nach der Räumung der Liebig34 ist nichts vorbei!

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Ergänzungen

Die Gruppe der Teilnehmenden entspricht eben zu einem Teil der eigenen subkulturellen Verengung. Demos, Veranstaltungen und Aktionen werden von der Uhrzeit und Charakter häufig ausschließend geplant. Bezüge zu anderen Kämpfen erscheinen oft mehr taktischer Natur als von echtem Interesse und Wertschätzung anderer Realitäten geleitet. Militanz, nur eine von vielen Aktionsformen, wird als Avantgardistisch und höherwertig wahrgenommen. Andere Mieter*innenkämpfe als irgendwie reformistisch betrachtet. Auch unter Autonomen und Anarchist*innen wirkt ein Programm zwischen Vokü, die ganze Welt hasst die Polizei und irgendwie Weltrevolution nicht immer einladend oder inhaltlich spannend und weiterführend.

Die Frage wäre ja wie soll Gesellschaft aussehen und wie stellen wir uns ein Zusammenleben vor. Nicht nur als kleine exklusive Gruppe aus den hippen Berliner Kiezen auf der Suche nach dem kommenden Aufstand, sondern für Alte, Kranke, Illegalisierte, Landeier, Ängstliche und alle anderen die nicht ins Raster autonomer Subkulturen passen. Selbstorganisierung kann eben leicht eine ausschließende Form annehmen und Marginalisierte nicht mitdenken. Nichts gegen Subkultur und provokante Mobilisierungen an sich. Da steckt im besten Fall ja auch Authentizität und Lebensfreude drin. Wir sollten bestimmt nicht alle gleich und brav werden, aber mehr Offenheit für Differenz und abweichende Lebensentwürfe wagen und vor allem weniger gesellschaftliche Ausschlüsse reproduzieren.

Aus der Antwort wird nicht ganz klar, wieso die Veranstaltung am Wochenende so ausschließend wirkt. Eigentlich geht es ja darum, mehr Leute miteinzubeziehen in "autonome" Diskussionen. Die Diskussionen sind ja nicht militant sondern beschäftigen sich mit politischen Fragen. Ich denke, niemand will exklusiv sein, auch wenn das schwer ist und möglicherweise nicht immer möglich. Schließlich geht es ja auch um Formen des Kampfes. Die Frage ist auch, wieso mehr als tausend Leute auf eine Demo kommen, die die selben Inhalte wie die Veranstaltungen hat, diese aber nichtmal ein zehntel so groß sind. Was machen die ganzen Demonstranten an so einem Wochenende?