Dannenberg – Gedenken zum 15. Todestag von Sébastien Briat

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Am Donnerstag, den 7.11.2019 haben am Dannenberger Ostbahnhof cirka 100 Menschen dem Tod des Anti-Atom-Aktivisten Sébastien Briat vor 15 Jahren gedacht.

 

 

 

Der damals 22-jährige Sébastien und seine Gruppe versuchten im Jahr 2004 den La Hague-Gorleben-Transport in der Nähe von Nancy in Frankreich zu blockieren. Hierfür hatten sie einige Rohre unter den Schienen vorbereitet, in den sie sich anketten wollten, sobald der Zug hielt. Sie warteten neben den Schienen auf das Signal ihrer Vorstoppgruppen, dass der Zug gehalten hätte und sie sich anketten könnten. Durch eine Reihe unterschiedliche Ereignisse konnte der Zug nicht gestoppt werden. Außerdem gab es Probleme beim Funkkontakt zur Vorgruppe, sodass die Blockierergruppe nichts davon wusste. Der CASTOR hatte zu dieser Zeit schon einige Verspätung, da es kurz davor schon eine erfolgreiche Ankettaktion gegeben hatte. Der Zug versuchte die verlorenen Zeit wieder aufzuholen, fuhr mit knapp 100 km/h dabei fast drei mal so schnell, wie er hätte fahren dürfen – nämlich nur mit „Fahrt auf Sicht“. So gab es für die Aktivist*innen dann auch keine Chance, den Zug rechtzeitig zu sehen, als dieser plötzlich hinter einer Kurve auftauchte. Sebastien gewann nicht genug Abstand vom Gleis und wurde vom Fahrtwind des Zuges erfasst, und zurück auf das Gleis gerissen, wo er vom Zug überrollt wurde. Seine Verletzung waren so stark, dass er noch vor Ort starb.

 

 

Aus diesem Anlass lud die BI Lüchow-Dannenberg zusammen mit dem Bure-Soli-Komitee in diesem Jahr zu einer Gedenkveranstaltung im Wendland ein. Hierfür wurde der Dannenberger Ostbahnhof gewählt, in unmittelbarer Nähe des CASTOR-Verladerkrans, der damals das Ziel auch jenes Zuges war, der Sébastien überrollte. Geplant war die Errichtung eines Gedenksteins an den Schienen sowie ein Schienenspaziergang zum Verladekran.

 

Dieses Vorhaben, sowie der Aufruf mit dem Traktor zu kommen, Strohsäcke mitzubringen und nicht zuletzt die Anwesenheit der Vokü Wendland und Hannover, die diese Veranstaltung mit Suppe und Tee unterstützten, weckte auf polizeilicher Ebene scheinbar schlechte Erinnerungen an verbogene Schienen, unterhöhlte Gleise und brennende Barrikaden. So machten diese bereits auf dem „Kooperationsgespräche“ klar, dass wir nicht ansatzweise in die Nähe der Schiene gelangen würde. So wurde die Veranstaltung bereits im Vorfeld mit hohen Auflagen überzogen. Am Abend des 7.11. schützte dann ein noch massiveres Polizeiaufgebot als beim Gedenken im letzten Jahr (siehe https://de.indymedia.org/node/25800) von cirka 200 Beamt*innen der Bundes-, Bereitschafts- und Lokalpolizei die letzten 450m Gleis vorm Verladekran, die schon seit fast 10 Jahren nicht mehr im Betrieb sind. Dies wirkte zwar auf der einen Seite enorm lächerlich und wird die Polizeiführung hoffentlich noch in Rechtfertigungszwang bringen, verhinderte andrerseits aber tatsächlich den geplanten Schienenspaziergang. Auch der Gedenkstein konnte vorerst nicht fest installiert werden, sondern war lediglich auf einem Anhänger vor Ort mit dabei.

 

Einige Redebeiträge, persönliche Erinnerungen und Ausschnitte aus Statements von Gruppen erinnerten an die Ereignisse vor 15 Jahren. Auch die Zweischneidigkeit des Errichtens eines Gedenksteins für eine spezielle Person wurde dabei thematisiert. Hierbei wurde verdeutlicht, dass Sébastien weder der erste und einzige Tote im Anti-Atom-Widerstand war, noch dass der Stein einen Endpunkt in einer scheinbar abgeschlossenen Geschichte setzen soll. In einer Rede wurde herausgestellt, dass „eine Begnung heute und hier und vielleicht weitere Begegnungen an diesem Stein, die Ernsthaftigkeit für einen Kampf nicht nur gegen Atomkraft, sondern gegen ein komplettes menschenverachtendes und umweltzerstörendes System in Erinnerung rufen kann.“ Weiter hieß es: „Für mich symbolisiert dieser Gedenk-Stein eher eine Erinnerung daran, zu überlegen, wann und wo wir den nächsten Stein schmeißen sollten.“

 

In einem weiteren Redebeitrag ging es um die Enlagerbaustelle im französischen Bure, wo gerade Vorarbeiten an den Castor-Schienen stattfinden (https://bureburebure.info/debut-des-travaux-de-forages-autour-de-lancien...). Das Bure-Soli-Kommitee stellte seine Arbeit vor und rief zur Soliarität mit den lokalen Kämpfen dort auf.

 

 

Auch wenn der Stein vorerst wieder mit nach Hause genommen werden musste, wurde aus der Stimmung der zahlreichen Teilnehmenden der Wunsch deutlich, diesen zu einem späteren Zeitpunkt „noch ins Rollen zu bringen“. Die endgültige Errichtung des Steins wird sicherlich in absehbarer Zeit an einem selbst gewählten und angemessenen Ort stattfinden.

 

 

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