Kurzbericht zur Veranstaltung „DNA Spuren in politischen Strafverfahren“ und Materialsammlung
Am 5. August hat eine Infoveranstaltung zum Thema DNA Spuren in politischen Strafverfahren stattgefunden. Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung des Inhalts und eine Materialsammlung.
DNA Spuren lassen sich aus Blut, Speichel, Haarwurzeln, Hautschuppen und so weiter konstruieren. Spurenträger können Gegenstände sein die Hautkontakt hatten oder sonst wie in der Nähe der spurenlegenden Person waren, etwa Zahnbürsten, Türklinken, Mützen, Glasflächen, Zigarettenstummel, Handschuhe oder Pflastersteine.
In der Analyse von DNA Spuren gibt es vollständige Spuren und Teil- und Mischspuren. Vollständige Spuren können etwa durch Entnahme von Speichel oder Blut gewonnen werden. Teil- und Mischspuren entstehen meist bei der Aufnahme von Gegenständen. Diese auf Objekten gefunden Spuren können dann je nach Aussagekraft vollständigen Spuren in den polizeilichen Datenbanken zugeordnet werden. Ein etwa 2 cm großer Speichelfleck hat beispielsweise eine sehr hohe Aussagekraft und kann unter Umständen sehr deutlich einer vollständigen Spur zugeordnet werden, wohingegen ein Bruchteil einer Hautschuppe eher schwieriger zuzuordnen ist. DNA zerbricht etwa bei Einwirkung durch UV-Licht oder Feuchtigkeit, was die Zuordnung erschwert.
Eine vollständige DNA Spur setzt sich aus mehreren sogenannten Repeats zusammen, die dann jeweils einen bestimmten Wert haben. Liegen unvollständige Spuren an Objekten vor, kann beispielsweise nur von einigen wenigen Repeats mit jeweils verschiedenen Werten eine Spur vorliegen. Dies erschwert den Abgleich mit vollständigen in Datenbanken gespeicherten Spuren, da dann nur teilweise Übereinstimmungen vorliegen können. Wie groß diese Übereinstimmungen für eine rechtliche Aussagekraft sein müssen ist umstritten. Dieser Streit um die Zuordnung der Spur zu eine*r Hauptverursacher*in ist vor Gerich oft ein entscheidender Punkt, da es verschiedene Methoden gibt, bei denen jeweils verschiedene Wahrscheinlichkeiten rauskommen können.
Ein Beispiel: Haben etwa Person A und B einen Stein angefasst, und Person C wirft diesen irgendwo hin und der Stein wird anschließend auf DNA Spuren untersucht, so können Teilspuren von Person A, B und C an dem Stein haften. Zudem ist nicht rekonstruierbar, wann die Spuren an den Stein gelangt sind. Hat aber Person C besonders schwitzige Hände gehabt und besonders intensive Spuren an dem Stein hinterlassen, können besonders viele Repeats mit besonders vielen übereinstimmenden Werten zur Person C vorliegen und diese als Hauptversursacher*in infrage kommen.
Um aber solche Spuren von Gegenständen überhaupt mit vollständigen Spuren von Menschen abgleichen zu können, müssen die Ordnungsbehörden erstmal an die vollständigen Spuren kommen. Dies kann auf rechtlichem Wege etwa begründet werden. Etwa § 81 ff. StPO. § 81 a (Beschuldigte) und § 81 c (Zeug*innen) in Verbindung mit §§ 81 e, f StPO (Abgleich im laufenden Verfahren) ermöglichen die Vorladung zur Entnahme. § 81 g StPO ermöglicht die Entnahme zur Aufnahme in die DNA-Analyse-Datei für zukünftige Verfahren, § 81 h die Entnahme im Rahmen einer Reihenuntersuchung. Ein großes Problem ist die Umwidmung. So kann die von Zeug*innen oder Beschuldigten entnommene DNA (a und c in Verbindung mit e) umgewidmet werden zum Abgleich für zukünftige Verfahren (g). Dies kann die Polizei ohne weitere Beteiligung von gerichtlicher Kontrolle tun. Gegen die Speicherung und auch die Entnahme kann Widerspruch eingelegt werden, holt euch in jedem Fall Rat bei der Rechtshilfeorganisation oder der*dem Strafanwält*in eures Vertrauens.
Am Donnerstag den. 05.09. findet um 19 Uhr im Aquarium am Kottbusser Tor eine weitere Veranstaltung zu DNA statt, diesmal mit dem Fokus auf racial profiling. („Die problematische Nutzung von DNA für die Polizeiarbeit - Informationsveranstaltung und Diskussion zum „genetischen Phantombild“) (https://www.cilip.de/2019/07/24/die-problematische-nutzung-von-dna-fuer-die-polizeiarbeit/)
Hier noch eine Materialsammlung für die weitergehende Auseinandersetzung.
https://www.forensik-hh.de/2018/04/04/forgen-informiert-zur-haltbarkeit-von-dna-spuren/
https://cdnmedia.eurofins.com/Microsites/media/1496/gesamtausgabe_dk_0311.pdf
https://www.gen-ethisches-netzwerk.de/files/2014_11%20beratungDNA-sammelwut_0.pdf
https://senseaboutscience.org/wp-content/uploads/2017/01/making-sense-of-forensic-genetics.pdf
Ergänzungen
Lübcke Mord
Bei aller berechtigten Kritik der DNA-Verwertung durch die Polizeibehörden: Dank einer DNA-Spuhr (Hautpartikel) wurde der mutmaßliche Mörder von RP Dr. Walter Lübcke,, der Rechtsextremist Stephan Ernst, ermittelt.