Antifas sprengen Montagswahnmache in Erfurt

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„Mon­tags mach‘ ich lie­ber blau… Kein Frie­den mit An­ti­se­mi­tis­mus, Ver­schwö­rungs­wahn und Volks­ge­mein­schaft!“ – An­ti­fa­schis­ti­sche Pro­tes­te

„Willkommen auf der neuen Erfurter Montagswahn... äh... -mahnmache!“ (Tosendes Gelächter) – so begrüßte der Anmelder der neuen Montagskundgebungen mit einem Freud'schen Versprecher die Anwesenden und nahm die antifaschistische Kritik am Charakter dieser Veranstaltung ungewollt vorweg. Die ca. 50 anwesenden Antifaschisten störten die Wahnmache massiv, unterbrachen durch Sprechchöre und Zwischenrufe die Redner, brachten das Programm durcheinander, führten einen vorzeitigen Abbruch durch die Organisatoren herbei und machten den ersten Montagsaufmarsch nach dem Putsch und Rechtsruck in Erfurt zum Desaster für die Organisatoren.

Diese hatten große Prominenz eingeladen, um das Teilnehmerfeld zu erweitern. Neben Klaus Blessing, dem ehemaligen stellvertretenden Minister für Schwerindustrie der DDR, heute nur noch ein trinkender Wirrkopf, sprach der Ex-Linke Jürgen Elsässer, heute vom früheren Kritiker des Antisemitismus zum Gegenstand der Kritik des Antisemitismus degeneriert, zu den ca. 50 Antifas, die gegen etwa genauso viele Wahnmach'ler demonstrierten. Viel war von Elsässers neuesten Ergüssen über die Weltherrschaft des Finanzkapitals allerdings nicht zu verstehen. Sein faschistoides Weltanschauungsgetöse ging im Kratzen des Mikros und dem Protest der Antifas unter.

Die Organisatoren waren ziemlich ratlos angesichts der neuen Situation und bettelten regelmäßig um das Eingreifen der Polizei, die vom Ausmaß des Protestes aber ebenso überrascht war. So drehte sich die ganze Kundgebung um die Pseudoauseinandersetzung mit der Antifa. Mal waren diese alle bezahlte Claqueure, wahlweise der USA oder des Innenministeriums, mal wurde den Antifas ernsthaft dazu geraten, Möhren anzupflanzen, weil es bekanntlich nichts wichtigeres gibt und mal versuchte man die politischen Gegner mit der „Wir wollen doch alle dasselbe“-Nummer zu umgarnen. Eine Fahne der USA und Israels provozierten immer wieder Hasstiraden gegen die „derzeit aggressivsten Kriegstreiber“. Einige der Wahnmachengegner ließen sich auf die Diskussion am Mikro ein, mit verhaltenem Erfolg. Auf eine Kritik, deren Komplexität die Aufmerksamkeitsspanne von 15 Sekunden bis zur nächsten Applauspause überschritt, waren die Wahnmachen-Teilnehmer nicht vorbereitet. Man suchte ohnehin eher die einfachen Antworten, die „Wahrheit“ in Hauptsätzen, und die Bestätigung der eigenen stumpfen antisemitischen Ressentiments durch die Markierung von vermeintlich Schuldigen.

Von völkischer und antisemitischer Ideologie distanzierten sich die Organisatoren unentwegt. Die Nachfrage, warum man dann mit Elsässer einen Freund und politischen Weggefährten des Holocaustleugners Horst Mahler eingeladen hatte, wusste man ebenso wenig zu beantworten wie die Frage, warum dieser ach so neutrale Bürgerprotest ein Anziehungspunkt von Nazis und anderen zwielichtigen Leuten ist. Teilnehmer der Kundgebung waren, neben den offensichtlich dort rumstehenden und Beifall klatschenden Nazis, beispielsweise der Vorsitzende der Ilm-Kreis-AfD Rüdiger Schmitt und der Herausgeber der völkischen Heimatzeitschrift „Arnstädter Stadtecho“ Stefan Buchtzik.

Die Anwesenheit von völkischen Ideologen und Antisemiten, die man ja mitunter selber eingeladen hatte, brachte die sich dumm stellenden Organisatoren nicht auf den Gedanken, dass dieser Auflauf kein unschuldiger Bürgerprotest für Frieden und Sonnenschein sein konnte, sondern von den anwesenden Antifas als das entlarvt wurde, was er war, ein Braunzonenaufmarsch mit Querfront-Potential. Die Distanzierungen von Antisemitismus waren aberwitzig und wurden nicht selten in Abwandlung des bekannten modern-antisemitischen Schlachtrufes „Ich habe ja nichts gegen Juden, aber...“ vorgetragen. Dass heute Antisemitismus nicht als ordinäre Judenfeindschaft auftritt, dass diese nach Auschwitz vielmehr gesellschaftlich kompromittiert ist und dass sich der moderne Antisemitismus neue Formen gesucht hat, die nirgends so virulent sind, wie auf diesen Demos, das wusste zumindest einer der Teilnehmer und Befürworter früher mal: Elsässer.

Von diesem Elsässer hat sich inzwischen sogar Wahnmachen-Guru Ken Jebsen öffentlich distanziert, was einiges bedeuten muss, da das von Jebsen tolerierte Teilnehmerfeld vom gutmeinenden Naiven bis zum ordinären Nazi und Reichsbürger reicht. Jebsen schrieb sogar mit dem Hildburghäuser Querfrontler Florian Kirner aka „Prinz Chaos II.“ (Ex-Linksruck) einen offenen Brief an die Organisatoren der Erfurter Montagsdemo in Sorge um den „humanistischen Grundkonsens“. Diese Aktion zeigt ganz nebenbei, wo die Erfurter Montagsdemo im deutschen Wahnmachen-Getümmel anzusiedeln ist: sehr weit rechts. Schade, dass dieser Brief auf der Kundgebung nicht besprochen wurde. Die an dieser Stelle abwegige Debatte über einen „humanistischen Grundkonsens“ bei diesem Braunzonenaufmarsch wäre sicher der Lacher des Abends geworden.

 

Jürgen Elsässer mit den neuestem Gelaber über die Weltherrschaft des Finanzkapitals

Kein Remake von "Die Drei von der Tankstelle", sondern die Organisatoren des Braunzonenaufmarsches

"National Revolutionär Solzialistisch" - Nazis brauchen sich nicht zu verstecken, sie sind offen Teil der Veranstaltung

Stefan Buchtzik (links im Bild), Herausgeber des völkischen Anzeigenblattes "Arnstädter Stadtecho", dessen aktuelle Ausgabe Rüdiger Schmitt (Bildmitte), Vorsitzender der Ilm-Kreis-AfD, in der Hand hält

 

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Ergänzungen

Habt ihr wenigstens versucht die "normalos" ernsthaft etwas aufzuklären oder habt ihr nur wieder pauschal einen rundumschlag (alles Nazis) gemacht???

Völkische Ideologie und Antisemitismus mit Nationalfahnen bekämpfen? Na dann mal los...

Erst fand ich den Artikel sympathisch. Aber spätestens ab der Information dass ihr mit Israel- und USA- Lappen "provoziert" habt, könnt ihr euch den Scheiss schenken. Schade drum, ich kann mich noch an eine autonome, anarchistische Antifa Bewegung in Erfurt erinnern. 

Zu eurer Kenntnisnahme gibt es unter folgendem Link einen weiteren Bericht mit "hübschen" Bildern:

http://sabotnik.blogsport.de/2014/05/28/lauter-protest-gegen-elsaesser-a...

Und das am Montag verteilte Flugblatt.

Datei: 

Vorneweg: War selber früher bei der Antifa und bezeiche nicht als Kommunist. Das auf den Montagsdemo Antisemitismus oder ähnliches verbreitet wird, ist lächerlich. Überlegt euch mal lieber ob Ihr vom Verfassungschutz instrumetalisiert werdet. Dort machen Leute wie Konstantin Wecker mit, der ja nicht gerade ein Antisemit ist...