EINIGE GEDANKEN.....über die Gelbwestenbewegung in Frankreich (eine kurze Anmerkung)

Es ist ja für jeden interessierten Beobachter der Verhältnisse in Frankreich offensichtlich, dass die Gelbwestenbewegung erheblich an Kraft und Anzahl verloren hat. Wir sind ja ebenfalls seit Monaten darum bemüht, uns ein möglichst objektives Bild der Verhältnisse zu schaffen, was allgemein ja nicht so leicht ist, bei der doch sehr strikten Informationsunterdrückung in diesem Land bezüglich der Volkskämpfe in Frankreich, aber auch der fehlenden Sprachkompetenz unsererseits.

Trotzdem sind wir zu der Einschätzung gelangt, dass diese Bewegung in einem erheblichen Umfang zurückgegangen ist, bezogen auf die Anzahl der Städte in denen regelmäßig am Samstag Demonstrationen stattgefunden haben. Auf Grund dessen, dass immer weniger Kampfzentren, wie z. B. Verkehrskreisel, besetzt und aufrechterhalten werden. Und natürlich gemessen am erheblichen Rückgang von Teilnehmern, an den verschiedenen Manifestationen. Bei der Betrachtung von entsprechenden Videoaufnahmen, die ja in der Regel von Sympathisanten der Bewegung ins Netz gestellt werden, können auch wir diese Entwicklung durchaus nachvollziehen.

 

Dieser Rückgang ist einerseits natürlich durchaus nachvollziehbar, wenn man sich ansieht, wie lange sich diese Auseinandersetzung jetzt schon hinzieht und mit wie vielen Opfern, Toten, Leicht- und Schwerverletzten und ins Gefängnis Geworfenen, dieser Kampf eines beträchtlichen Teils der französischen Bevölkerung, bis jetzt schon verbunden ist.

Andererseits muss man ja auch einfach mal feststellen, dass die Aufständischen erstmal nicht nur gegen den Staatsapparat zu kämpfen hatten, sondern dass sie auch einen beträchtlichen Teil der politischen Kräfte aus dem linken Lager und aus dem Gewerkschaftsapparat gegen sich hatten. Offensichtlich ist die Verfilzung vorgeblich antikapitalistischer Ökokräfte, mit dem kapitalistischen Staatsapparat in Frankreich, ähnlich dramatisch, wie dies in unserem Land ist. Vielleicht ja wie in allen kapitalistisch-imperialistischen Staaten.

 

Hinzu kommt und das hängt ja auch mit dem oben geäußerten zusammen, fehlende Solidarität, beispielsweise aus Deutschland. Man muss sich das mal vor Augen führen: Da werden Wochenende für Wochenende in einem Nachbarland, in dutzenden Städten, oftmals tausende Menschen angegriffen, mit Gummigeschossen und Tränengasgranaten zusammengeschossen, brutal verprügelt und verhaftet und der Widerhall und der Protest, auf solche brutalen Exzesse des kapitalistischen Staatsapparates, bleibt in der Linken unseres Landes dann doch sehr überschaubar.

Hier baden sich viele doch viel eher in dem schaurig/schön kribbelnden Gefühl der Klimahysterie. Und wenn es dann noch um Menschen geht, deren Kampf an der Erhebung einer Ökosteuer entbrannt ist, dann ist für so manchen Menschen, der sich zur Linken, oder sogar zum Kommunismus bekennt, irgendwie aber auch Schluss mit lustig.

Allerdings ist ein entscheidender Faktor dafür, dass diese Bewegung sich scheinbar nicht nur nicht weiter entwickelt hat, sondern auch schwächer geworden ist, das eigene Unvermögen. Dieses besteht sicher auch darin, dass es einerseits dieser Bewegung bisher nicht gelungen ist, aus sich heraus  fortschrittliche gesellschaftliche Ziele zu formulieren, welche geeignet sind, tatsächlich die Masse der Unzufriedenen zu sammeln. Dadurch eben auch stärker zu werden und damit den Kampf auf einer höheren Ebene zu führen.

 

Und die Linke Frankreichs scheint entweder ebenfalls zu schwach zu sein, eine materielle Lösung der doch so überdeutlich werdenden Widersprüche in der Gesellschaft  zu propagieren, oder die französische Linke ist ebenfalls schon fernab solch profaner Politik. Immerhin hat ja so etwas wie der ehemalige Vorzeige-Linke Cohn-Bendit, auch das Ohr des Herrn Macron gefunden - da schließt sich ja vielleicht der Kreis.

Die Bewegung in Frankreich ist allerdings nicht tot, das kann man ebenfalls feststellen. Immer noch kommt es samstags in diversen französischen Städten zu Demonstrationen. Scheinbar bei weitem nicht so groß wie vorher, aber immerhin.

Das Verdienst, in einem entwickelten kapitalistischem Land nach langer Zeit der Stagnation, die soziale Frage wieder auf die Tagesordnung  gekämpft zu haben, kann dieser Bewegung sowieso niemand mehr nehmen. Und ebenso kann es den kämpfenden französischen Menschen niemand nehmen, an einem ganz zentralen Punkt dieser ökokapitalistischen Unterdrückungs- und Ausbeutungsideologie entgegengetreten zu sein.

 

Und man kann nur hoffen, dass bei den sich abzeichnenden Repressalien gegen die unteren Schichten der Bevölkerungen, im Zuge der Klimakatastrophen-Kampagne, die französischen Menschen, aber im Grunde alle Menschen der Schichten, welche jetzt mal auf gesellschaftlich neue perfide Art und Weise unterdrückt und noch stärker ausgebeutet werden sollen, sich daran erinnern und in angemessener Weise reagieren.

Von wegen Klassenkampf war gestern, ist unmodern, heute gibt es nur noch Klimaretter und Klimaleugner. Wir wissen, dass dies eure heutige Form des Klassenkampfes ist. Manch einer weiß es noch nicht, wird es aber im Weiteren begreifen. Je mehr zusätzliche Unterdrückung und Ausbeutung stattfinden wird, wird auch das Bewusstsein wachsen. Irgendwie hat man den Eindruck, dass gerade exemplarisch vorgeführt wird, wie eine Klasse und ein System, die sich gesellschaftlich überlebt hat, mittels Klimakatastrophenhysterie versucht, den Untergang zu verhindern. Das ist nun aber vielleicht auf kurze, in jedem Fall aber auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt.

 

Anmerkungen zu einer Veranstaltung am 14.9.2019 in Kreuzberg

Mit „Gefährtinnen“ aus Frankreich zu den „Gilets Jaunes“

 

In Anbetracht dessen, dass es in der linken Bewegung Deutschlands eher gen Null tendiert, wenn es um Berichterstattung und Solidarität mit dieser Bewegung geht, war es schon erstaunlich, dass es eine solche Veranstaltung gab und diese auch noch relativ gut besucht war. Auch die Organisation von simultaner Übersetzung und Übertragung über Kopfhörer war eine gute Lösung, um die französischen Referenten auch gut zu verstehen.

Einiges was wir an Bestätigung eigener Recherchen in dieser Veranstaltung erfahren konnten, ist in den obigen Text mit eingeflossen. Erstaunlich war, dass doch einiges an Mühe aufgeboten wurde, um die Bewegung der Gelbwesten als eine bruchlose Fortsetzung der politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre in Frankreich darzustellen (was sie ja keineswegs war) und insbesondere den eigentlichen Anlass des Aufstands irgendwie verschwinden zu lassen. Das wiederum ist dann nicht mehr so erstaunlich, denn das Eintreten für bezahlbare Kraftstoffpreise, ist ja für manche Linke schon hart an der Grenze zur Konterrevolution. Aber immerhin, scheinen offene, unberechtigte  Angriffe gegen diese Bewegung, von linker Seite nicht mehr so ohne weiteres möglich zu sein.

 

Es folgten dann teilweise lange Berichte über die Schäden, die bei verschiedenen Demonstrationen angerichtet wurden, bzw. wie es immer öfter gelingt, schwarze Blöcke zu formieren, insbesondere auch bei gewerkschaftlich organisierten Demonstrationen. Nun fallen wir nicht in Ohnmacht, wenn mal irgendwo ein Nobelschuppen zerlegt wird, oder an der Spitze einer Demonstration sich Menschen formieren, welche bemüht sind, den Schutz der Demonstrationsteilnehmer gegen Übergriffe des Staatsapparates zu gewährleisten. Nur soll es das schon gewesen sein, da müsste doch auch ein politisches Ziel propagiert werden und eine politische Linie formuliert werden, ansonsten kann doch solch eine Vorgehensweise sehr schnell sehr kontraproduktiv werden.

 

Aber das kam, insbesondere zum Schluss, sehr deutlich rüber: einen „Plan“ hat man nicht wirklich. Es wurde bedauert, dass die ganze Angelegenheit zurzeit etwas stagniert. Und Achtung jetzt kommt’s: man erhofft sich von der Klimabewegung „radikale“ Impulse in der nächsten Zeit. Ja, so etwas hatten wir auch schon befürchtet, zumal in linken Foren Deutschlands Aufrufe aus Frankreich für den 21./22.9. verbreitet werden, insbesondere sich an diesem Wochenende in die weltweite Klimakatastrophenbewegung mit einzureihen.

 

Bei allen bisherigen Verdiensten, aber das wäre dann wohl tatsächlich das Ende der bekannten Gelbwestenbewegung. Mal sehen, wieviel realistischer politischer Verstand in dieser Bewegung immer noch vorhanden ist, oder ob Macrons Klimahysteriker-Bataillone in der Hinsicht schon alles platt gemacht haben.

 

Diejenigen aber, die in Frankreich, aber nicht nur dort, schon heute täglich um ihre Existenz kämpfen müssen, haben mit den fiktiven Wohlstandssorgen von Menschen, die aufgrund imperialistischer Ausbeutung gut leben, wenig zu tun. Und diese haben Fragen bezüglich der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen im Kapitalismus und mörderische Unterdrückung durch das imperialistische System, scheinbar schon lange ad Acta gelegt, wenn sie überhaupt solche schon jemals hatten.

 

 

K. Lehmann, Ellen Dagmar, Elke Haber, Thea Rothe        19.9.2019

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