Das Netzwerk der KSV-Hooligans: Neonazis, Kampfsport und Fußball
Malte Ahlbrecht, geboren am 25.01.1994, ist fest in die Strukturen der Kasseler Hooligan-Szene eingebunden. Weiterhin als relevante Figur in der militanten Neonaziszene um Thorsten Heise aktiv und Combat 18 im Dreiländereck. Er war letztlich mitverantwortlich für zwei große neonationalsozialistische Zeitschriften. Eine strukturelle Betrachtung eines Teils der Kasseler Naziszene.
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Malte Ahlbrecht angebunden an Heises Combat 18 Netzwerk
Nachdem der 1994 geborene Ahlbrecht jahrelang im Umfeld der Neonazi Kameradschaften „AG Rhumetal“ und „Kameradschaft Northeim“ agierte, verschlug es ihn Mitte der 2010er Jahre in das Nahumfeld des bundesweit agierenden Neonazi Thorsten Heise, wo Ahlbrecht den endgültigen Schritt in die politisch organisierte Neonaziszene vollzog. Er wohnte mindestens im Jahr 2017 längere Monate im Anwesen von Heise in Fretterode und konnte getrost als einer der Neonazi-Ziehsöhne und Kader von Heises Netzwerk bezeichnet werden.
Ahlbrechts rege Tätigkeit in der Neonaziszene kann man beispielhaft an einigen gut dokumentierten Daten festmachen. Am 03.10.2014 nahm er an einem Naziaufmarsch der Partei „Die Rechte“ in Hamm teil. Aus seiner Reisegruppe heraus wurden später in Hannover Geflüchtete angegriffen. Auf dem alljährlichen „Eichsfelder Heimattag“ in Leinefelde 2015 übernahm er für den Anmelder Heise Organisations- und Ordnungsdienste, gemeinsam mit dem Neonazi Fabian Zufall. Auch am 01.08.2015 war er gemeinsam mit Zufall als Ordner am Naziaufmarsch in Bad Nenndorf tätig. Fast ein Jahr später, am 10.09.2016 besuchte er den NPD Wahlkampfabschluss in Göttingen, was als „Sturm auf die Antifa Hochburg“ angepriesen wurde. Erneut trat er 2017 auf dem „Eichsfelder Heimattag“ als Teil des Organisationsteams in Erscheinung, hier als Duo mit dem als Security abgestellten Jan Bogdahn.
Als Teil von Heises Kader-Umfeld, die Unterbringung in Fretterode und die zahlreichen Organisationsaufgaben, lässt die Einbindung in die bei Heise verbandelten militanten Strukturen der verbotenen Blood & Honour Struktur mit ihrem noch legalen Ableger Combat 18 nahe liegen. Auch die dokumentierte Gesellschaft des Eschweger Neonazis Jan Bogdahn, der mehrmalig mit Ahlbrecht aktiv wurde, lässt auf eine Einbindung in die Combat 18 Struktur schließen. Bogdahn wird eine aktive Kaderfunktion in der mittlerweile verbotenen deutschen Sektion von Combat 18 nachgesagt.
Im Fühjahr 2018 griffen in Fretterode vor Heises Anwesen die beiden Neonazis Gianluca Bruno und Nordulf Heise zwei freie recherchierende Journalisten an und verletzten sie nach einer Verfolgungsjagd mit dem Auto schwer mit einem Messer und Schraubenschlüssel. In den darauffolgenden Ermittlungen gegen Heises Umfeld wurde zunächst Malte Ahlbrecht verdächtigt, der zu diesem Zeitpunkt auch in Fretterode häufig zu Gast war. Der Ermittlungsdruck auf ihn wurde mutmaßlich sehr groß. Endlich stellte sich eine Verwechslung zwischen Ahlbrecht und Nordulf Heise heraus. Auch wenn Ahlbrecht die Tat nicht beging, ist die Verwechslung nur durch die extreme Nähe von Ahlbrecht in Heises Netzwerk zu Stande gekommen. Im selben Zeitraum liegt auch der Wegzug Ahlbrechts aus Fretterode.
Eine weitere Schlüsselfigur des Combat 18 Netzwerks ist Stanley Röske, ein Mittfünfziger Neonazi der jahrelang in der Region Kassel wohnte und wirkte. 2019 zog Röske nach Eisenach. Nachweislich haben Röske und Ahlbrecht seit Jahren engen Kontakt, mindestens seit 2014. Auch Röske ist als Leiter der Kasseler Combat 18 Struktur im Nahumfeld von Heise zu finden. Er hat Mitgliedsbeiträge der bundesweiten C18 Mitglieder eingesammelt und deren Finanzen verwaltet. Seit 2001 trat er im Raum Kassel auf, wohnte in Kaufungen. Röske gehört seit vielen Jahren dem Sicherheitsdienst „Frontline Security“ an und baute später einen Teil der „Oidoxie Streetfighting Crew“ mit auf. Röske gilt – so das Zitat eines C18-Aktivisten – als „Machtmensch, bzw. er wäre gern jemand der die Zügel in der Hand hielte“. Die politische Kooperation mit Röske wird nicht zuletzt zu Ahlbrechts Wahlheimat Kassel geführt haben und ist ein Hinweis auf die enge Anbindung in die bundesweiten und Kasseler Combat 18 Strukturen.
Kassel ist nicht zuletzt besonders interessant wenn es um das Blood&Honour Netzwerk und die heutige Combat 18 Struktur geht, in der Ahlbrechts Ziehvater Thorsten Heise eine zentrale Rolle spielt. Hier wurde 2006 der Mord an Halit Yozgat durch den Nationalsozialistischen Untergrund begangen, einer dem B&H Netzwerk nahestehenden Terrorgruppe. Bis heute ist die Unterstützung dieser Tat nicht aufgeklärt, die Täter stammen direkt aus den Thüringischen Nazistrukturen, in den auch Heise aktiv ist. 2019 erschoss in Kassel mutmaßlich der Neonazi Stephan Ernst den CDU Politiker Walter Lübcke, der ebenfalls über die langjährige Zusammenarbeit mit Stanley Röske ebenfalls zahlreiche Verbindungen ins B&H/Combat 18 Netzwerk hat. Röske und Ernst sind beispielsweise schon 2002 gemeinsam beim Angriff auf eine linke Demonstration aufgefallen.
Exkurs: Wer ist Thorsten Heise?
Thorsten Heise, ehemaliger Kader der FAP seit den frühen 90er Jahren, heute einer der namhaftesten Neonazis der Bundesrepublik, schart immer wieder jüngere Neonazis in seinem Nahumfeld und lässt sie in seiner Immobilie in Fretterode, Thüringen, wohnen. Er war der Chef der neonazistischen FAP in Niedersachsen, Aktuell ist er Kreistagsabgeordneter der Eichsfelder NPD, Vorsitzender des NPD-Landesverbands Thüringen sowie Bundesvize-Vorsitzender.
Er hat ein Dutzend Vorstrafen, unter anderem war er an mehreren Angriffen auf linke Strukturen beteiligt. Anfang der 1990er Jahre diente Heise mit anderen Neonazis als Söldner im Jugoslawienkrieg auf Seiten Kroatiens. Bei einer Razzia 2007 wurden mehrere automatische Waffen entdeckt. Und Thorsten Heise hatte Kontakte zum „Thüringer Heimatschutz“ und wird immer wieder mit dem „NSU“ in Verbindung gebracht, namentlich dem Thüringer Heimatschutz und Holger Gerlach.
Obendrein hat Heise neben der Tätigkeit als Rechtsrockveranstalter, auch einen eigenen Verlag gegründet, den Nordland Verlag, wo neonazistische Zeitschriften und Bücher erscheinen. Der Nordland Verlag nimmt durch seine langjährigen Aktivitäten eine bedeutende Rolle in der deutschen Neonaziszene ein.
Weiterhin ist Thorsten Heise einer der Gründerväter des aktuellen internationalen Combat 18 Netzwerks. Heise ist seit Mitte der 1990er Jahre die Kristallisationsfigur und der Spiritus Rector der deutschen Sektion. Die dokumentierte Neuaufstellung von «Combat 18» Deutschland im Jahr 2012 wäre ohne Heise nicht möglich gewesen. Im Januar 2020 wurde das Netzwerk verboten, Heise jedoch nicht belangt.
Malte Ahlbrecht – Hooligan und Kampfsportler in Kassel
Seit 2016 ist Ahlbrecht mittlerweile regelmäßig im nordhessischen Kassel anzutreffen, spätestens seit Mitte 2018 ist er hier auch wohnhaft. Schnell in die Fanszene des KSV Hessen Kassel eingebunden, ist er ab ca. 2017 Mitglied der Junghooligan Gruppe „Drei Vier Eins Hooligans“. Er ist bei vielen Spielen des KSV anzutreffen und steht oft im oder direkt neben dem Ultrablock mit anderen jüngeren Hooligans.
Es liegt nahe dass Ahlbrecht, neben der Freizeitbeschäftigung in der teilweise rechtsoffenen Kasseler Fussballfanszene, auch ein Agitationsauftrag von Heises Nazinetzwerk ins Stadion und die Hooliganszene lockt. Hier können im Stadion Nachwuchskräfte für die Ideologie der Neonazis agitiert werden. Das sorgt bei Teilen der KSV Fanszene für Unmut.
Der auf dem „Acker“ in abgesprochene Gruppenkämpfe zwischen Hooligans involvierte Malte Ahlbrecht, bereitet sich auf seinen gewalttätigen Freizeitsport in der „Phoenix Sport Akademie“ in Kassel vor. Seit mindestens 2016 trainiert er hier regelmäßig mit seinen Hooligan-“Kameraden“ zwischen anderen Kampfsportlern. Die grundsätzlich rechte bis rechtsoffene Hooliganszene in Kassel hat das Phoenix Gym als ihren Haupttrainingsort auserkoren, mindestens mit der bisherigen Duldung des Inhabers Marinko Neimarevic. Neben Ahlbrecht trainieren mindestens die beiden „Drei Vier Eins“ Mitglieder Joschua Leischner und Max Neusel im Phoenix Gym.
Die K1 Kämpfe der Hooligans Leischner und Neusel auf der hauseignen „Mixfight Gala“ 2019 wurden nicht nur von normalen Phoenix Vereinsmitgliedern und dem Trainer begleitet, sondern auch von einer 40 köpfigen Gruppe Kasseler Hooligans und Ultras, die lautstark unterstützten und mit einem Banner der „Sektion Agrarsport“ den klaren Bezug zur rechten Hoolszene aufmachten. Gleichzeitig wurden die beiden Hooligans im Stadion mit einem Spruchband gegrüßt. Gerne laufen die jungen Hooligans auch mal bei den Auswärtsspielen mit den Ultras in einer gemeinsamen Gruppe, man kennt sich eben.
Dass Joschua Leischner nicht nur bei seinen engen Freunden und Hooligans wie Ahlbrecht rechte Vorlieben hat, zeigt auch sein offenes Tragen von Kleidung der Marke „Label23“, einem einschlägigen Neonazilabel aus Cottbus. Mittlerweile hat Leischner seine Karriere als Kampfsportler im offen rechten Milieu weitergeführt. Er steht als Vertreter der KSV Hooligans auf der Fight Card und Plakat der bekannten „la familia Fight Night“ des rechtsoffenen la familia Gyms aus Halle für 2020. Diesmal unter dem Motto „In den Farben getrennt, im Sport vereint“. Hier wird eine Hooligan Freundschaft zwischen den eindeutig rechten Fanszenen von Lok Leipzig, Hallescher FC, Rot Weiss Erfurt, Cottbus und dem KSV Kassel beschworen. Die Einordnung ist klar: Rechter Hooliganismus aus Ostdeutschland hat einen Partner-in-Crime in Kassel.
Es wird offensichtlich, dass die rechten Hooligans aktuell mindestens im Phoenix Martial Arts Studio und im KSV Stadion einen festen Platz haben.
Exkurs: Politisches Milieu Hooligans
Hooligans als gewaltsuchende Subkultur in den Stadien existieren schon seit Anfang der Achtziger Jahre in Deutschland. In den letzten 10 Jahren zeichnet sich jedoch ein organisierteres Bild der Hooligans ab, vor allem gekennzeichnet durch eine radikalere rechte Politisierung und Agitation. Es finden nicht mehr nur Fussballfans einen Platz, sondern auch Rocker, Kampfsportler und Personen anderer patriarchaler Milieus. Mit der Organisierung von verabredeten Gruppenkämpfen abseits des Fussballs, der Professionalisierung durch Vernetzung und Kampfsport findet der Hooliganismus eine neue Dynamik, vor allem bei jüngeren Hooligans. Diese Dynamik findet sich überwiegend in der Professionalisierung durch Kampfsport wieder. Hier wird das gezielte Verletzen des Gegenübers regelmässig trainiert und findet seine Umsetzung in den organisierten Kämpfen abseits der Stadien.
2014 wurde die Hooliganszene mit HOGESA (Hooligans gegen Salafisten) noch einmal weiter politisiert. Zu deren Demonstrationen reisten aus dem Umfeld des KSV organisiert eine Gruppe aus Kassel an. Darauf aufbauend spielten dann auch rechte Hooligan Gruppierungen in den PEGIDA Demonstrationen mit ihren lokalen Ablegern eine wichtige Rolle. Sie schirmten die Kundgebungen ab und griffen gezielt politische Gegner*innen und Journalisten*innen an. Im Rahmen dieser politisch rechten Veranstaltungen kam den Hooligans eine wichtige Rolle im politischen Straßenkampf zu. Die Hoolgruppen wurden auch von den Organisator*innen der PEGIDA Ableger darin mehrfach öffentlich bestätigt. Auch die rassistischen Ausschreitungen wie in Chemnitz im August 2018 wurden in großen Teilen von rechten Hooligangruppen unterstützt und organisiert, hier zeigt sich ein gewachsenes Netzwerk in der Neonaziszene an gewaltbereiten Aktivisten. In dieser politischen Aufgabe lässt sich bei den Hooligans ein starker Männlichkeitskult wahrnehmen, in dem Frauen keinerlei Platz haben. Körperkult, Kampfgeist und die Zusammenrottung von Männern in einer Gruppe lässt zutiefst patriarchale und misogyne Gruppen entstehen.
Kasseler Hooliganszene über die Jahrzehnte
Beim KSV Hessen Kassel sind Hooligans keine neue Erscheinung und prägen seit Jahrzehnten das Bild der Fanszene im Auestadion. Nicht zuletzt sind die Kasseler Althooligans ein FAP Aufbauprojekt aus den 1990er Jahren gewesen. Eine Struktur, in der auch Ahlbrechts Ziehvater Thorsten Heise seinen Anfang nahm. Zur ältesten und einflussreichsten Gruppe zählen die „Bomber Kassel“, die immer noch häufig in ihrer Stammkneipe „Rauchfang“ in der Frankfurterstr. 141 anzutreffen sind. Schon in ihren frühen Tagen galten sie als gewaltbereit und rechts. Dies bezeugt sich nicht nur in ihren Freundschaften zu den älteren rechten Hooligruppen des 1.FC Lokomotive Leipzig, dem Freundeskreis Hannover (Hannover 96), Solingen und Homburg, sondern auch in ihrer aktiven Mitorganisation des Neonazi- und Hooligannetzwerks „Gnuhonnter“.
Die FAP war ein neonazistisches Aufbauprojekt der 1990er Jahre, die Partei wurde 1995 verboten. Festzuhalten bleibt, dass sich in der FAP eine Kaderstruktur mit organisatorischen Schwerpunkten herausbildete, welche heute noch intakt ist und mindestens zum Teil zum Umfeld des NSU gezählt werden kann. Prominente Beispiele sind Siegfried Borchardt aus Dortmund und der vorgestellte Thorsten Heise aus Niedersachsen. Die alten Netzwerke aus den Zeiten der FAP blieben auch nach dem Parteiverbot intakt und gingen in das Konzept der freien Kameradschaften ein. Die FAP fand mit dem Menschen füllenden Stadion und dem Aufkommen der Hooligans ein gutes Rekrutierungsfeld und nutzte dies als politisches Agitationsfeld zur Einbindung von Jugendlichen in die FAP. Eines dieser Felder war rückblickend das Auestadion in Kassel.
Das Netzwerk der Gnuhonnter (New Hunter/Neue Jäger) war ab 2013 ein Zusammenschluß älterer, deutscher Hooligan Gruppen und organisierter Neonazis, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten antirassistische Fußballfans mit Gewalt aus dem Stadion zu drängen. Das Gnuhonnter Netzwerk gilt zudem als Vorreiter des rechten Zusammenschlußes Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa). Bei deren Demo in Köln 2015 nahm eine Gruppe des KSV Hessen Kassel mit eigens organisierter Busanreise aus Kassel teil. Doch nicht nur die aktive Mitgliedschaft im Gnuhonnter Netzwerk lässt sich als politisch rechtes Indiz der Gruppe darstellen. Auch die Beflaggung des KSV Blocks im Juni 2013 mit einer Borussenfront Fahne (Nazi-Hooligan Gruppe des Borussia Dortmund) bei einem Heimspiel fällt in dieses Raster.
Zu der Gruppe gehören auch bekannte Kasseler Nazi-Kader, wie der aus Kassel stammende Markus Eckel. Dieser war in den 90er Jahren ein deutschlandweiter FAP Kader und Anführer der FAP-Kameradschaft Kassel und zeichnete sich vorallem durch Gewaltbereitschaft aus, wie bei einem brutalen Überfall auf der Wehlheider Kirmes. Dort hatte Markus Eckel mit mehreren FAP Mitgliedern eine Person of Colour äußerst schwer verletzt. Auch bei ihm besteht seit Jahrzehnten eine gutes Verhältnis zu Thorsten Heise, was sich in der Mitgliedschaft Eckels in Heises „Arische Bruderschaft“ zeigt. 2002 war er auch in der Gruppe zugegen, die gemeinsam mit dem Lübcke-Mörder Stephan Ernst und anderen, versuchte eine linke Demo anzugreifen. Auch ins Combat 18 Umfeld kann Eckel gezählt werden: 2018 besuchte er unter anderen gemeinsam mit dem obig erwähnten Jan Bogdahn ein Solidaritätskonzert der C18 Band Oidoxie in Eisenach für den vor Gericht stehenden NSU Terrorhelfer André Eminger. Markus Eckel ist auch heute noch nahezu jedes Wochenende im Stadion des KSV zu finden.
Bei dem erwähnten NSU-Helfer-Solidaritätskonzert in Eisenach 2018 war gemeinsam mit Eckel und Boghdan auch der rechte Kasseler Hool Martin Müller. Er ist eine weitere personelle Überschneidung zur aktiven Naziszene und den jüngeren Hooligans von „Drei Vier Eins“. Bei jedem bekannt gewordenen, arrangierten Kampf mit anderen Hooligan Gruppen war Martin Müller zugegen, sowie bei den Fight Nights von Joschua Leischner. Der beleibte Neonazi zeigte auch bei der AfD Wahlkampfveranstaltung in Kassel im Februar 2016 Präsenz.
Weiterhin findet sich mit Thorsten Kleinhans als Alteingesessener der Gruppe „Bomber Kassel“ eine der Führungspersonen der Hooligans in der Kurve des KSV. Kleinhans senior hält auch Kontakte zu den befreundeteten rechten GnuHonnter Gruppen wie dem Freundeskreis Hannover. Im Bezug auf das Kurvenleben ist er das Bindeglied zwischen den jungen Hooligans der „341 Hooligans“, wie Ahlbrecht und Leischner, und den Führungsfiguren der Ultra Gruppierungen des KSV Hessen Kassel sowie den Althools. Kleinhans bedrohte auch schon vermeintlich linke Fussballfans im Kasseler Stadion. Seine drei Söhne sind ebenfalls in den Strukturen der KSV Hooligans immer wieder zu beobachten. Auch Thorsten Kleinhans ist nahezu jedes Wochenende im Stadion des KSV zu finden.
Beide Hooligan Gruppen agieren nicht isoliert und kennen sich nachweislich und logischerweise über die sehr übersichtliche Kasseler Fanszene. Die guten Kontakte bezeugen unter anderem die gemeinsamen angetretenen Fahrten zu Auswärtsspielen des KSV Hessen Kassel. In der Kurve ist der Zusammenschluß 341 Hooligans neben dem Block der Ultra Gruppierungen des KSV zu finden. Verdeutlicht wird dies neben dem personellen Auftreten der Gruppe auch mit eigenen Zaunfahnen. Mit „Sektion Agrarsport“ und „341 Hooligans“ sind die Fahnen nicht nur bei Heimspielen zu beobachten, sondern auch bei Auswärtsspielen und normalisierter Teil der Kurvenbeflaggung. Nicht zuletzt pflegen die Hooligans und Ultras gemeinsam freundschaftliche Kontakte zu der Ultra- und Hooliganszene des KSV Holstein Kiel.
Zusammengefasst hat der zentrale Sportverein Kassels, der KSV Hessen Kassel, sowie eines der größten Kampfsportstudios der Stadt, Phoenix Sport Akademie mit vielen Freizeitsportler*innen in der Vereinsstruktur, ein handfestes Problem mit gewaltbereiten rechten Hooligans die das Studio als Ausbildungsort für Straßen- und Ackerkampf nutzen. Auch der KSV Hessen Kassel muss endlich die rechtsoffene Szene seiner Hooligans problematisieren und aktiv gegensteuern, so wie es Teile der Fanszene seit Jahren tun.
Beispielhaft für die rechten Umtriebe kann hier Malte Ahlbrechts Vita in der Neonaziszene und sein Engagement in der Neonaziszene angeführt werden.
Malte Ahlbrecht – Mitverantwortlich für große Magazine der Neonaziszene
Der vorgestellte Kasseler Neonazi Malte Ahlbrecht ist jedoch nicht nur noch in der umrissenen Hooligan Subkultur und als Kampfsportler aktiv. Er betätigte sich auch nach seinem Auszug im März 2018 aus Heises Gutshof in Fretterode bis Ende 2019 weiterhin dezidiert politisch im Netzwerk um Combat 18 und Thorsten Heise an prominenter Stelle.
Seit 2018 war er mit seinem Konto als Zahlungsempfänger der Paypal Abonnements der ersten Ausgabe der Neonazizeitschrift „Werk Kodex“ hinterlegt. Werk-Kodex ist eine relativ neue Zeitschrift der Neonazi-Szene, 2018 aus dem völkischen Netzwerk der Thüringischen Neonaziszene hervorgegangen. Herausgegeben im „Nordland-Verlag“, der von Thorsten Heise und dessen Frau Nadine verantwortet wird, will das Heft ein Magazin für „deutsche Metapolitik und Kultur“ sein und für „alle, die Deutschland lieben“. Es soll unter der Herausgeberschaft von Tobias Schulz, mit Pseudonym „Baldur Landogart“, eine ästhetisch ansprechende Monatszeitschrift für den gebildeteren Neonazikader sein.
Doch mit dem „Werk Kodex“ nicht genug, ist Ahlbrecht bis Ende 2019 ebenfalls für die Kontoverwaltung und damit die Abonnementkoordination der Neonazi-Theoriezeitschrift „Volk in Bewegung – der Reichsbote“ zuständig. Hier war er seit Jahren als Zahlungsempfänger eingetragen, bis zur aktuellen Ausgabe 3/2019. Die „Volk in Bewegung“ erscheint 6x im Jahr ebenfalls in Thorsten Heises Nordland Verlag.
Die langjährig erscheinende Zeitschrift „Volk in Bewegung – Der Reichsbote“ versteht sich als das tonangebende Theorieorgan des „nationalen Widerstands“, also der organisierten Neonaziszene. Sie weist zumindest die dafür notwendige Kontinuität auf. 2011 und 2012 war es auch die „Volk in Bewegung“, in der ein gewisser „Landolf Ladig“ zwei Texte veröffentlichte, in denen Neonazigedankengut weiterentwickelt wurde. Es steht der dringende Verdacht im Raum, dass sich hinter dem Pseudonym Ladig der derzeitige Thüringische AfD Chef Björn Höcke verbirgt, der in Heises Zeitschrift veröffentlichte. Grundsätzlich ist die Volk in Bewegung eine der relevantesten Neonazizeitschriften der Republik.
Ab Ende 2019 wurde Ahlbrechts Konto als Zahlungsempfänger gestrichen. Die folgenden Ausgaben von Werk Kodex und Volk in Bewegung haben eine andere Kontoverbindung hinterlegt. Die Gründe hierfür können vielfältig sein und an dieser Stelle nur gemutmaßt werden. Ein Ausstieg Ahlbrechts aus der Neonaziszene ist bei seinem Engagement jedoch der unwahrscheinlichste Grund.
Die jahrelange Teilhabe an der Distribution der Produkte von Heises „Nordland Verlag“ zeigt, dass der 25 jährige Nazihool Malte Ahlbrecht entsprechend seiner Karriere in den radikalsten Neonazikreisen tief in der Szene steckt und dort bis vor Kurzem langjährig Organisationsaufgaben übernahm, auch nach seinem „Umstieg“ in die rechte Hooliganszene von Hessen Kassel. Von einer Naziszene in die Andere zu wechseln, ist jedoch eher eine Weiterentwicklung, und kein Ende seines rechten Engagements. Zumal seine Erfahrung und Kontakte aus der organisierten Neonaziszene nicht verschwinden und ihn sogar in die Hooliganszene gebracht haben.
Schlussbetrachtung
Malte Ahlbrecht zeigt, welche Vorgänge die Neonaziszene in Zeiten eines gesellschaftlichen Rechtsrucks umtreibt. Junge Neonazis, geschult und vernetzwerkt durch alte Kader wie Heise, leisten Aufbauarbeit in den rechten Hooligannetzwerken, bereiten sich auf den Straßenkampf durch intensives Training vor und sind währenddessen in die bestehenden Netzwerke der militanten Neonazis eingebunden, wie die Nähe in Combat 18 und die Distribution des Werkkodex und Volk in Bewegung zeigt.
Gewaltbereit, militant, geschult und gut vernetzt – so nehmen die Neonazis im Jahr 2019 Einfluss auf den Rechtsruck in der BRD. Nicht zuletzt sind die jüngsten politischen Morde der Kasseler Neonaziszene an Halit Yozgat und Walter Lübcke aus einem funktionierenden und kaum gestörten Neonazinetzwerk entstanden.
Die Akteure in Sport und Zivilgesellschaft in Kassel müssen handeln und Stellung gegen die Faschisten in ihren Reihen beziehen. Der KSV Hessen Kassel muss sich dem Problem seiner jahrzehntelang ignorierten rechten Hooligans stellen. Polizeiliche Ermittlungen oder die Anrufung des Verfassungsschutz werden keinerlei Besserung der Situation im Kasseler Stadion oder Boxstudios bringen. Die Fälle von verdeckter Unterstützung der Behörden an die Neonaziszene füllt bereits Regalmeter in den Archiven.
Daher: Vor allem die lebendige Fan- und Ultraszene die sich seit Jahren gegen Rassismus positioniert, kann sich unserer Solidarität gewiss sein wenn sie sich gegen die rechten Hoolstrukturen stellt. Entwickeln wir gemeinsam einen gesellschaftlichen Antifaschismus!
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Einige Bilder:
1. Ahlbrecht (links, Ordnerbinde, Sonnenbrille) und Jan Bogdahn (rechts, Ordnerbinde, Sonnenhut und -brille) in Leinefelde 2017
2. Stanley Röske (rechts) beim Rechtsrock-Festival in Themar 2018
3. Werbeplakat für die abgesagte „La Familia“ Fight Night mit Joschua Leischner (vorne links, rotes KSV-Shirt) mit Hooligans
4. Joschua Leischner
5. Markus Eckel in Bad Nenndorf
6. Martin Müller (2. von rechts) am Rande einer AfD-Kundgebung in Kassel 2016
7. Thorsten Kleinhans (rechts, „Kleinhans“-Tattoo auf dem Unterarm)