Eine Warnung vor Sascha Rexrodt

WORUM GEHT ES?
Wir, das ist eine Gruppe verschiedener (pro-)feministischer und herrschaftskritischer Leute, wollen mit diesem Schreiben aufmerksam auf einen Prozess und eine Person machen, die uns die letzten drei Jahre viel Zeit und Kraft gekostet hat, aber auch viel hat lernen lassen. Wir haben uns als parteiische Personen zu einer Unterstützungsgruppe zusammen geschlossen, um eine hauptsächlich und mehrerer darüber hinaus betroffene Personen dabei zu unterstützen, Schutz und Heilung von Verletzungen durch eine gewaltausübende Person zu erlangen.
Wir haben uns dem Ansatz der Community Accountability (1) verpflichtet und das Ziel verfolgt, die in erster Linie von gewalttätigem Verhalten betroffene Person zu unterstützen, sowie die gewaltausübende Person zu sensibilisieren, zu einer Verhaltensänderung zu bewegen und diese zu begleiten. Wir sind der Überzeugung, dass Gewalt – sowohl persönliche, als auch staatliche – wenig bis keine positiven Veränderungen bewirken kann. Wir vertrauen nicht auf Polizei und Staat und setzen stattdessen auf Selbstorganisation, Kommunikation und darauf, dass Menschen die Fähigkeit zu Empathie und Entwicklung haben oder erlangen können.

WAS IST PASSIERT?
Vor bereits mehreren Jahren hat die gewaltausübende Person ihre ehemalige Beziehungspartnerin* in der noch gemeinsamen Wohnung beleidigt und beschimpft. Die gewaltausübende Person hat die am Boden kauernde und weinende Betroffene mit Gegenständen beworfen und dabei verschiedene Dinge aus dem Zimmer der Betroffenen zerstört und auf diese geworfen. Diese wollte die Wohnung verlassen und wurde zunächst daran gehindert, konnte dann aber gehen, nachdem sie die
gewaltausübende Person erfolglos aufgefordert hatte, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Im Anschluss konnte die von Gewalt betroffene Person nur mit Begleitperson persönliche Gegenstände aus der Wohnung holen und musste mehrere Tage außerhalb wohnen.

Nach dem Auszug der gewaltausübenden Person hat diese, trotz dem eindeutigen Verbot der Kontaktaufnahme mehrfach E-Mails und Nachrichten per Telefon an die Betroffene übermittelt. Insbesondere zu später Stunde und alkoholisiert hat sie die Betroffene angerufen und in Gegenwart Dritter über sie sexistisch abwertend gesprochen. Der Inhalt der Nachrichten reichte von vorwurfsvoll, über bettelnd bis hin zu beleidigend. Darüber hinaus wurde die betroffene Person von der beschuldigten gestalkt, d.h auf sie wurde wiederholt an Orten gewartet, an denen sie früher oder später auftauchen musste. Außerdem hat die beschuldigte Person unwahre Geschichten verbreitet und versucht mutmaßliche Beziehungspersonen der Betroffenen ausfindig zu machen. Darüber hinaus sind die Betroffene unterstützende Personen aufgrund der eskalativen Entwicklung von Seiten der gewaltausübenden Person ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden und fühlen sich bedroht.

WAS HABEN WIR GETAN?
Wir halten das Vorgefallene für leider typisch in der bestehenden Gesellschaft. Wir haben festgestellt, dass es mal wieder die Frau * in einer sozialen Nahbeziehung ist, die betroffen war von Gewalt und es mal wieder der Mann* ist, der Gewalt ausgeübt hat. Wir haben festgestellt, dass die Betroffene mal wieder Orte und Situationen meiden musste, da ihr von vielen Seiten nicht solidarisch begegnet wurde und sich der gewaltausübende Mensch im Nachgang der beschriebenen Situation auch weiterhin übergriffig gegen die Betroffene verhalten konnte. Wir wollten und wollen dem etwas entgegen stellen, nämlich ein Netzwerk für die Betroffene(n) und einen Anstoß und eine Unterstützung für die inhaltliche Auseinandersetzung der gewaltausübenden Person.
Wir haben versucht, der Betroffenen zu geben, was sie brauchte, nämlich Gesprächspartner*innen zu sein und zukünftig auch andere Menschen vor einer potenziellen Betroffenheit durch die gewaltausübende Person zu schützen – nämlich dadurch, dass diese ihr Verhalten reflektiert und ändert und nicht etwa durch Gewalt, Strafe und Knast gegen sie, also durch Einschüchterung.
Über mehrere Jahre haben wir entsprechend unserer Grundsätze an einer Verbesserung der Situation aller Beteiligten gearbeitet, uns getroffen und die Ansprache des Typen vorbereitet. Wir haben ausschließlich ihn kontaktiert und um ein Treffen gebeten. Wir haben erklärt, wie sich die vergangenen Situationen aus unserer Sicht darstellen, wie sie in die sexistischen und gewalttätigen Muster dieser Gesellschaft passen und wollten im weiteren Anregungen geben, damit er anders mit seinen Bedürfnissen, Impulsen und Prägungen umgehen kann. Wir haben ihm angeboten uns zusammen mit einer von ihm ausgesuchten Begleitperson zu treffen. Wir haben ihm das Konzept Community Accountability vorgestellt und versichert, dass es uns nicht um Strafe, sondern um einen politischen und persönlichen Wandel geht, bei dem wir ihn unterstützen wollen.

In dieser Zeit haben wir von ihm mehrere Antworten per E-Mail erhalten, die zurückwiesen, was wir ihm dargelegt haben. Er hat geschrieben, dass er sich bereits genug mit den Ereignissen auseinandergesetzt habe. Er hat behauptet die Situation und Gefühle der betroffenen Personen genug bedacht zu haben ohne sie zu kennen, da er nie mit ihnen darüber gesprochen hat. Er hat sich bei keiner uns bekannten Betroffenen je entschuldigt, so dass wir nicht erkennen konnten, dass er Mitleid oder Reue empfunden hat. Er hat statt eines Gespräches eine Mediation durch einen von ihm ausgesuchten Psychologen (der spezialisiert ist auf Übergriffigkeiten gegen Männer!) vorgeschlagen, deren potenzielle finanzielle Kosten wir nicht tragen wollten. Zudem fußt eine Mediation auf gegenseitigem Respekt der Beteiligten voreinander, den wir bei ihm nicht erkennen konnten. Er hat im weiteren Verlauf eine Täter-Opfer-Umkehr vollzogen und uns beschuldigt ihn zu stalken, zu nötigen und Dritten mit unseren Schreiben an ihn zu schaden. Wie wir das getan haben sollen, ist uns rätselhaft und erscheint und als Ausflucht und Teil der Täter Opfer-Umkehr. Zuletzt hat er uns das Schreiben seines Anwalts zukommen lassen, aus dem hervor geht, dass er rechtlich gegen uns vorgehen wird und wir „nicht anonym bleiben werden“. Daraufhin haben wir für uns die Kommunikation mit dem Gewalttäter für gescheitert erklärt.

WAS SCHLUSSFOLGERN WIR?
Nach all den Jahren unserer Darlegungen und Angebote gegenüber dem Gewalttäter und der Geduld der Betroffenen ist diese Drohung mit Rechtsmitteln, die wir gegen ihn nie angewendet haben, ein Schlag ins Gesicht. Wir haben trotz seiner häuslichen Gewalt und sexistischen Beleidigungen nicht zu körperlicher Gewalt oder staatlicher Repression gegriffen, sondern emanzipierte Wege gewählt – die der Täter leider nicht im Stande ist mitzugehen.

Für uns ist dieser Prozess an dieser Stelle beendet, wenn auch das Prinzip CommunityAccountability aus unserer Sicht weiterhin der richtige Weg ist, für die Heilung Betroffener zu sorgen und Beschuldigte und somit die gesamte politische Sphäre zu Verhaltensänderungen zu veranlassen. Wir lassen uns nicht einschüchtern.Und wir lassen uns nicht drohen.

Damit sich alle bewusst sind, mit wem sie es zu tun haben, veröffentlichen wir hiermit die Daten des Täters:
Sascha Rexrodt

Seine Lohnarbeit :
– Persönlicher Referent des Ministers Helmut Holter im Erfurter Landtag (Durchwahl 0361-57-34 11 611)
– Wahlkreismitarbeiter von Susanne Hennig-Wellsow und Christian Schaft im RedRoxx in Erfurt (Kontakt: sascha@redroxx.de)

Seine politischen Aktivitäten:
Die Linkspartei (Jena, Erfurt und auf Bundesebene)
jahrelang beim SDS Thüringen
jahrelang bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen im Frauenkampftagsbündnis Thüringen (deren Jenaer Gruppe an den Konflikten bezüglich seines Verhaltens zerbrochen ist)

Wir fordern alle empathischen, emanzipatorischen, (pro-)feministischen und herrschaftskritischen Menschen, Gruppen und Strukturen auf, ihm keinen Raum für sein übergriffiges und toxisches Verhalten zu gewähren, ihn zu konfrontieren, zu einer Auseinandersetzung und Entschuldigung zu bewegen.

(1) Mehr zum Konzept und seiner konkreten Anwendung hier: https://www.transformativejustice.eu/wp-content/uploads/2017/04/Das-Risi...
* Das Sternchen soll anzeigen, dass Geschlechter gesellschaftliche Konstrukte sind, die jedoch reale Konsequenzen haben, weshalb die Unterscheidung und Benennung von Geschlechtern hier notwendig ist.

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