Internationaler Frauenkampftag

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„Ya Basta – Edi Bese - Es reicht!“

Zum diesjährigen 8. März haben wir mehrere Aktionen rund um den Frauenkampftag in Stuttgart organisiert und durchgeführt.
Am 29. Februar riefen wir zu einem gemeinsamen Aktionstag auf. Dieser beinhaltete das Anbringen von Wandtafeln und Plakaten in den verschiedenen Stadtteilen, das Basteln von Schildern und das Fertigen von Halstüchern, für den gemeinsamen Tanz „Der Vergewaltiger bist du!“ von Las Tesis. Zudem wurde der Choreografie hierzu einstudiert.

Die wichtigste Aktion fand dieses Jahr bereits am 7. März statt und war für uns die kämpferische Demonstration, die um ca. 16:00 Uhr am Schlossplatz startete. Organisatorin der politischen Aktion war das Frauenbündnis Stuttgart, in welchem 11 politisch gesamtgesellschaftliche und feministische Gruppen aktiv sind.

Dies sind:
ADKH-Demokratische Frauenbewegung in Europa, Frauenverband Courage, Frauenkollektiv Stuttgart, HDKA-A Stuttgart, Neue Frau (Yeni Kadin), Samstagsmütter, Sozialistische Frauenbewegung (SKB), YJK-E, Zusammen Kämpfen Stuttgart, Yasanacak Dünya, Rahai Zan (Iranische Organisation)

Bevor wir entschlossen mit rund 350 Menschen durch die Stuttgarter Innenstadt, zogen, wurde noch der Flashmob „Der Vergewaltiger bist du“ zusammen mit den Teilnehmerinnen getanzt. Die Demonstrationsroute ging vom Schlossplatz durch die Bolzstraße über die Theodor-Heuss-Straße. Am Rotebühlplatz wurde eine Zwischenkundgebung mit mehreren Reden abgehalten.
Weiter ging es über die Eberhardstraße zum Marktplatz, wo die Demonstration mit einer Abschlusskundgebung endete.
Inhaltlich setzten sich die Kundgebung und die Demonstration mit vielen Facetten des Frauenkampfes auseinander. Dieses Jahr stand der 8. März ganz unter dem Zeichen “Es reicht!“. Die Redebeiträge der Gruppen thematisierten vor allem die unbezahlte Heim- und Carearbeit, die menschenverachtende Situation an der türkisch-griechischen Grenze sowie das Zusammenwirken des Kapitalismus mit dem Patriarchat und die daraus resultierenden Konsequenzen im Frauenkampf.
Es wurden viele Passant*innen entlang der Demoroute durch das Verteilen von Flyern, Parolen und Redebeiträge erreicht und auf die Bedeutung des 8. März und des Frauenkampfes aufmerksam gemacht.

Uns wird nichts geschenkt, der Kampf für die Befreiung der Frau darf sich daher nicht auf dem 8. März ausruhen. Er muss jeden Tag geführt werden.
Trotzdem ist es wichtig, so viele Menschen wie möglich für diesen Tag zu mobilisieren, die sich an den Aktionen beteiligen, denn nur so schaffen wir ein Bewusstsein, um gemeinsam gegen Unterdrückung und Ausbeutung vorzugehen. Nur gemeinsam können wir gegen die Herrschaft des Patriarchats und für eine solidarische Gesellschaft und die Befreiung der Frau kämpfen.
Um unsere Ziele zu erreichen, ist es unbedingt notwendig, dass wir Frauen uns organisieren!

Rede Frauenkollektiv

„Frauen gehört die Welt.“
Dieses Sprichwort wird im Alltag oft und gerne genutzt. Doch Zahlen und Fakten zeigen, dass uns Frauen die Welt nicht gehört.
Nur 10% des weltweiten Einkommens erhalten Frauen – und nur 1 % des Globalvermögens ist in Besitz von Frauen.
Nach dem aktuellen Bericht der Bundesregierung über den Gender Care Gap leisten Frauen täglich 87 Minuten mehr Haus- und Sorgearbeit als Männer.
Der extremste Unterschied beim Gender Care Gap zeigt sich bei den 34-Jährigen: In dieser Altersgruppe verbringen Frauen täglich durchschnittlich über 5 Stunden mit Haus- und Sorgearbeit, Männer dagegen nur ca. 2,5 Stunden.

Warum ist das so?
Wir leben in einer patriarchalen Gesellschaftsordnung, die uns die sogenannten klassischen Rollenbilder von Männern und Frauen jeden Tag, z.B. durch Medien und Fernsehen anpreist, bis wir sie verinnerlicht haben und ebenfalls als erstrebenswert ansehen. Der Mann gilt als finanzieller Versorger, der nach außen wirkt und von der Familie unterstützt werden muss. Dadurch entsteht ein Machtverhältnis, welches ihm besondere Privilegien zugutekommen lässt wie z.B. familienunabhängige Freizeitgestaltung, Bestimmung über Finanzen, beruflich bedingte Wohnortwahl und Kindererziehung als „Hobby“. Die Frau hingegen kümmert sich, weil dies angeblich in ihrer Natur liegt, um die Kinder und den Haushalt und fügt sich der Familie.
Das kapitalistische System, in dem wir leben, trägt ebenfalls zur Zementierung der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern bei. Die immer noch bestehende ungleiche Bezahlung der Geschlechter und die steuerrechtlichen Vorteile im Zusammenhang mit einer Eheschließung sind Faktoren, warum es meist „logisch“ erscheint, dass Männer die finanzielle und Frauen die erzieherische und hauswirtschaftliche Versorgung in der Familie übernehmen.
Für Frauen ergeben sich dadurch aber wirtschaftliche Nachteile, die meist zu finanziellen Abhängigkeiten führen. Zusätzlich sind Frauen aufgrund des niedrigeren Einkommens, den Fehlzeiten durch Kindererziehung und Pflege von Angehörigen und den daraus resultierenden geringeren Rentenansprüchen, stärker von Altersarmut betroffen.
Die hohe weibliche Präsenz in der Teilzeitbeschäftigung ist ebenfalls Folge der „klassischen“ Rollenverteilung, die die Frau als Mutter und Hausfrau im häuslichen Umfeld festhält.
Wir fordern die Abschaffung und Überwindung der „klassischen“ Rollenverteilung, eine gerechte Aufteilung der Haus- und Sorgearbeit sowie gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Jede Frau soll selbstbestimmt und frei von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zwängen über ihr Leben entscheiden können.
Um für die Aufrechterhaltung des bereits Erreichten, für Fortschritt, Emanzipation und eine Veränderung der Gesellschaft zu kämpfen, müssen wir Frauen die immer noch bestehenden Unterdrückungsmechanismen und deren Auswirkungen wie Alltagssexismus erkennen und lernen gemeinsam dagegen vorzugehen.
Setzt euch für eure Rechte ein, tauscht euch aus, organisiert euch in Frauengruppen und steht bei Diskriminierungen für einander ein. Haltet zusammen, nur gemeinsam können wir den Kampf gegen das Patriarchat aufnehmen und unsere Ziele erreichen!

Frauen wehrt euch – erhebt eure Stimme!

Gegen Unterdrückung jeder Art, nieder, nieder mit dem Patriachat!

Aufruf Frauenkollektiv:
https://www.facebook.com/Frauenkollektiv0711/posts/2487112698222040?__tn...

Rede Zusammen Kämpfen:

Das Jahr 2019 war geprägt von weltweiten Massenprotesten. Trotz den Versuchen der Regierungen die Situation zu befrieden ließen sich die Protestierenden nicht mehr aufhalten. Die Menschen kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Sie fordern ein Umdenken sowie eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft. In vielen Ländern, wie Chile, Indien, Iran oder Rojava stehen Frauen an der Spitze der Proteste und sind ein wichtiger Antrieb der politischen Bewegungen. Sie sind Teil der gesamtgesellschaftlichen Proteste, aber kämpfen gleichzeitig auch in den eigenen Bewegungen für ihre Befreiung. Sie haben einen doppelten Antrieb und verbinden den Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung mit dem Kampf gegen das Patriarchat und geben damit feministischen Forderungen in den Protesten Raum. Die Unterdrückung der Frau in der patriarchalen Gesellschaft, Femizide und religiöser Fundamentalismus sind nur einige der bestimmenden Themen der internationalen Frauenbewegung.

Die genannten Länder und die Kämpfe der Frauen dort scheinen weit weg zu sein von unserem vermeintlich emanzipierten und freien Leben in Deutschland. Doch auch hier sind Frauen gefangen im System der doppelten Unterdrückung durch Kapitalismus und Patriarchat. Die Unterdrückungsmechanismen unterscheiden sich von Region zu Region durch Qualität und Quantität der Übergriffe. Doch weltweit ist die Herrschaft des Mannes über die Frau manifestiert. Eine Veränderung dieser Gesellschaftsordnung und aller Probleme, die sie mit sich bringt, ist nur möglich, wenn der antikapitalistische Kampf mit dem Kampf gegen das Patriarchat verbunden wird. Denn was uns die weltweiten Beispiele verdeutlichen ist, dass der Kampf für die Befreiung der Frau immer auch im Inneren der Bewegungen und der Familien geführt werden muss. Zu tief verwurzelt sind Rollenmodelle und die Angst vor dem Verlust männlicher Privilegien.
Daher ist es wichtig, dass wir Frauen solidarisch und selbstbestimmt für die Veränderung des Systems auf die Straßen gehen. Durch vorangegangene feministische Kämpfe in Deutschland, gilt zumindest theoretisch die Gleichstellung der Geschlechter. Doch faktisch gibt es viele Bereiche, in denen dies nicht der Fall ist. Es gibt viele Ziele, für die es noch zu kämpfen gilt:
• das Recht auf körperliche Selbstbestimmung
• eine gleiche Bezahlung und Wertung von weiblich und männlich konnotierter Arbeit
• die gerechte Verteilung der Haus- und Sorgearbeit z.B. durch kollektivierte Kindererziehung und Bildung
• und die Überwindung von Geschlechterrollen
Die Forderungen der Frauenbewegung sind vielfältig. Oft hört man z.B. den Ruf nach einer Frauenquote, die Unternehmen zwingen soll mehr weibliche Führungskräfte einzustellen. Auch wünschen sich viele ein ausgeglichenes Verhältnis der Löhne durch 10-20% Lohnerhöhung für Frauen. Wir dürfen uns aber nicht mit schnellen und einfachen Lösungen zufrieden geben, denn diese Maßnahmen allein ändern nichts an der kapitalistischen Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Der feministische Befreiungskampf darf nicht auf ökonomische Aspekte reduziert werden, sondern muss auf allen Ebenen geführt werden, die der Unterdrückung der Menschen gelten. Der Kampf für die Befreiung der Frau muss immer auch antikapitalistisch sein, denn nur in einer Gesellschaft, in der es nicht nur um den Profit geht, können neue Formen des Zusammenlebens und des Zusammenspiels der Geschlechter geschaffen werden. Gleichzeitig gilt aber auch, in allen antikapitalistischen Kämpfen antipatriarchale Forderungen zu integrieren.
Alleine für sich, ist es unmöglich, die Ziele zu erreichen. Daher ist es notwendig, uns zusammen zu schließen und gemeinsam mit unseren Nachbarinnen, unseren Kolleginnen und unseren Freundinnen zu kämpfen. Das Ziel einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung eint uns. Durch gleiche Erfahrungen und ähnliche Lebensrealitäten verstehen wir uns besser. Gemeinsam können wir den Kampf um Gleichberechtigung in unserem Alltag führen, uns unterstützen und bestärken. Aus kleinen Anfängen kann so Großes entstehen.

Für die Befreiung der Frau!

Zusammen kämpfen gegen Patriarchat und Kapitalismus!

Aufruf Zusammen Kämpfen:
https://zkstuttgart.wordpress.com/2020/02/20/heraus-zum-internationalen-...

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