Und täglich grüßt das Murmeltier?

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Wie eine Stadt sich in einer nicht enden wollenden Zeitschleife befindet, bei ihrer Bemühung die Obdach- und Wohnungslosigkeit von Menschen zu überwinden.

Die Stadt Köln veröffentlichte auf ihrer Homepage eine Pressemitteilung, die sich auf einen Beschluss des Rat auf seiner gestrigen Sitzung bezieht. Vor seiner letztjährigen Sommerpause beschloss er das Kölner Konzept zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Die Soziale Wohnraumagentur ist ein Bestandteil dessen. Natürlich muss man in dem Zusammenhang die Frage stellen warum die Stadt Köln diese, eine hoheitliche Aufgabe, die Menschen mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen, nicht selbst übernimmt und an einen Akteur der Armutsindustrie auslagert. Relevant ist aber vor allem, warum es keine passendere Überschrift als die gewählte gibt.

  • Anfang 2020 bekamen die Mitglieder der Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik den Streetwork-Abschlussbericht Juni 2018 - Mai 2019 vorgelegt. Darin geben interviewte Obdachlose konkrete Gründe an, wegen derer sie die Hilfen, auch Unterkünfte, nicht annehmen. Was haben die Stadtverwaltung und die politischen Gremien innerhalb der letzten fünf Jahre aus diesen konkreten Erkenntnissen gemacht? Nichts. Zumindest sind mir keine entsprechenden Informationen aus öffentlich zugängigen Quellen bekannt.
  • Genau das gleiche, wie zuvor genannt, wird mit dem Kölner Konzept passieren. Wenn man sich in fünf Jahren trifft und zurückblickt, wird man keine konkreten und spürbaren Veränderungen feststellen.
  • Als vor Jahren Housing First in Köln eingeführt wurde, war es die gleiche Situation. Etwas, das sich andernortsbewährte, wird nicht konsequent angewendet, bis man die Obdach- und Wohnungslosigkeit der Menschen überwunden hat. Stattdessen wird das Rad schon wieder neu erfunden, und noch ein Modellprojekt ins Leben gerufen.
  • Auch hinsichtlich der Partizipation der betroffenen, Obdach- und Wohnungsloser, in den politischen Gremien (Rat der Stadt Köln, Ausschuss für Soziales, Seniorinnen und Senioren) lief es wie immer. Vertreter*innen der Armutsindustrie kamen zu Wort, weil sie ohnehin als beratende Mitglieder, Sachkundige*r Bürger*in/Einwohner*in im Sozialausschuss sitzen oder als Gäst*in eingeladen werden. Expert*innen in eigener Sache? Fehlanzeige.

Am Ende der Pressemitteilung der Stadt zur Wohnraumagentur sind die entsprechenden Dokumente im Ratsinformationssystem verlinkt. Wenn ihr euch ergänzend dazu auch die Geschäftsführende Ebene der Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik anschaut, die Mitglieder deren Fachgruppe Wohnungslosenhilfe, und durchlest was im Kölner Konzept zur Fachgruppe Partizipation innerhalb der Stadtarbeitsgemeinschaft geplant ist, und den Sachstandsbericht zum Fachkreis "Plätze mit besonderem Handlungsbedarf" anschaut und durchlest, und dann noch auf der Homepage der Stadt in die Übersicht der Ausschüsse und Gremien reinschaut, solltet ihr schnell feststellen das die Transparenz mangelhaft, gleich Null ist. Oder habt ihr Kenntnis von einer Quelle seitens der Stadt Köln, der man entnehmen kann

  • welche Gremien sich mit Obdachlosigkeit befassen,
  • auf welcher rechtlichen Grundlage diese arbeiten,
  • wie sie sich  zusammensetzen,
  • wie man sich als interessierte*r Bürger*in, Betroffene*r (Obdach- oder Wohnungslose*r) an den Debatten und Entscheidungsfindungen teilhaben kann?

Abschließend und zusammenfassend kann man sagen das Köln, das heißt die Stadtverwaltung und die politischen Gremien, Obdach- und Wohnungslosigkeit von Menschen nicht überwinden wollen. Den wollten sie es, hätten sie es längst tun können und müssen.

  • Aus dem Streetwork-Abschlussbericht wird deutlich, dass viele Obdachlose schlicht und einfach selbstbestimmt leben, frei entscheiden wollen, und sie deshalb Unterkünfte der Armutsindustrie wo sie bevormundet und entrechtet werden ablehnen.
  • Worum es bei Housing First geht dürften vielleicht nicht allen, aber den meisten mittlerweilen bekannt sein. Worum es aber auch geht sagt Sam Tsemberis in einem Video (auf Englisch) der FEANTSA. Wo es um die Beantwortung der Frage What is Housing First? geht. Nämlich die Menschen mit dem zu versorgen was sie wollen, und nicht was das System ihnen vorschreibt. Wenn sie eine Wohnung wollen, soll es eine Wohnung sein. Wenn es eine alternative Wohnform sein soll, soll es diese sein. Zu letzterem würde ich auch selbstverwaltete und -organisierte Wohnprojekte wie das ehemalige OMZ (Obdachlose mit Zukunft) zählen, das am 31. Mai 2023 in der Gummersbacher Straße in Köln zwangsgeräumt wurde.

Meines Wissens bekamen lediglich zwei ehemalige OMZ-Bewohner von der Stadt eine Wohnung angeboten. Viele der anderen lediglich eine Unterbringung in Unterkünften der Armutsindustrie. Einige wenige sind nachwievor obdachlos und machen unter anderem auf der Wiese neben dem Autonomen Zentrum auf Platte.

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