Outcall: „Gonzo“ - ein "feministischer" Sprüher aus Erfurt?

Themen: 

Content Note:
Sexuelle Nötigung & Psychische Gewalt;                        

(1) "Gonzo" ist nicht der echte Name des Täters, sondern einer seiner Graffiti-Namen.

1. Einleitung

Dieser Text dient der Sichtbarmachung patriarchaler Gewalt in Erfurt.
Er soll dafür sensibilisieren, wie vielfältig diese Gewalt aussehen kann.

„Gonzo“ (1) ist ein Sprüher aus Erfurt, der sich sowohl in der Graffiti-, als auch in der alternativen, linksradikalen Szene bewegt.
Wir haben uns dazu entschieden, Gonzos Verhalten gegenüber Frauen öffentlich zu machen, da er sich in der Öffentlichkeit konsequent als linksradikal und feministisch inszeniert, während sein privater Umgang mit Frauen von psychischer Gewalt gezeichnet ist.
Gonzo führte zwischen Juni 2021 und Dezember 2024 parallel mindestens zwei, gegen Ende mindestens drei, als jeweils monogam und exklusiv deklarierte Beziehungen mit verschiedenen Frauen.
Er nutzte gezielt Gaslighting, Silent Treatment und weitere Formen des psychischen Missbrauchs, um enorme Lügenkonstrukte aufrecht zu erhalten und mindestens eine der Betroffenen auch sexuell zu nötigen.
 

2. Selbstinszenierung als Vorzeige-Linker und Feminist

Während Gonzo jahrelang als Täter agierte, bediente er sich der Grundwerte unserer antifaschistischen und feministischen Subkultur, um Frauen ein falsches Sicherheitsgefühl zu geben und sich ihr Vertrauen zu erschleichen.
Er bezog vermeintlich konsequent Stellung gegenüber anderen Männern, die Frauen emotional und körperlich misshandelten. Indem Gonzo immer wieder versuchte, zu direkten Aktionen gegen andere Täter zu mobilisieren, deren Graffiti crosste und Personen beispielsweise aufgrund ihrer Rammstein-Shirts bespuckte und bedrohte, tat er alles, um die politisch korrekte Fassade aufrecht zu erhalten.

Mehrfach konfrontierte er andere Täter lautstark auf offener Straße, teilweise gegen den ausdrücklichen Willen der betroffenen Frauen, und echauffierte sich immer wieder ausführlich darüber, dass seine Freunde und der Rest der Szene nicht konsequent genug im Umgang mit Tätern seien.

 

3. Detaillierte Schilderung von Gonzos Verhalten in Beziehungen

Beziehung mit K:

“Ich lernte Gonzo im Mai 2021 kennen und führte von Juni 2021 bis Dezember 2024 eine Beziehung mit ihm. Ich erlebte ihn als einen sehr liebevollen, loyalen und ruhigen Menschen, der mir sehr ähnlich war.
Die Person, die er darstellte, war ebenfalls sehr politisch, viel unterwegs, extrovertiert und wir teilten viele Interessen. Ebenso waren wir uns von Anfang an einig darin, wie wir uns unser gemeinsames Leben vorstellten und auch darin, keine Kinder zu wollen. Er wurde vollständig in meinen Freundes- und Familienkreis integriert und ich in seinen. In meinen Augen führten wir immer eine stabile Beziehung.

Einen Großteil der Beziehungsarbeit habe ich dennoch allein getragen. In der Zeit, die wir zusammen verbrachten, war er immer sehr präsent. Wenn wir physisch nicht zusammen waren, war er hingegen kaum erreichbar und dementsprechend auch kein unterstützender Partner. Während mir rückblickend bewusst ist, dass er diese Tage mit T. verbrachte, zeichnete Gonzo damals ein anderes Bild.

Ich war bereit dazu, die Mehrarbeit zu tragen, da er vorgab, Depressionen zu haben, aufgrund derer er teilweise tagelang schlafen würde, nicht in der Lage wäre aufzustehen und dadurch nicht die Kraft hätte, mich in irgendeiner Form zu unterstützen. Beispielsweise auch nicht, als ich aufgrund eines ambulanten Eingriffs im Krankenhaus lag, während er sich, wie sich später herausstellte, mit T. traf.

Mentale Gesundheit ist ein extrem wichtiges Thema, über das nun endlich mehr gesprochen wird und mir sehr am Herzen liegt. Dementsprechend habe ich seine Aussagen nie in Frage gestellt und immer aktiv versucht ihn zu unterstützen.
Rückblickend erkenne ich, dass er sich daran bediente, was ich ihm über von Depressionen betroffene Freund:innen erzählte, dass er deren Aussagen kopierte und mein Verständnis dafür, dass Betroffene sich tagelang einigelten, ohne erreichbar zu sein, ausnutzte, um sein Doppelleben aufrecht zu erhalten.

Sexuelle Grenzen, die ich ihm früh setzte, respektierte er zwar zunächst anstandslos, im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass er während unserer Beziehung andere Frauen massiv unter Druck setzte und manipulierte, um bestimmte sexuelle Handlungen zu erzwingen, die ich nicht ausführen wollte.”

 

Beziehung mit T:

„Ich lernte Gonzo im April 2023 über Instagram kennen. Wir schrieben monatelang, hatten jeden Tag einen sehr angenehmen Kontakt, der nie in eine zweideutige Richtung ging.

Nach ca. 3 Monaten trafen wir uns zum ersten Mal und haben uns dazu entschieden, uns auch häufiger zu sehen. Anfangs war alles rein freundschaftlich, doch wir trafen uns immer häufiger. Wir gingen nicht viel später eine Beziehung ein. Es schien optimal - er spiegelte das wider, was ich mir von einem Partner wünschte: Ruhe, Verständnis, Akzeptanz. Bei Treffen verließen wir selten die Wohnung und verbrachten die Zeit lieber vor dem Fernseher oder der Konsole. Wir machten eben das, was wir beide sehr gern mochten.

Nach ein paar Wochen der Harmonie merkte ich Veränderungen in seinem Charakter, seinen Impulsen. Er reagierte bereits auf kleinste Meinungsverschiedenheiten mit Wut, er ignorierte mich und war nicht dazu bereit, einen Streit durch Kommunikation beizulegen. Durch meine vorherige, sehr traumatische Beziehung entschied ich mich dazu, ihn darauf hinzuweisen, damit er ein paar meiner Trigger kannte und diese in Zukunft besser berücksichtigen konnte. Im Nachhinein ist mir bewusst, dass er Gesagtes gegen mich verwendete. Unterstützung in emotionalen oder belastenden Situationen konnte ich nicht erwarten. Sobald Gonzo nicht mehr in meiner Nähe war, war er nicht erreichbar, reagierte nicht auf Anrufe und fand immer eine Ausrede, weshalb er nicht zu mir kommen konnte.

Folgende schwerwiegende Punkte sind in dieser Beziehung ein großer Bestandteil gewesen:

  • Silent Treatment

Gepaart mit Wut hat er, wenn ihm etwas nicht gepasst hat, den ganzen Abend Ignoranz gezeigt. Er wollte keine klärenden Gespräche, er saß einfach nur da, hat sich einen Joint nach dem anderen gedreht und ging auf keinen Klärungsversuch ein. Selbst wenn ich weinend neben ihm lag, war ihm das egal. Silent Treatment erfolgte auch über Textnachrichten. Er schrieb meistens nur ein Wort und löschte regelmäßig alle Nachrichten. Liebe Nachrichten wurden bewusst gelöscht, um ein Gefühl von Verlust zu vermitteln.

  • Krankhafte Eifersucht

Gonzo war eifersüchtig auf jede männliche Person in meinem Bekanntenkreis. Bei meinem Kontakt mit entsprechenden Personen - egal ob Arbeitskollege, Nachbar oder Freund seit der Kindheit - wurde Silent Treatment angewandt. Er wollte diese Leute nicht kennenlernen, aber bestrafte mich dafür, mit ihnen auch nur zu reden. Außerdem stalkte er die Onlineprofile von Freunden, um zu sehen, ob ich mich dort befände und er loggte sich in meine Konten ein, um zu sehen, ob ich weiteren Kontakt mit Bekannten hatte. Weil seine Wut zu stark und verletzend war, schottete ich mich von Freunden ab.

  • Eingriff in Privatsphäre

Gonzo las meine versteckten Tagebücher und stritt dies anschließend ab, obwohl ich ihn dabei gesehen hatte.

  • Stimmungsschwankungen

Gonzo war erst lieb und nur eine Stunde später war er voller Hass und Wut. Man konnte nicht mehr mit ihm reden und er gab keine Erklärung dafür ab. Jedes kleinste Wort konnte seine Stimmung ändern und der Tag bestand dann nur noch aus Silent Treatment.

  • Sexuelle Nötigung

Alles war gut, solange ich mich ihm sexuell angeboten habe. Ob persönlich oder beim Schreiben, wurde er wütend, sobald ich sexuelle Interaktion abgelehnt habe. Wenn er Sex wollte, dann musste ich ihm den geben, sonst wurde ich mindestens den ganzen Abend, häufig auch tagelang, ignoriert. Dieses manipulative Verhalten hatte ebenfalls zur Folge, dass bestimmte Grenzen immer weiter überschritten wurden.

  • Manipulation

Die offene Kommunikation über vergangene Traumata wurde von Gonzo ausgenutzt. Vor allem Silent Treatment wurde mehrfach die Woche ausgeübt. Obwohl ich wusste, nichts falsch gemacht zu haben, hat er durch manipulative Aussagen und Handlungen ein schlechtes Gewissen in mir ausgelöst. Gonzo hat sich nie dafür entschuldigt, außer, ich stellte offen die Beziehung infrage. Er wusste, wann er besonders lieb sein musste, setzte sein verletzendes Verhalten aber fort, sobald er sich wieder in Sicherheit wähnte.

  • On-/Off-Beziehung

Um seine parallele Beziehung nicht zu gefährden, provozierte und konstruierte er Streitigkeiten mit mir, wenn er Zeit mit K. verbringen wollte. Er erzeugte negative Gefühle und ignorierte mich dann, um sicherzustellen, dass ich alleine zuhause weinte und ihn nicht mit seiner anderen Partnerin unterwegs sehen würde. Dieses Verhalten dauerte teilweise tagelang an, bis er die Erklärung abgab, es ginge ihm nicht gut und er sei depressiv. Damit wollte er offenbar sicherstellen, dass ich die Beziehung nicht beendete. Durch Abgleich solcher Zeiträume im Gespräch mit K. konnten wir feststellen, dass er eben nicht 2 Tage depressiv im Bett lag, sondern unterwegs war und Spaß hatte, während ich selbst mir Sorgen um meinen Partner machte, der sich nicht meldete.

  • Ausnutzung von Heilung

Die Herausforderungen mit vergangenen Partnern und daraus resultierende Unsicherheiten wurden von Gonzo für seine Manipulation genutzt. Ich lernte wieder zu vertrauen und zu akzeptieren, keine misstrauischen Fragen zu stellen, auch wenn ich ein schlechtes Bauchgefühl hatte. Er nutzte meine Hoffnung aus, dass er nicht so sei wie mein Ex-Partner und dass ich die Probleme, die ich mit einer anderen Person hatte, nicht an ihm auslassen wollte.

Diese Beziehung war für mich ab einem bestimmten Punkt zu einem großen Teil eine Qual. Gonzo erzeugte Mitleid, um die verletzenden Taten auszugleichen und um die Hoffnung aufrecht zu erhalten, dass er wieder die Person würde, in der ich damals den optimalen Partner gesehen hatte. Als ich herausfand, dass er zusätzlich zu oben beschriebenen Vorfällen eine 3-jährige Beziehung führte, ergab alles Sinn und ich konnte mittlerweile einige Dinge verarbeiten."

 

4. Inszenierung zweier unterschiedlicher Leben

Durch Gespräche zwischen K. und T. wurde festgestellt, dass Gonzo bei beiden Frauen gegensätzliche Charaktereigenschaften zeigte und bezüglich seines Alters unterschiedliche Angaben machte. Bei K. war er extrovertiert, ging viel raus, kiffte nie, war liebevoll und großzügig. Bei T. war er introvertiert, kiffte einen Joint nach dem anderen, war wütend und nur selten liebevoll. Dennoch gab er T. gegenüber einen Kinderwunsch vor und nahm eine Schwangerschaft durch fehlende Verhütung in Kauf. Er nutzte außerdem die politische Einstellung von  K., um sich bei T. und bei vielen Anderen besser darzustellen.

Neben diesem Vertrauensmissbrauch gefährdete Gonzo auch wissentlich die sexuelle Gesundheit aller beteiligten Frauen. Durch ständig wechselnde und ungeschützte Sexualkontakte wurde in Kauf genommen, dass sich sexuelle Krankheiten verbreiten könnten, ohne dass die Partnerinnen das Risiko kannten und so eine eigene Entscheidung über Verhütungsmethoden und die eigene Gesundheit treffen konnten.

Besonders perfide ist, wie sehr sich die Erfahrungen beider Betroffener unterscheiden, wie gegensätzlich sein Verhalten und Charakterzüge waren, und wie selektiv er gesetzte Grenzen entweder respektierte oder Schritt für Schritt immer weiter überging.
Gonzo hatte genug Chancen diese Situation aufzulösen, ob mit ehrlichen Gesprächen oder mit einem konsequenten Schlussstrich. Stattdessen log er 2 (oder mehr) liebende Frauen täglich an und nutzte deren Fürsorge für seine Zwecke aus.
 

5. Verhalten nach der Aufdeckung

Die Aufdeckung von Gonzos Doppelleben erfolgte im Dezember durch die Kontaktaufnahme von T. über K.s Instagram-Account.
Bei der darauffolgenden Konfrontation zwischen K. und Gonzo versuchte dieser zunächst, alles zu leugnen - als das nicht mehr möglich war und K. die Beziehung zu ihm beendete, blockierte und ghostete er T. kommentarlos.

Bei einem späteren, zufälligen Aufeinandertreffen von T., K. und Gonzo, im Beisein einer neuen Partnerin, stellte sich heraus, dass auch diese Beziehung bereits bestand, während er noch Beziehungen mit T. und K. führte.
Durch die direkte Konfrontation und Offenlegung des zeitlichen Ablaufs wurde seiner neuen Partnerin jedoch eine fundierte Entscheidungsgrundlage gegeben, die den anderen Betroffenen verwehrt geblieben war.

Ein kurzer Exkurs: Gonzos Handlungen und seine Reaktion decken sich auch mit seinem Verhalten innerhalb der lokalen Graffiti-Szene und seiner Überzeugung, sowohl im persönlichen als auch im künstlerischen Bereich über allen Anderen zu stehen, überlegene Fähigkeiten zu besitzen und die Szene zu beherrschen.

 

Bis heute hat Gonzo keine Verantwortung für sein Handeln übernommen oder sich bei den Betroffenen entschuldigt.

 

6. Warum geht der Fall uns alle an?

Dieser Text dient der Sichtbarmachung patriarchaler Gewalt in Erfurt.
Er soll dafür sensibilisieren, wie vielfältig diese Gewalt aussehen kann.
Wie die beschriebenen Beziehungen geführt wurden und wie Menschen (auch in der Szene) miteinander umgehen, ist ein Sinnbild dafür, welche Arbeit noch getan werden muss. Es darf nicht sein, dass strukturelle Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung Teil von Beziehungen, Freundeskreisen, politischen Gruppen oder Wohnprojekten sind. Dass diese nicht selten von öffentlich selbstinszenierten "Feministen" ausgehen, zeigt:

Das Private ist und bleibt politisch!

Solche Täter:innenstrategien verschleiern viel zu häufig, welche Gefahr von einzelnen Personen ausgeht und sie sind Grund für das Misstrauen in die Berichte von Betroffenen und für den andauernden Schutz von Täter:innen.
Es geht uns mit diesem Outcall darum, einen weiteren Täter in unseren eigenen Reihen sichtbar zu machen, mögliche weitere Betroffene dazu zu ermutigen, ihre Erlebnisse zu teilen und andere potenziell Betroffene zu schützen. Denn auch wenn nicht jeder Täter jedes Verhalten gegenüber jeder Person zeigt - gemeint sind wir alle.

Wenn du selbst betroffen durch Gonzo bist, Anregungen oder Fragen hast, meld dich unter folgender E-Mail-Adresse bei der Unterstützungsgruppe: outcall-graffiti@riseup.net.

 

(1) "Gonzo" ist nicht der echte Name des Täters, sondern einer seiner Graffiti-Namen.

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