Wie die Polizei in Hessen zum Geheimdienst wird…

Themen: 
Regionen: 

 

Mit dem Einsatz der neuen Analysesoftware “Gotham“ betreibt die hessische Polizei “de facto (...) Rasterfahndung“, sagt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke)

 

Das Präsidium für Logistik und Verwaltung der Polizei in Hessen hat am 02.02.2018 eine Ausschreibung veröffentlicht über den beabsichtigten Ankauf einer “Analyseplattform zur effektiven Bekämpfung des islamistischen Terrorismus und der schweren und Organisierte Kriminalität” für die Polizei in Hessen. Im Text der Ausschreibung wird bekanntgegeben, dass sie eigentlich nicht stattfindet, sondern dass bereits ein Unternehmen gefunden ist, das die Kriterien der Ausschreibung erfüllt: Eine Auftragsvergabe an die Fa. Palantir Technologies GmbH im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb erfolgte wegen technischer Besonderheiten…”

 

Da das Palantir-Vergabeverfahren wesentlichen Grundsätzen öffentlicher Vergabeverfahren widerspricht, haben die Oppositionsparteien im hessischen Landtag einen parlamentarischen Untersuchungsausschusses erzwungen, der am 03.07.2018 seine Tätigkeit aufgenommen hat. Aufgrund des Antrags der Fraktionen von SPD und FDP (Landtags-Drucksache 19/6574) hat der Untersuchungsausschuss den Auftrag, umfassend aufzuklären, in welchem Umfang in der Zeit seit 2014 im Zuständigkeitsbereich des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport speziell im Bereich der Hessischen Polizei Auftragsvergaben unter Verstoß gegen die Vorschriften des Vergaberechtes erfolgten, und zwar bei der Beschaffung der Analysesoftware Gotham der Firma Palantir Technologies. Der Ausschuss soll auch prüfen, ob durch die Beauftragung der Firma Palantir hessische Sicherheits- oder Geheimhaltungsinteressen berührt wurden und ob die für den Einsatz der Analysesoftware notwendigen rechtlichen Grundlagen bestanden.

 

Die Süddeutsche Zeitung hat am 18.10.2018 unter der Überschrift “Gotham am Main” sehr anschaulich über den Einsatz der Analysesoftware Gotham der Firma Palantir Technologies informiert und zitiert in diesem Zusammenhang den Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Die Linke) mit der Aussage: “Es handelt sich de facto um eine Rasterfahndung, der enge rechtliche Grenzen gesetzt sind. Diese werden aus meiner Sicht in Hessen nicht eingehalten.”

 

Lieferungen – 48139-2018 Deutschland-Wiesbaden: Analyse- und Wissenschaftssoftwarepaket 2018/S 023-048139

 

https://ted.europa.eu/TED/notice/udl?uri=TED:NOTICE:48139-2018:TEXT:DE:H...

 

 

 

Hessischer Landtag: Dringender Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP v. 20.06.18, Drucksache 19/6574

 

http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/4/06574.pdf

 

 

 

Süddeutsche Zeitung v. 18.10.2018: “Gotham am Main“

 

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/innere-sicherheit-gotham-am-main-...

 

 

 

 

 

webadresse: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen

Ergänzungen

“(...) Frankfurts Polizeipräsident Gerhard Bereswill sagt, der hessische Datenschutzbeauftragte habe alles abgesegnet. (...)“ (Süddeutsche Zeitung, 18.10.18)

 

Hessen, hat im Bundesvergleich, das drittschlechteste Informationsfreiheitsgesetz. In Bezug auf die NSU-Mordserie, der Mord an Halit Yozgat in Kassel, hat die hessische Landesregierung eine (brisante) Akte mit einer Sperrfrist von 120 Jahren belegt. Und nun setzt die hessische Polizei eine umstrittene Spionage-Software ein, die auch bei der CIA und dem US-MIlitär zum Einsatz kommt, gegen die Bürgerinnen und Bürger ein. Eine “drohende Gefahr“ in Verbindung mit einer Eingriffsbefugnis soll hierfür die Rechtsgrundlage bilden.

 

All diese Entscheidungen wurden in der letzten Legislaturperiode von der hessischen Landesregierung getroffen, in der auch die grüne Partei (Bündnisgrüne Hessen), als Juniorpartner der CDU, in der Regierungsverantwortung stand.

 

Im Hinblick auf eine mögliche Neuauflage von schwarz-grün in Hessen stellt sich mir die Frage: Können die hessischen Bürgerinnen und Bürger einem Staat (und seiner Regierung) vertrauen der ihnen misstraut und das Grundgesetz aushöhlt?

 

Palantir: Hessische Polizei kauft umstrittene US-Software (Zeit online, 06.04.18)

 

https://www.zeit.de/digital/2018-04/palantir-software-hessen-kriminalita...

 

 

 

Hessen kauft Software von umstrittene US-Firma (Spiegel online, 06.04.18)

 

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/palantir-software-polizei-hes...

 

 

 

Datenkrake Polizei? Palantir als die Spitze des Eisberges (Telepolis, 22.06.18)

 

https://www.heise.de/tp/features/Datenkrake-Polizei-Palantir-als-die-Spi...

 

 

 

Beuth verteidigt Analysesoftware der Polizei (FR, 02.07.18)

 

http://www.fr.de/rhein-main/landespolitik/palantir-untersuchungsausschus...

 

 

 

“Es gibt eine Gier nach Daten“ (FR, 18.09.18)

 

http://www.fr.de/rhein-main/polizei-software-palantir-es-gibt-eine-gier-...

 

 

 

@ Main Reiner

 

„...der hessische Datenschutzbeauftragte habe alles abgesegnet.“

 

Hier handelt es sich um die Behörde von Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch. Diese Behörde ist in der Vergangenheit nicht durch Kritik an der “Datensammelwut“ der hessischen Polizei und der ausufernden öffentlichen Videoüberwachung in Hessen aufgefallen. Im Gegenteil: Obwohl dem hessischen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (kurz: LfD Hessen) seit über zwei Jahren bekannt ist, dass die gesetzliche Beschilderung (Hinweistafeln) der öffentlichen Videoüberwachung in Kassel an allen Standorten mangelhaft ist bzw. gar nicht existiert, ignoriert der LfD Hessen dieses Thema und wimmelt die Bürgerbeschwerden hierzu ab. Hieran wird deutlich: Das Amt eines Landesbeauftragten ist zugleich ein politisches Amt: Michael Ronellenfitsch wurde von der hessischen Bouffier-Regierung ins Amt gebracht.

 

https://de.indymedia.org/node/17668