Ohne Papiere: Solidarität und Repression

Kein mensch ist illegal 29.01.2005 22:37 Themen: Antirassismus Repression Weltweit
Während in Frankreich erneut die Sicherheitskräfte massiv gegen
Proteste von den "Menschen ohne Papiere" vorgingen - kam es in
Spanien zu einem breiten Bündniss gegen Verfolgungen, und die Lebens-
und Arbeitsbedingungen der "sin - papeles".
Gleich in sechs Städten fanden die massiven Proteste statt
1) Repressinonen gegen "sans - paiers": Frankreich vom 20.Januar 2005

París.- Sechs Tage lang hielten Familien der "sans - paiers" Parteiräume der Sozialistischen Partei Frankreichs besetzt. Mit einem einhergehenden Hungerstreik protestierten sie gegen die unerträgliche staatliche Behandlung und die Lebenssituation der Entwürdigung, welche sich hieraus für sie ergibt.
Obwohl ihnen die Heizung abgedreht worden war, sich jedoch von den Verantwortlichen der Partei niemand sehen ließ, solidaisierten sich unterstütztend prekäre ArbeiterInnen und Arbeitslose mit dieser Weiterführung des Kampfes, der schon 2004 zu Eskaltionen geführt hatte (LINKS hierzu: Artikelende)
Die Antwort der SozialistInnen auf den langen Atem der sans papiers war der Einsatz rabiater Sicherheitskräfte, im hier übersetzten Bericht als die "sechs sozialistischen Überwacher" bezeichnet, die zunächst die Kontakte der BesetzerInnen mit den ihnen Solidarischen vor dem Gebäude massiv unterbanden.

"Diese "sechs sozialistischen Überwacher" hatten keinen besseren Einfall, als die Menschen ohne Papiere physisch anzugreifen : Sowohl Tränengas als auch Pfefferspray kamen, ohne Rücksicht auf Mütter und Kinder, zum Einsatz. Drei Flüchtende wurden verfolgt und dabei die Tür eines Burös eingetreten. Die "sans - paiers" wiechen daraufhin in den großen Versammlungsraum (rez calzada) aus. Doch auch hier traten die Sicherheitskräfte Türen ein und, gingen wie wilde Hunde, auf Alle los: Frauen und Kinder wurden separiert und in den strömenden Regen verjagt. Auf die Männer wurde blindwütig und verhältnislos eingeprügelt."
Fazit der Aktion: Eine Frau mußte, bewußtlos, in eine Klinik eingeliefert werden. Insgesamt acht Festnahmen; darunter fünf Personen ohne Papiere und eine Unterstützerin aus dem Vorfeld der Aktion. Tage später kamen diese acht Personen zwar wieder frei, aber ... Folgekonsequenzen offen....
(Quelle:  http://www.quesevayantodos.net/50-8.htm)

Wie immer solidarisierten sich die um dieselben Rechte Kämpfenden in Spanien per Erklärungen und Berichterstattung auf den entsprechenden Netz-Seiten
..........

2) Von FR 21.01.- 23.01.05 kam es in Spanien selbst zu den größten Protesten für die Verbesserung der Lebensumstände der "sin papeles" seit langem: "¡ Wir haben die Angriffe und die Verfolgung unserer migrantischen MitbürgerInnen satt!", hiess es schon während der Ankündigungen ...
In sechs spanischen Städten: Barcelona, Valencia, Murcia, Madrid und Badajoz kam es zu koordinierten Demonstrationen und Informationsaktionen für eine umfassende Normalisierung und gegen die Farce der gegenwärtigen Gesetzgebung der sozialistischen Regierung Zapateros, das angeblich den MigrantInnen so dienliche "ley extranjería" (LINK am Ende)
Einer der vielen Berichte stammt von der Plataforma almeriense "iguales en derechos" (Plattform Almería für gesetzliche Gleichstellung):

In Almería (Anmrkg.: Eine der spanischen Provinzen, ebenso wie Murcia aus welcher Discounter wie z.B. Aldi, Lidl usw. "unser Billiggemüse" importieren) fand die Demonstration am SO auf dem Gelände des Hafens statt. "Die autonome Provinz Almería fordert gesetzliche Gleichstellung, Normalisierung und die Respektierung der Menschenrechte aller MigrantInnen. "Wir fordern die Anpassung an die Realität unserer autonomen Provinz. "Diese Demonstration war der zentrale Punkt der quasi gesamt - andalusischen Koordination, an welcher migrantische ArbeiterInnen und / y nativos aus verschiedenen Orten der Provinz teilnahmen: El Ejido, Roquetas, Mojonera, Vícar, Campohermoso, San Isidro, Tabernas, El Alquián, la Cañada u.a,; sowie aus den Provinzen Málaga, Sevilla und Huelva

Die Einschränkungen welche die neue Gesetzbebung - "Reglamento de Extranjería" der Regierung und Teilen den Gewerkschaften mit sich bringt, läßt ca. 70% der MigrantInnen ohne Papiere im ungeregelten Zustand. In unserer Provinz und Andalusien ist die Situation verschlimmert, da der Großteil der MigratInnen nicht registriert ist ( für eine Regulierung jedoch unerläßlich ), aus Mangel an adäquaten Wohnräumen oder aus Angst, die persönlichen Daten könnten der Polizei übermittelt werden. Ebensowenig entsprechen Arbeitsverträge oder vorherige Anträge zur sozialen Sicherung den saisonalen Arbeitsbedingungen der Landwirtschaft Almería`s. Erforderlich wäre hingegen, die Unterzeichnung von Verträgen und Anmeldebescheinigungen seitens der Arbeitgeber für eine minimale Frist von März bis September.

Stattdessen wurde die Handhabe der Bescheinigungen der Willkür der Arbeitgeber anheim gegeben und die Drohungen mittles strikter Kontrollen und Ausweisungen nach drei Monaten verschärft. All dies katapultiert die Betroffenen in eine Situation hilflosen Ausgeliefertseins an die Skrupellosigkeit der Unternehmer und die Mafias die, wie immer, die Notlage und Angst der MigrantInnen zu ihrer eigenen Bevorteilung ausbeuten. Entgegen dem Regierungsversprechen einer Regulierung des Arbeitsmarktes, wird diese Vorgehensweise zu einer " Flucht " der migrantischen Arbeitskräfte führen, denen ohne Beziehungen und Verbesserungsgarantien der Bedingungen und der fundamentalsten Rechte keine tatsächlichen Alternativen angeboten sind. So werden sowohl ein friedliches, interkulturelles und solidarisches Zusammenleben, welches auch der nichtmigrantischen Bevölkerung Almería`s dient,, als auch die Respektierung der Grundrechte unabhängig von der Herkunft verunmöglicht .

Angesichts dieser Situation hat die "Plataforma Almeriense" der Subdelegation der Regierung Almería eine Reihe konkreter Vorschläge zur Normalisierung und Einbürgerung (eigentlich:des Heimischwerdens ) unterbreitet und darum ersucht zu den Verhandlungen zurückzukehren ( die nach den Aufständen in El Ejido aufgelöst worden waren ) ...

Zur Schaffung einer Normalisierung schlagen wir vor:

1) Duldung; ausserdem die beglaubigende Registruierung jeder Art zuverlässiger Dokumente als Beleg für einen Aufenthalt von länger als sechs Monaten; die Ausstellung einer Gesundheitskarte für jene anderen Teilen des Staates in welchen ein Duldungsnachweis erforderlich ist ; freien Bankverkehr und Transparenz/ Teilhabe bei der Verwaltung von Anträgen

2) Dass den Arbeitgebern zu Beginn der landwirtschaftlichen Saison die Ausstellung solcher Arbeitsvetrträge gestattet wird, die eine sozialen Absicherung in Anpassung an die realen Bedingungen in Almería garantien ebensso wie provosorische Dokumente.

3) Dass ArbeiterInnen die keine Verträge erlangen können gestattet wird, aufgrund persönlicher Meldung eine vorläufige Erlaubniss zur Arbeitsuche- und Annahme erhalten können und zwar in Form eines Arbeitsvisums für die Dauer der landwirtschaftlichen Saison

4) Dass autonomen Arbeitskräften gestattet wird, sich im Ramen eines solventen Aktionsprojektes auf den Prozeß der Normalisierung zu berufen.

5) Die Befreiung von der Nachweispflicht vorhergehender Erfassungen für Personen die sich seit langem in Spanien aufhalten und aber Schwierigkeiten haben, die entsprechenden Dokumente erlangen zu können .

Das Ziel der Demonstration ist die Eröffnung einer breiten Diskussion unter Teilhabe aller BürgerInnen, MigrantInnen und RegierungsträgerInnen zur Respektierung der Menschenrechte aller in Almería Lebenden ohne Diskriminierung aufgrund von Rasse, Herkunft oder Kultur ....

PLATAFORMA ALMERIENSE IGUALES EN DERECHOS
ADESEAN – AEMA – ATAESRO – AS.CAÑOB – CGT – JCA – SOC – USTEA
 inmigrantes@razo.net
Regulierung ohne Bedingungen - Rechtsgleichheit -
Abschaffung des Gesetzes LEY DE EXTRANJERIA
( Quelle :  http://www.quesevayantodos.net/50-19.htm )

Teilhabende:
Barcelona:
Asamblea por la regularización sin condiciones - Arquitectes sense Fronteres -Associacio Cultural Insha Allah - Associació d’Amistat amb el Poble de Guatemala - CGT de Catalunya Revolta Global - Colectivo Sin Papeles - Cornellá sense Fronteres - Debat a Bat - Ecuador Llactacaru - Papeles para Tod@s - RAI - Centre d’acolliment de Santa Coloma. - PRT. -PSUC Viu. - Socialismo Libertario - Huelga Mundial de Mujeres - Salario Debido a las Lesbianas Raices Solidarias - Casa de losTrabajadores Africanos
Andalucía:
Plataforma Almeriense igualdad de derechos - ADESEAN - ATAESRO - AEMA Asoc.CAÑOB - SOC-MRA - USTEA - XGT - Juventudes comunistas de Andalucía - Casa Argentina de Málaga
Valencia:
FORO ALTERNATIVO DE LA INMIGRACIÓN - MESA D’ENTITATS DE SOLIDARITATS AMB ELS IMMIGRANTS - Adhesión de CNT-Valencia
Madrid: Espacio ALternativo - Ecologistas en Acción - RCADE -Madrid - Derechos para tod@s
Extremadura:
Asociación Extremeña Tod@s Iguales Tod@s Legales - Asociación Hispano Ecuatoriana Rumiñahui - Plataforma ciudadana 0,7 - RCADE-Badajoz, - Izquierda Unida - CNT - Los Verdes de Extremadura - CGT, - ADASEC - Grupo local de Amigos del Pueblo Saharahui -
Secretariado Diosesanode Inmigración - Ecologistas en Acción - ADRA
Foro de la Inmigración en Extremadura
Adhesión de la CGT estatal

Herrn Schilly wäre wohl wünschen an einer solchen Koordination teilhaben zu können, um zumindest die Gnade erfahren zu dürfen: dass es in der EU Indigente gibt :
Schilly : Indigen@ - und Zigeunerfrei
 http://www.de.indymedia.org/2005/01/104658.shtml

LINKS:
Spanien/ Olivenernte: "Ohne Papiere" ausgebeutet
 http://de.indymedia.org/2005/01/103437.shtml

Migration/Südgrenze ... Ley Extranjeria
 http://www.de.indymedia.org/2004/09/94044.shtml
http://.de.indymedia.org/2004/09/94041.shtml
Ohne Papiere - der Kampf geht weiter
 http://de.indymedia.org/2004/09/94982.shtml
Abschiebeapparat Spanien
 http://germany.indymedia.org/2004/11/98562.shtml

MARINALEDA - Autonomie in Andalusien
 http://de.indymedia.org/2004/05/84582.shtml
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Ergänzungen

NACHTRAG

namenlos 29.01.2005 - 23:06

Im Jahr 2004 verloren bei dem Versuch Spanien zuerreichen 130 Menschen
in den Gewässern der kanarischen Inseln ihr Leben; 8.374 MigrantInnen
wurden allein auf den Kanaren verhaftet

In der BRD wurde 2004 über 61.961 Asylanträge entschieden - hiervon
wurden 960 = 1,5 % anerkannt; 1197 Personen = 1,8 % erhielten Abschiebeschutz

Fight Fortress Europe - No a la Consituccion UE - Smash EU

www.imi-online.de
www.eu-verfassung.org
www.mehr-dmokratie.de/bu/ak/europa
www.sozialimpulse.de
EUROPA MACHT DICHT / Teil 1 und 2
 http://de.indymedia.org/2004/08/89069.shtml
 http://de.indymedia.org/2004/08/89067.shtml

www.ainfos.org

unterdessen in australien.....

@mex 30.01.2005 - 13:29
Zur vorhigen Frage warum denn man immer darauf hinweisen muss, dass
kein Mensch illegal ist?? Weil man in den Medien, in Gesprächen unter
Leuten, etc... niemals über "Menschen die sich hier illegal aufhalten" hört, sonder immer nur über "Illegale", "Scheinasylanten", und sonstige
menschen-unwürdige Abstempelungen.
Und sowieso, wer sagt überhaupt dass das was unter diesem Staats-System "legal" ist auch gerecht und moralisch korrekt ist????
Vor 60 Jahren, als einige Leute die Juden, Gypsies, und "Andersdenkende"
versteckten und sonst vor dem Tod retteten, war das vom damaligen Staats-
System ja auch illgal, oder?

Noch was zum Thema "deportations" aus Australien:
Bei  http://www.melbourne.indymedia.org/news/2005/01/86171.php findet
ihr noch einen Interessanten Artikel über eine vor kurzem durchgeführte
Abschiebung, die sogar vom Staats-System ausgesehen ihre "legalität" in
Frage stellt.....

Kein Mensch ist illegal

sondern unsere Gesetze sind es. 30.01.2005 - 13:51
Der Satz kein Mensch ist illegal drueckt doch erstmal etwas voellig natuerliches aus. Jeder hat das Recht* zu existieren. Leider wird dieses Recht von Staaten nicht wirklich anerkannt. Denn obwohl formalrechtlich koerperliche Unversehrtheit usw. garantiert werden, muss Mensch sich fuer seinen Aufenthalt - also seine Existenz hier rechtfertigen. Wer dies nicht kann, und das sind bundesweit nach Schaetzungen etwa 1 Million Menschen, wird illegalisiert. Das heisst, da schon der Aufenthalt hier illegal ist, verliehrt der Mensch praktisch auch alle anderen Rechte, da er sie nicht einfordern kann. Das bedeutet praktisch oftmals das diese Menschen extrem ausgebeutet werden. So haben illegalisierte nicht die Moeglichkeit z.B. ihren Lohn einzufordern*2, sind nicht vor sexueller Ausbeutung geschuetzt und so weiter. Selbst Menschen, die diesen helfen sind von der Ausgrenzung betroffen. So gab es in Freiburg z.B. die Idee mit dem sogenannten "Rasthaus" eine Zuflucht fuer illegalisierte zu schaffen. Dieses Projekt, das im Wahlkampf noch von allen Seiten unterstuetzt wurde, wurde dann vom gruenen Buergermeister nicht weiter verfolgt, weil sich die Stadt durch die Unterstuetzung strafbar gemacht haette.
Der Idee einer nicht gewaehrten Aufenthaltserlaubniss liegt die Vorstellung einer Alternative zu Grunde. Ansonsten entspricht sie der Verweigerung des Rechtes* zu existieren. Diese Alternative soll im nationalstaatsfixierten Denken das "Heimatland" bieten. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Laender oftmals keine menschenwuerdige Alternative darstellen, entspricht die Vorstellung, dass jeder Mensch sein Heimatland hat bei weitem nicht der Realitaet. Im Gegenteil, Migration gehoert seit Jahrtausenden zum Alltag, Staaten werden konstruiert, loesen sich auf, und veraendern sich. In Nordafrika liegen sie z.B. oftmals quer zu den Wanderungswegen der Nomaden. In der nationalstaatenfixierten Denkweise erhaelt der Mensch vom Staat mittels staatsbuergerschaft gewisse Rechte. Dabei wird vergessen, dass diese Rechte staatenlosen Menschen dabei verweigert werden.

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Anmerkungen

* Der Begriff des Rechts ist in diesem Zusammenhang schwierig. Ich beziehe mich nicht auf staatlich durch Gesetze geschaffenes Recht oder die "Menschenrechte", die auch staatsfixiert gedacht werden. Ich meine ein fundamentales Recht, das jenseits von Staaten und Gesetzen existiert, und das sich fuer mich vor allem in meinem Unrechtsempfinden bei Verletzung dieses Rechts manifestiert. Der Staat kann als Produkt der Menschen diesen keine Rechte geben, die sie nicht laengst schon hatten.

*2 Das stimmt so nicht ganz. So gelang es z.B. mit der Hilfe einer unterstuetzenden Gruppe einer Gruppe von illegalisierten BauarbeiterInnen in Berlin ihren Lohn einzuklagen. Im Normalfall sind die illegalisierten aber start vereinzelt und haben nicht diese Moeglichkeit.