[HH] Nachbetrachtung vom 29.09.2019: Rechte Kundgebung am Rödingsmarkt

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Am 29.09.19 versammelten sich Neonazis, rechte Hools, AfD’ler_innen und andere Rechte unter dem Motto „Michel, wach endlich auf“ am U-Bahnhof Rödingsmarkt.

Am 29.09.19 versammelten sich Neonazis, rechte Hools, AfD’ler_innen und andere Rechte unter dem Motto „Michel, wach endlich auf“ am U-Bahnhof Rödingsmarkt. Die ursprünglich geplante „Patriotische Laufdemo“ vom Rödingsmarkt zum Michel wurde schließlich in eine stationäre Kundgebung umgewandelt. Mit knapp 70 Teilnehmenden fanden sich deutlich weniger Personen ein, als die Veranstalter_innen erwartet hatten. Unter 100 Teilnehmer_innen wollte sich der rechte Mob nicht in Bewegung setzen. Als Anmelder fungierte, wie bei der letzten Kundgebung am 14.04.19 am Dammtorbahnhof, Reiner Bruhn (Bild 1), AfD-Mitglied aus Mecklenburg-Vorpommern. Bruhn war bereits 2018 in die Orga-Struktur der MMW-Kundgebungen um den Neonazi Thorsten Gardlo eingebunden.

Bundesweite Unterstützung
Erneut waren mehrere Rechte aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein nach Hamburg gekommen. Dazu zählten u.a. die AfD’ler Maximilian Holstein aus Elmshorn (Bild 2, AfD-Kreisverband Pinneberg), der alleine zur Kundgebung anreiste und Johannes Salomon (Bild 3, AfD-Kandidat für den Landkreis Rostock, Beisitzer im Kreisvorstand). Salomon erschien im November 2018 in Begleitung mehrerer Neonazis aus dem Umfeld der „Nationalen Sozialisten Rostock“ bei einer AfD-Demo in Rostock.2 Aus Nordrhein-Westfalen war eine Gruppe des rassistischen Vereins „Mönchengladbach steht auf e.V.“ vertreten. Unter ihnen befand sich der HoGesa-Mitbegründer Dominik Roeseler (Bild 4), der für die faschistische Kleinstpartei ProNRW im Stadtrat von Mönchengladbach saß. Roeseler trat auch als Redner vor die „Michel“-Versammlung.

Als Redner_innenbühne fungierte ein PKW-Anhänger des Antisemiten Hartmut Issmer aus Hessen (Bild 5, Adresse: Weingartenstraße 4, 63526 Erlensee). Dieser war mit seinem weißen Mercedes-Jeep (HU-HI 501) verspätet zur Kundgebung angereist. Issmer, der dem völkischen Verein „Patrioten für Deutschland – Volksbewegung“ vorsteht und schon im April 2019 auf der Kundgebung vertreten war, trat in den vergangenen Jahren wiederholt als Redner bei rassistischen Versammlungen auf. Im November 2018 hetzte er auf einer „Bärgida“-Versammlung gegen die „internationale Hochfinanz“.3 Bei seinem Auftritt in Hamburg griff er erneut auf diesen antisemitischen Code zurück.4 Neben Issmer und Roeseler verbreitete auch der umtriebige Rassist Michael Stürzenberger (Bild 6) aus München am Rödingsmarkt seine rassistische Hetze. Stürzenberger war bereits im April am Dammtorbahnhof als Redner aufgetreten.

Der „Aryan Circle“
Bei der Kundgebung trat erstmals die Kameradschaft „Aryan Circle“, um den Neonazi Bernd Tödter (Bild 7, geb. 01.10.1974 in Bad Segeberg), durch T-Shirts öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Tödter ist seit den 90er Jahren in der NS-Szene aktiv und saß bereits mehrfach im Knast. 1993 ermordete er in Bad Segeberg mit einem weiteren Täter einen Obdachlosen. In Kassel zählte er 2001 neben dem heutigen Combat 18-Führungskader Stanley Röske zu den Gründern der Kameradschaft „Sturm 18“, in deren Umfeld sich auch der Mörder von Walter Lübcke, der Neonazi Stephan Ernst, bewegte. Mit dem „Aryan Circle“ scheint Tödter eine Nachfolgestruktur des seit 2015 verbotenen Vereins „Sturm 18“ etablieren zu wollen.5 Zu der Gruppe um Tödter am Rödingsmarkt gehörten auch die Neonazis Marcel Steenbuck, Marie-Christin Plambeck und Daniel Schmidt aus Sülfeld (Bild 7 & 8, alle: Eichenweg 3, 23867 Sülfeld). Die drei attackierten am 17.10.19 zwei Personen, die gerade Aufkleber des „Aryan Circle“ aus dem Sülfelder Stadtbild entfernten. Plambeck und ihr Partner Steenbuck zählten auch zur Gruppe „Division Nord“ (vorher „Nordic Divison“), die mittlerweile als „Aryan Circle Nord“ in die Struktur von Tödter übernommen worden ist.6

Nazi-Chauffeur HVV
Die rechte Kundgebung wurde nach einer knappen Stunde beendet. Sven Freitag (Bild 9 & 10), Beisitzer im Vorstand der AfD Eimsbüttel, kümmerte sich erneut um den Abbau. Die Teilnehmenden wurden wie bei vergangenen faschistischen Versammlungen in Hamburg mit einem Sonderzug des HVV chauffiert. Diesmal ging die Fahrt mit großer Wahrscheinlichkeit zur Haltestelle Lübecker Straße. Dort löste sich das rechte Sammelsurium auf. Einzelne Teilnehmer_innen aus Hamburg und Schleswig-Holstein fuhren mit der U-Bahn gemeinsam zurück zum Hauptbahnhof.

 

 

1Vgl. https://exif-recherche.org/?p=5680
2Vgl. https://naziwatchrostock.blackblogs.org/2018/11/27/kurzmeldung-johannes-salomon-afd-unterwegs-mit-gewalttaetigen-neonazis/

3Vgl. https://www.friedensdemowatch.com/2018/12/03/hartmut-issmer-graebt-bei-baergida-den-juedischen-bolschewismus-aus/
4Vgl. https://taz.de/Rechtsextremer-Aufmarsch-in-Hamburg/!5625366&s=ein+chaotischer+haufen/
5Vgl. https://exif-recherche.org/?p=6428
6Vgl. ebd.

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