Timo Groenke - DJV-Neonazi als Jugend-Schiedsrichter

Emailadresse: 
SPAMSCHUTZmonitorberlin@riseup.netBITTEENTFERNEN
Themen: 
Regionen: 

Wenn es um Neonazis im Sport geht, stehen in der Regel jene Akteure im Vordergrund, die als aktive Athlet*innen oder Trainer*innen auftreten. Daneben gibt es jedoch weitere Möglichkeiten, um sich im Vereinsleben von Sportclubs oder im regelmäßigen Spielbetrieb einzubringen. Das Schiedsrichterwesen ist eines dieser Felder für eine potenzielle rechte Einflussnahme. In Berlin betätigt sich beispielsweise der gewaltbereite Neonazi Timo André Groenke aus dem Umfeld der extrem rechten Netzwerke um „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) und „Jung & Stark“ (JS) seit anderthalb Jahren als Schiedsrichter und Sportfotograf für Sparta Lichtenberg. Doch auch darüber hinaus ist der Jugendliche politisch enorm umtriebig. Momentan inszeniert er sich mit einem neuen News-Portal als mediales Sprachrohr für die extrem rechten Demonstrationen von Ferhat Sentürk in Berlin.

 

Timo Groenke als Teil jugendlicher Neonazinetzwerke...

Erstmalig trat Timo Groenke, der sich selbst auch „Pumba“ nennt, am 29. Spetember 2024 politisch in Erscheinung [Bild 1]. An diesem Tag fuhr er mit einer Gruppe von Neonazis aus dem Spektrum von DJV und JS zu einem Aufmarsch nach Görlitz fuhr. Unter ihnen waren beispielsweise Carsten Grasse oder Christopher Wetzels. Während letzterer in Görlitz Ordner war, nahm Groenke nur an der Versammlung teil. Drei Wochen später, am 19. Oktober 2024, war er jedoch schon selbst Ordner beim Neonazi-Aufmarsch von DJV und JS gegen eine feministische Antifa-Demonstration in Berlin-Marzahn [Bild 1]. Seine Beteiligung an strukturellen Aufgaben zeigt, dass er innerhalb kürzester Zeit das Vertrauen der Organisierenden gewinnen konnte. Seitdem fällt er regelmäßig im Kontext dieser neuen Netzwerke junger Neonazis auf und ist bundesweit aktiv. Zusammen in einer größeren Gruppe, zu der unter anderem Philippe Benecke, Vincent Gutjahr und Erik Franke gehörten, besuchte Groenke am 18. Januar eine extrem rechte Demonstration der „Freien Sachsen“ in Chemnitz sowie am 14. Februar 2025 den geschichtsrevisionistischen Neonazi-Aufmarsch in Dresden [Bild 1]. In einer ähnlichen Konstellation nahm er am 22. Februar am Wahlkampfabschluss der AfD in Berlin-Hohenschönhausen teil [Bild 2]. Obwohl Groenke noch nicht so lange wie die anderen Akteure erkennbar aktiv ist, bewegt er sich inzwischen im organisatorischen Kern dieser Vernetzungen jugendlicher Neonazis. Er ist damit eine Ausnahme, da die Zusammensetzung der extrem rechten Cliquen um DJV und JS ansonsten sehr wechselhaft ist. Abseits eines Kerns von kontinuierlich aktiven Akteuren konnten nur wenige andere Personen dauerhaft gebunden werden. Dabei scheint Groenke auch kein Problem mit Gewalt zu haben. Er hält engen Kontakt mit Neonazis wie Benecke oder Gutjahr, die Ende Oktober 2024 beide wegen gewalttätiger Angriffe von der Polizei durchsucht wurden. Zudem fiel Groenke selbst bereits im Kontext von Übergriffen auf. Am 19. Oktober 2024 war er mit Christopher Wetzels Teil einer Neonazi-Gruppe, die nach einem Angriff am Rande des Aufmarschs von der Polizei kontrolliert wurde [Bild 1]. Im Nachgang postete er spöttische Fotos von anwesenden Journalist*innen und outete diese in Anti-Antifa-Manier auf seinem Instagram-Account [Bild 3]. Ohnehin sind Groenkes Auftritte auf Social-Media-Plattformen eine Ansammlung hetzerischer Statements sowie von völkischen bis offen nationalsozialistischen Sympathiebekundungen. Neuerdings ist beispielsweise in der Profilbeschreibung auf dem Instagram-Account „bxn_pumba“ ein doppelter Blitz als Anspielung auf das Symbol der SS zu finden. Zuvor nutzte „Pumba“ unter anderem den Zahlencode „88“ als Chiffre für „Heil Hitler“ in seinem Profilnamen [Bild 3].

 

und Scharnier zur AfD

Dennoch sucht Timo Groenke, wie viele Mitglieder der jugendlichen Neonazi-Netzwerke, auch Anbindungen an gemäßigtere Kreise der extremen Rechten. So nahm Groenke allein im Jahr 2025 mindestens zweimal an Wahlkampfveranstaltungen der AfD in Berlin teil [Bild 2]. Am 22. Februar trug er währenddessen sogar eine Jacke mit dem Logo des Lichtenberger Bezirksverbandes. Diese blauen Jacken waren in der Vergangenheit nur selten zu sehen und wurden ausschließlich von Parteimitgliedern getragen. Es ist somit davon auszugehen, dass Groenke Mitglied in der AfD ist und somit eine Scharnierfunktion zwischen der Partei und außerparlamentarischen Neonazi-Strukturen ausübt. Dazu passt ebenfalls, dass Timo Groenke am 8. Januar eine Versammlung des Marzahn-Hellersdorfer Bezirksverbandes der AfD gemeinsam mit Jannik D. Giese besuchte. Dieser tauchte Ende 2024 zum ersten Mal als Leiter einer extrem rechten Demonstration in Berlin-Friedrichshain auf, die er zusammen mit dem ehemaligen AfD-Politiker Ferhat Sentürk aus Aachen organisiert hatte. Inzwischen hat es sich Sentürk zur Aufgabe gemacht, regelmäßig Versammlungen gegen „Linksextremismus“ in Berlin zu organisieren. Dabei gibt er sich nach außen teilweise politisch gemäßigt, richtet sich allerdings dennoch vorwiegend an die neuen Neonazi-Netzwerke, die solche Geschenke zur politischen Selbstdarstellung nur schwer ausschlagen können. Allerdings bestehen auch Spannungen, da Sentürk innerhalb der Rechten politisch höchst umstritten ist. So empfahl Timo Groenke seinen Kameraden auf seinem instagram-Profil im Vorfeld von Sentürks Demonstration am 22. Februar in Berlin-Mitte noch: „Scheißt auf die Türkendemo!“ [Bild 3].

Mittlerweile hat er sich halbherzig von diesem Post distanziert. Stattdessen macht er nun offensiv Werbung für Sentürks Demonstration am 22. März durch Friedrichshain. Hierfür hat Groenke sogar eigens einen neuen Blog aufgesetzt. Auf „DEaktuell“ möchte er laut eigener Aussage „Demonstrationen und deren gesellschaftliche Bedeutung“ darlegen [Bild 4]. Die behauptete politische Neutralität ist dabei vor allem ein Ablenkungsmanöver. Sie fungiert als Deckmantel, um extrem rechte Inhalte und Personen, wie Julian Milz, den ehemaligen Anführer von DJV, unkritisch als normalen Teil der politischen Auseinandersetzung zu präsentieren. Mit diesem Vorgehen steht Timo Groenke für eine andere strategische Ausrichtung extrem rechter Politik. So zeichnen sich DJV und JS in ihrer Außenkommunikation dadurch aus, vorwiegend ihre eigene Klientel anzusprechen und mit ausgeprägten Feindbildern zu mobilisieren. Demgegenüber verfolgt Groenke eher eine Einspeisung neonazistischer Vorstellungen in gesellschaftliche Bereiche außerhalb der Szene.

 

Der extrem rechte Jugendschiedsrichter

Zu einer solchen (unbewussten) Strategie der niedrigschwelligen rechten Raumnahmen passt auch das sportliche Engagement Groenkes als Schiedsrichter [Bild 5]. Bereits im Juli 2022 legte er, damals noch bei Rot-Weiß 90 Hellersdorf angebunden, die Prüfung beim „Berliner Fußball-Verband“ (BfV) ab. Sein erstes Spiel leitete er am 1. Juli 2023. Zwei Wochen später wechselte er zu Sparta Lichtenberg [Bild 6]. Seitdem pfeift Groenke regelmäßig Fußballspiele in Berlin. Bislang hat er 26 Begegnungen betreut. Die meisten davon fanden in den Altersklassen der C- und D-Jugend statt. Dementsprechend waren die Spieler*innen größtenteils unter 15 und teilweise auch unter zwölf Jahre alt. Erst in jüngster Zeit begann Groenke ebenfalls Spiele in den höheren Altersbereichen der A- und B-Jugend zu pfeifen. Es ist schwer vorzustellen, dass ein gewaltbereiter Neonazi, der zuvor noch zu Aufmärschen durch die Bundesrepublik gefahren ist, am nächsten Wochenende ein Fußballspiel fair und unvoreingenommen allen Beteiligten gegenüber leiten kann. Am Beispiel Timo Groenke zeigt sich, warum der Schiedsrichter*innenposten insgesamt für die extreme Rechte als politischer Türöffner genutzt werden kann. Da Vereine zunehmend Schwierigkeiten haben, Personen für diese Aufgabe zu finden, machen sich aktive Schiedsrichter*innen schnell unverzichtbar und können so auch als Neonazis unwidersprochen in das Vereinsleben hereinwachsen. Es ist kaum vorzustellen, dass niemandem die politischen Einstellungen von Timo Groenke aufgefallen sind. Zum einen geht er beispielsweise in den sozialen Medien sehr offen damit um. Zum anderen zeigt die Qualität seiner Äußerungen, zum Beispiel in Bezug auf Ferhat Sentürk, wie tief verwurzelt rassistische Vorurteile bei ihm sind. In diesem Sinne verstößt die Schiedsrichter-Tätigkeit von Timo Groenke klar gegen die Vorgaben der „Schiedsrichterordnung“ des BfV. Dort heißt es unter Punkt zwei der Präambel: „SR [Schiedsrichter] lehnen jegliche Form von Diskriminierung, Gewalt und Rassismus ab […]“. Auch die Satzung von Sparta Lichtenberg verbietet rassistische Diskriminierung im Rahmen des Vereins. Dennoch war Groenke dort nicht nur als Schiedsrichter tätig, sondern durfte sich auch als Sportfotograf versuchen. Seine Bilder wurden sogar auf offizielle Kanälen von Sparta Lichtenberg geteilt und damit sein Business promotet [Bild 7].

 

Das Schiedsrichter*innen-Wesen neu denken

Dass Timo Groenke als bekennender und gewalttätiger Neonazi überhaupt Fußballspiele im Jugendbereich leiten durfte, ist ein klarer Verstoß der Fürsorgepflicht des Verbandes und des Stammvereins gegenüber den minderjährigen Spieler*innen. Hier zeigt sich, dass die bestehenden Mechanismen zur Durchsetzung der auf dem Papier geltenden Regularien in der Praxis zu wenig Anwendung finden. Es reicht nicht, blind darauf zu vertrauen, dass verantwortungsvolle Positionen auch von verantwortungsbewussten Personen besetzt werden. Stattdessen müssen Vereine und Verbände sowie Trainer*innen und Schiedsrichter-Kolleg*innen genau hinschauen, mit wem sie an diesen neuralgischen Punkten zusammenarbeiten und welche Vorstellungen diese Personen vertreten. Zudem müssen bei Verstößen wirkungsvolle Maßnahmen zur Durchsetzung der bestehenden Vorgaben existieren. Ansonsten bietet gerade das Schiedsrichter*innen-Wesen ein Einfallstor für die extreme Rechte auf der Suche nach einem gesellschaftlichen Resonanzboden. Akteure wie Timo Groenke stehen für eine breit aufgestellte politische Strategie, die neonazistische Straßengewalt, eine sich nahbar gebende Parteipolitik und gesellschaftliches Engagement zu verbinden versucht, um in unterschiedlichen Bereichen den eigenen Wirkradius als bekennender Neonazi zu erweitern und neue Räume zu eröffnen. Dies ist nicht weniger gefährlich als ein offen gewalttätiger Neonazismus, für den DJV und JS stehen. Vielmehr zeigt gerade eine Person wie Timo Groenke, dass beide Aspekte extrem rechter Politik nicht voneinander getrennt werden können.

Bilder: 
Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen