[B] Sechs Jung-Faschos am Rand der Großdemo gg. Merz & AfD gesichtet
Am Rande der jüngsten Großdemonstration gegen den Rechtsruck fiel am Sonntag in Berlin eine Gruppe aggressiver Jung-Faschisten auf. Eine kurze Beschreibung und Deutung der Situation inklusive Fotos.
Beschreibung der Situation
Am 2. Februar demonstrierten in Berlin rund 200.000 Menschen gegen das gemeinschaftliche Abstimmen von CDU, AfD und FDP im Speziellen und den Rechtsruck im Allgemeinen. Bereits als noch viele Tausend auf der Route liefen, war mit dem Bereich um das Konrad-Adenauer-Haus der Zielpunkt teils überfüllt. In der Folge machten sich viele über die Tiergartenstraße und den Park auf den Weg nach Hause. An der Ecke Tiergartenstraße / Clara-Wieck-Straße war eine sechsköpfige Gruppe von fünf Streifenbullen umstellt. Die Gruppe bestand aus vier Männlein und zwei Frauen – alle in einem geschätzten Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Drei der männlichen Gruppenmitglieder trugen Glatze bzw. Boxerschnitt, zwei von ihnen fielen darüber hinaus durch Vermummung und aggressives Gebaren auf.
Die sie umstellenden Streifenbullen in neongelber Uniform waren sichtlich nervös. Bis auf eine Handvoll Engagierter, die die Situation zumindest beobachteten, ohne weiterzugehen, zogen Tausende Demoteilnehmer wort- und tatenlos vorbei.
Nach mehreren Minuten eilte entlang der Parkrands ein Trupp Bereitschaftsbullen herbei. Nach kurzem Lamento über die mangelhafte Koordination und Kondition der Einheit übernahmen die BePos die umstellte Gruppe und führten sie über die Clara-Wieck-Straße weg von der (ehemaligen) Demonstration. Erst in den letzten Sekunden dieses Vorgangs vermochten einige Linke etwas wie eine kämpferische Antwort auf die Glatzen zu kreieren, indem diesen nachgebrüllt wurde, sie sollen sich verpissen.
Die beschriebene Situation fand etwa zwischen 17:40 und 17:55 Uhr statt.
Deutung
Dass es sich bei der sechsköpfigen Gruppe um militante Neofaschisten handelt, liegt mehr als nahe. Im Idealfall kann eine Verbindung der hier mitgelieferten Fotos zusammen mit sachkundigen Hinweisen zu den Personen 1-6 weiteren Aufschluss über Namen und Gruppenzugehörigkeit geben.
Bemerkenswert ist die Dreistigkeit, in derart mickriger Besetzung am Rand einer im weiteren Sinne linken Demonstration mit mehreren Hunderttausend Teilnehmern aufzutauchen. Drei Interpretationen über das Ziel der Gruppe liegen nahe: 1.) Sie wollte lediglich dumm glotzen. 2.) Sie wollte provozieren. Oder 3.) Sie wollte im dunklen Tiergarten gezielt Einzelpersonen oder Kleinstgruppen abfließender Demoteilnehmer angreifen.
Nach dem Überfall vom Ostkreuz am 6. Juli des vergangen Jahres ist keine der Optionen auszuschließen. Da die Gruppe bereits umstellt vorgefunden wurde, ist eine weitere Eingrenzung an dieser Stelle nicht möglich.
Das dreist selbstbewusste Moment im Vorgehen der Jungfaschisten steht derweil außer Frage. Es fügt sich damit ein in ein sich beschleunigendes Einsickern extremer Rechter in die (vermeintliche) antifaschistische Hochburg Berlin. Ein Einsickern, das sich in vermehrt organisierter Aktivität, öffentlichen Kampfsport-Trainings, Ständen des III. Wegs, kleinen Aufmärschen und Übergriffen niederschlägt
Die mangelnde bis mangelhafte Reaktion der Demonstration kann bestenfalls als ungeeignet gelten, die Faschisten von weiteren Taten dieser Art abzuhalten. Im schlechtesten Fall wird sie als Bestärkung aufgefasst. Das gilt trotz der Konstitution der Großdemonstration als Bürger-konforme Aktionsform entlang eines kleinsten gemeinsamen Nenners. Wenn Tausende an einer solchen Gruppe, die notdürftig von fünf schlotternden Streifenbullen abgeschirmt wird, vorbeitrotten, ohne zu reagieren; ohne stehen zu bleiben, aufmerksam zu machen, den Nasen ihren Ausflug im mindesten Fall unangenehmen zu gestalten, kann von Abschreckung nicht die Rede sein. Dass der Oberclown der Gruppe noch vermummte Selfies von sich und seinem schwabbeligen Oberarm schoss, darf als hinreichendes Indiz gelten, dass eine solche nicht stattfand. In Zeiten räumlicher und diskursiver Verschiebungen wird das Setzen von Grenzen gegenüber der Rechten jedoch täglich unabdingbarer.
Nach Jahren von Nabelschau und diskursiver Einigelung ist eine Rückbesinnung auf klassischen Antifaschismus (und Antikapitalismus) überfällig. Im Idealfall ist es noch nicht zu spät.
Alerta!