Knastprofiteur*innen benennen

Heute, zum "Tag der politischen Gefangenen", veröffentlichen wir unsere Liste der Knastprofiteur*innen in der BRD. Die Liste ist nicht vollständig und wir werden sie stetig erweitern. Unsere Informationen beziehen für überwiegend von Gefangenen. Wenn ihr ebenfalls Knastprofiteur*innen kennt, welche hier nicht aufgelistet sind, schreibt gerne an berlin[ät]ggbo.de. Unseren PGP Key findet ihr auf unserer Homepage (Kontakt).

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Ergänzungen

Nach dem Willen von NRW-Justizminister Wolfgang Gerhard soll ein geplantes Großraumgefängnis im Raum Düsseldorf teilweise privatisiert betrieben werden. Im Rahmen eines public privat partnership (ppp) könnte dann ein Sicherheitsunternehmen in der Haftanstalt Kontroll-, Sicherungs-, und Versorgungsaufgaben übernehmen. Mit der Umsetzung ähnlicher Pläne soll schon bald in der Haftanstalt Köln-Ossendorf begonnen werden, so ein Beitrag des ARD-Magazin „Monitor“ vom 28.08.03.

 

Wie bereits im nordrhein-westfählischen Büren werden auch in Bremen und Schleswig-Holstein Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten als Justizkräfte in Haftanstalten eingesetzt. Ähnliche Pläne existieren beispielweise in Hessen und Brandenburg bzw. sind dort in Vorbereitung.

 

Gerhards Vorhaben genießt bei den Regierungsparteien prinzipiell Zustimmung, selbst die oppositionelle FDP zieh mit. Das alles hört man bei Kötter Services gerne. Das Unternehmen, das seit 1994 „Justizfachkräfte“ in Büren stellt, wittert ein Geschäft. Die Kötter-Leute dort seien „hervorragend ausgebildet“, könnten ihren Auftrag „zuverlässig erfüllen“ und „Konfliktpotenziale unter den Insassen rechtzeitig erkennen“, so der Kötter-Pressesprecher Marcus Schulte-Fischdiek.

 

Klaus Jäkel, Landesvorsitzender des Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), ist da anderer Meinung. Mit Verweis auf die Häftlingsrevolte vom 18.04.95 in Büren, bei der nur ein Amtskollege im Haus war, sagt er: „Mit den Leuten von Kötter gab es zu viele Pannen“. Private Bewacher hätten in Anstalten nichts zu suchen. Diese könnten nicht einmal das Bild eines Gefangenen während einer Videoüberwachung bewerten und nur „einfachste Leistungen erbringen“. Christoph Gusy, Professor für öffentliches Recht an der Universität Bielefeld, hat gar verfassungsrechtliche Bedenken und argumentiert mit dem Artikel 33 (4) Grundgesetz. Er ist der Ansicht, dass besonders da, wo Verwaltungszwang gegenüber dem Bürger zum Einsatz kommt, auch nur hoheitlich befugtes Personal - also Amtsträger - zum Einsatz kommen dürfen.

 

Der Einsatz von Kötter-Sicherheitskräften in einer Essener Haftanstalt wurde wegen gehäufter Verfehlungen bereits 1999 von der NRW-Landesregierung gestoppt, berichtete der „Tagesspiegel“ (Nachrichten) am 29.11.99.

 

Mitte September 2003 gelang drei Häftlingen des Bürener Abschiebegefängnisses bei einem Gefangenentransport die Flucht. Als sich anschließend herausstellte, dass nur der Fahrer Beamter war, sein Kollege ein privater Wachmann, fühlte sich die CDU-Landtagsfraktion in ihrer Einschätzung bestätigt. Private könne man in sensiblen Bereichen des Strafvollzugs nicht einsetzen. Die Union weiter: „Der vom Minister beabsichtigte Einsatz privater Dienstleister bringt den Anstalten statt der behaupteten Entlastung nur noch ein höheres Sicherheitsrisiko und auf Dauer höhere Kosten“.

 

Die Initiative der NRW-Landesregierung sieht vor, dass künftig in teilprivatisierten Haftanstalten, beispielsweise in der Verwaltung bei Besucherkontrollen und dem Transport von Gefangenen private Dienste zum Einsatz kommen.

 

Im Zusammenhang mit den Auftragsvergaben, die im Rahmen von teilprivatisierten Haftanstalten entstehen werden, kam ein Mitglied des „Kötter Sicherheitsbeirates“ ins Gerede. Pikanterweise war Gerhard Starke der zuständige Abteilungschef, als das Justizministerium den Bewachungsauftrag für die Anstalt Büren an Kötter vergab. Nun übt Pensionär Starke in dem genannten Gremium (ab Juli 2001) eine rege Nebentätigkeit für Kötter Services aus und möchte damit „seine Erfahrungen und Überzeugungen transferieren, dass die Grenzen zwischen staatlicher Sicherheitsgewährleistung und privaten Diensten fließend sind und sich je nach Haushaltslage zu den letzteren hin verschieben werden“. Von dieser Mission scheint Starke so sehr durchdrungen zu sein, dass beim NRW-Justizminister alle Alarmglocken schrillten.

 

Der Minister verbot den Mitarbeitern seiner Strafvollzugsabteilung „die Erteilung sachlicher/ fachlicher Auskünfte und die Herausgabe schriftlicher Unterlagen“ an Starke. Inzwischen ging der Minister einen Schritt des Misstrauens gegen den aktiven Pensionär weiter: „Wir versuchen, uns über Art und Umfang der Nebentätigkeit zu informieren“, so Justizsprecher Dieter Wendorff. Man wolle „Einblick in die Gestaltung des offenkundig existierenden Vertrages“ mit Kötter (69). Als Resonanz auf den erwähnten „Monitor“-Beitrag gab der BDWS eine Pressemitteilung mit dem Titel „BDWS begrüßt NRW-Initiative zur Gefängnisprivatisierung“ heraus und handelte dadurch auch im Interesse seines Verbandsmitglieds Kötter Services: (...) „Leider haben sich auch die ARD-Sendung Monitor am 28.8.2003 vor den Karren der Funktionärsinteressen des BSBD spannen lassen. Olschok: ‘Es entsteht fast der Eindruck, dass es „Monitor“ aus politischen Gründen versäumt hat, eine umfassende Recherche zu diesem Thema vorzunehmen.’ Die An- und Abmoderation des Beitrags durch Volker Happel sei schlichtweg skandalös gewesen.“ (...)