Ein Bett für den Winter - was wir für Obdachlose tun können ...

 

Rückblick: Seit gut 3 Jahren stellen wir Wohncontainer für Obdachlose auf. Dieses Jahr auch in Hamburg Niendorf und jedes Jahr schauen wir dann auch nach einem (dem Alter nach) geeigneten Bewohner für den Einzug, denn unsere Zielgruppe ist "50plus"! Vorallem ältere Menschen haben es schwer im Winter und so fanden wir Horst - er ist 62 und verlor die Wohnung nach dem Tod seiner Frau. Ein klassischer Fall von Wohnungsverlust im Rentenalter. Gleich mehr dazu.

 

 

Für wem gemacht?

 

Oft werden wir gefragt, ob wir auch jüngere Menschen unterbringen und so tragisch das Schicksal eines jeden Obdachlosen auch ist, egal welchen Alters, sind es doch vorallem die älteren Menschen, die es besonders schwer haben im Winter. Aus diesem Grunde nehmen wir seit Jahren gezielt ältere Menschen auf, weil irgendwo müssen wir anfangen und wir tun es bei der Zielgruppe 50plus.

 

Horst (62) - Zielgruppe 50plus

 

Mitte Januar trafen wir den Obdachlosen Horst (62) am Hamburger Hauptbahnhof während unserer sonntäglichen Sachspendenverteilung. Horst war einer der Hilfesuchenden. Über einen Kaffee (wir verteilen dort auch Heißgetränke) kamen wir ins Gespräch und Horst erzählte uns von seinem Schicksal, wie er die Wohnung verlor und seitdem auf der Straße lebt. Seine Frau war letzten Winter verstorben und die Miete (600 EUR) war - für nur eine Person - zu teuer und er musste raus - ausziehen und findet seither nichts Neues für sein schmales Geld.

 

Klassischer Fall von Wohnungsverlust

 

Ob er keine Hilfe vom Sozialamt bekommt (geboren in Kiel), wollen wir wissen und die Geschichte ähnelt vielen, die wir schon kennen. Das Sozialamt fördert Wohnungen nur bis zu einer bestimmten Größe und bis zu einem bestimmten Preis. Wer drüber liegt muss raus - also umziehen. Doch was tun, wenn es wie in Hamburg kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt?

 

Furcht vor der städtischen Unterkunft

 

Im städtischen Winternotprogramm will der 62-Jährige nicht bleiben. Dort war er zunächst im Wohnkomplex an der Kollaustrasse 15 untergebracht. Mit mehreren Leuten auf dem Zimmer hielt er es nicht aus und wurde am Ende "auch noch beklaut", wie er berichtet. Horst meidet seither das städtische Winternotprogramm und da ist er nicht der Einzige.

 

"Haustiere nicht erwünscht"

 

Auch Betroffene mit Hund dürfen nicht rein und welcher Obdachlose trennt sich schon gerne von seinem Tier? Die Stadt hat hierfür keine gangbare Lösung und auch der Umstand, dass die armen Menschen jeden Morgen raus in die Kälte müssen und erst am Abend wieder rein dürfen ist - und das gerade auch für ältere Obdachlose - oft auch eine Tortur, weshalb Kirchen und private Initiativen die derzeit einzige Alternative zum städtischen Winternotprogramm sind.

 

Stadt vs. Privat - Winternotprogramm im Test

 

Jedes Jahr bleiben Betten auch leer und unbelegt im städtischen Winternotprogramm. Frage muss daher auch sein, WARUM viele der Betroffenen das Angebot der Stadt ablehnen und viel lieber draußen schlafen? Nicht Jeder hält das aus - das Zusammenleben auf engsten Raum, mit fremden Menschen, die man nicht kennt. Viele der gerade Langzeitobdachlosen sind Einzelgänger und scheuen menschliche Nähe. Alkohol, Gewalt und "Stress" kommen noch hinzu und die oft widrigen Begleiterscheinungen einer solchen Mehrbettzimmer-Unterbringung führen meist dazu, dass Betroffene das Angebot der Stadt ablehnen und dann lieber auf der Straße schlafen und im Zweifel dann erfrieren.

 

Initiative fordert mehr Einzelunterbringung

 

Seit Jahren fordert die Bürgerinitiative "Hilfe für Hamburger Obdachlose" mehr Einzelunterbringung für Menschen, die es in der Gruppe nicht aushalten, die sich vor den Zuständen in den Mehrbettzimmern fürchten und das sind nicht Wenige. Oder warum sonst stehen jedes Jahr Betten auch leer? Hier ein Bericht von Hinz & Kunzt vom 14.1. zu genau diesem Thema: https://www.hinzundkunzt.de/rund-100-betten-fuer-obdachlose-frei/

 

Die Stadt tut nichts, um das Angebot in diesem Bereich zu verbessern! Wer es im Mehrbettzimmer nicht aushält, muss draußen schlafen. "Es gibt keine von vornherein zugesicherte Einzelunterbringung im städtischen Winternotprogramm" - teilt man uns auf Nachfrage (inoffiziell) mit. Somit bleibt die Situation vieler Obdachloser, die sich vor den Massenunterkünften der Stadt fürchten, unverändert schlecht. Auch für "Horst" blieb in dem Fall nur die Straße und in unserem Fall dann die Hilfe von Privat.

 

Beispiel Niendorf

 

Aktuell haben wir den Obdachlosen Horst im privaten Winternotprogramm unserer Gruppe untergebracht. Der Container im Stadtteil Niendorf steht dem Obdachlosen nun 6 Monate lang zur Verfügung und damit weit länger als das städtische Winternotprogramm Unterschlupf gewährt. Viel Zeit auch um wirklich zur Ruhe zu kommen und eine Folgeunterkunft zu organisieren.

 

6 Monate Ruhe

 

2018 konnten wir auf diesem Wege auch dem Obdachlosen "Bolle" nach Beendigung unseres privaten Winternotprogramms weiterhin helfen und in eine bleibende Unterkunft vermitteln.

 

Auch Carola lebt weiterhin und seit Mai 2019 im "Housing First"-Programm unserer Gruppe. "Erst Wohnen - dann der Rest" - lautet das Motto und es funktioniert.

 

Es braucht unbedingt mehr Menschen noch, die Obdachlose erstmal bedingungslos bei sich aufnehmen und mehr Flächen auch noch - besonders im Innenstadtbereich - wo Leute helfen dürfen, wenn sie denn wollen und Viele wollen das.

 

Chancengeber 2020

 

Werdet Botschafter der guten Sache. Wer ein privates Grundstück besitzt und einen Obdachlosen künftig das Überwintern bei sich ermöglichen möchte, kann uns gerne hierfür ansprechen. Wir geben Rat und Tipps zur Umsetzung eines privaten Winternotprogramms für Jedermann.

www.hamburger-obdachlose.de

 

 

 

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