Keramikfabrik Stefanie ist nun "Keramikfabrik ohne Chef"

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In Argentinien gibt es schon seit langer Zeit immer wieder Fabrikbesetzungen. Die von der Schließung der Fabrik bedrohten ArbeiterInnen übernehmen die Kontrolle über ihre Arbeitsstätte und bauen sie selbstorganisiert wieder auf oder aus. Berühmte Beispiele für diese Art von Fabrikbesetzungen sind die geräumte Fabrik Brukmann in Buenos Aires sowie die Fabrik Zanon in Neuquen. Letztere sind bis heute aktiv und haben nach über 10 Jahren eine Legalisierung ihrer bis dahin illegal operierenden Fabrik erreicht. Das die ArbeiterInnen, organisiert in der Gewerkschaft SOECN, dabei nicht stehen bleiben sondern weiterhin politisch aktiv sind, zeigt ihre jetzt von Erfolg gekrönte Unterstützung der Fabrik Stefani, ebenfalls in der Provinz Neuquen gelegen. Dazu die Übersetzung eines Artikels von argentina.indymedia.org

Nach fast 5 Jahren des Kampfes für die Verteidigung ihrer Arbeitsstätte erreichten die ArbeiterInnen der Keramik-Fabrik Stefani von Cutral Co am 19. November die Enteignung der Fabrik für gebrannte Ziegelsteine durch die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes im neuquinischen Parlament. Die Initiative wurde mit 26 Ja-Stimmen gegen 2 Gegenstimmen angenommen, während 6 Parlamentarier abwesend waren. Während der Ausstrahlung der Sendung "Enredando las mañanas" vom 20. November, haben wir mit Gato Fuentes, einem der Arbeiter und Mitglied des Radios "La Revancha" geredet.

Audio-Interview: https://archive.org/download/ELM20141120.lite3/ELM-2014-11-20.lite-3.mp3

"Um 19 Uhr am Mittwoch, dem 19. November, hat das Parlament das Projekt zur Enteignung der Keramikfabrik Stefani behandelt. Wir hatten so die Möglichkeit, unseren Kampf der schon seit 2001 andauert und vom Keramik-Syndikat unterstützt wird und auch vor einigen Jahren bereits die Enteignung der Fabrik Zanon erreicht hat, darzustellen. Und gestern Abend wurde dann Stefani - oder CerSinPat (Keramikfabrik ohne Chefs, Anm. d. Ü.) wie wir sie nennen - enteignet, welches die neue wiedereroberte Fabrik in der Provinz Neuquen ist. Es ist wirklich eine große Freude, denn es bedeutet eine Belohnung für den Kampf, welcher seit einigen Jahren geführt wurde. Wir befinden uns bereits seit 5 Jahren im Kampf, Vier davon unter Selbstverwaltung der ArbeiterInnen, und es ist eine Belohnung für diesen Kampf in welchem wir von vielen sozialen Organisationen und dem Großteil unserer Bevölkerung von Cutral Co sehr solidarisch unterstützt wurden. Sie haben uns immer unterstützt und natürlich sind wir allen sehr dankbar dafür" bestätigt Gato Fuentes in einem Gespräch mit "Enredando las mañanas". Fuentes hob besonders die Bedeutung des Gremiums der Keramikgewerkschaft hervor: "Die Gewerkschaft überwacht beständig und ausdauernd die Arbeiten in den drei Keramik-Fabriken, die es in Neuquen gibt, die dritte ist die Keramikfabrik Neuquen, welche sich momentan in einem Konflikt befindet und sicher werden sie denselben Weg gehen. Sie ist momentan von den ArbeiterInnen besetzt und wir hoffen, dass ihr Kampf auch zu einem guten Ergebnis führt."

Enredando las mañanas: Welche Aussichten habt ihr nun nach der Enteignung?

Gato Fuentes: Wir haben nun eine Fabrik, welche sich wieder in Arbeit befindet, nachdem es eine Art Schließung durch die Eigentümer, durch Stefani, gab. Diese schleichende Schließung bestand darin, nicht mehr in Maschinen zu investieren. Wir arbeiten mit Maschinen, die 30, 40 Jahre alt sind und das führt dazu, dass wir nicht eine Produktion erreichen, die wir eigentlich bräuchten. Innerhalb der Region, zum Beispiel in Mendoza gibt es die Fabrik Chirino, in Allen, Provinz Rio Negro, 150 km von uns entfernt, ist eine weitere Fabrik Cunmalleu. Diese produzieren heute ungefähr 40 oder 50 Ladungen, LKWs, die ihre Fabrik verlassen, und wir mit viel Glück und gutem Willen erreichen vielleicht 3 LKWs. Das ist der Unterschied in der Technik und daher brauchten wir die Enteignung dringend, damit wir anfangen können zu reinvestieren - vor allem in Maschinen um konkurrenzfähig zu werden und diese Fabrik wirklich in den Dienst unserer Bevölkerung zu stellen. Wir stellen Ziegelsteine für den Häuserbau her. Bei dem Mangel, den es in unserer Provinz, unserer Region, gibt glaube ich schon dass wir es schaffen können, unseren Teil dazu beizusteuern, diesen Mangel zu beheben.

ELM: Du sagst, es gibt eine dritte Fabrik in Konflikt. Ich weiß nicht ob es einen Anstieg gibt, aber es ist sicher, dass gebaut wird. Daher: Was ist das Problem, dass die Ziegelfabriken schließen?

GF: Die Provinzregierungen und die nationale Regierung auch, favorisieren die Unternehmer. Als Konsequenz erhalten die Firmen viele Kredite, aber die Firmen haben das Geld für andere Sachen benutzt und daher nicht in die Fabriken investiert. Zum Beispiel, Stefani hat alles Geld nach Moreno gebracht, wo sie eine andere Fabrik haben, während sie diese hier nach und nach still legten. Zanon (Der Eigentümer Anm. d. Ü.) hat von der Provinz Millionen an Pesos bekommen; Die Eigentümer der Keramikfabrik Neuquen haben gerade eben erst Millionen von Pesos bekommen, mit dem Ergebnis das sie es nicht wieder investiert haben. Das Gesetz bevorzugt die Firmen trotz der Gesetze zur Enteignung und leider wurde es noch nicht geschafft, dass sie auch ein bischen die besetzten Fabriken unterstützen. Unsere Regierungen machen keine Politik für die ArbeiterInnen, sie machen eine Politik für die Unternehmer.

Im Mai 2010, nach 180 Tagen ohne Bezahlung, ergebnislosen Verhandlungen mit dem Eigentümer und fehlender Antworten durch die Provinzregierung wurde die Keramikfabrik von Cutral Co unter Selbstverwaltung ihrer ArbeiterInnen gestellt. Im Juli dieses Jahres zeigte die Bevölkerung von Cutral Co beeindruckend ihre Unterstützung für die ArbeiterInnen von Stefani, als in einem Referendum mehr als 5000 Personen mit "Ja zur Enteignung der besetzen Keramikfabrik" stimmten. Nach wenig mehr als 4 Jahren hat die Arbeiterklasse diese Woche einen neuen Sieg errungen.

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