Geschenke und Spenden für die Polizei
Jahrelang war es üblich Polizist*innen, Geschenke zukommen zu lassen. Nicht immer waren die Gaben mit einem Hintergedanken verbunden, doch viel zu oft galt das Motto „eine Hand wäscht die andere“, weshalb zurecht die gängige Praxis der kleinen Vorteilsnahmen eingedämmt wurde.
Nicht nur in Frankfurt bekamen jene Polizisten, die den Verkehr regelten von Verkehrsteilnehmer*innen in der Weihnachtszeit Geschenke. Inmitten eines Flaschenarsenals wurde dann der Verkehr geregelt. Manches Mal war es undurchsichtig, wo die Geschenke verblieben, denn nicht jeder Beamte des Reviers konnte davon partizipieren.
Kurz vor der Ablösung des Nachtdienstes holten sich Polizisten der städtischen Reviere ihre verbilligten Brötchen und Kaffeestückchen in der Backstube ab, nachdem sie ihr Weg an der Druckerei der örtlichen Tagespresse vorbeigeführt hatte, um die neuste Tageszeitung stapelweise einzupacken. Wenn unterwegs der Milchtransporter gesehen wurde, wechselten Milchprodukte den Besitzer. „Ist eben das Verfallsdatum erreicht“, kommentierte ein erfahrener Polizist süffisant das unrechte Handeln. Dies ging so lange gut, bis ein Bäcker für seine verbilligte Ware eine Gegenleistung einforderte. Als der nämlich wegen einer Trunkenheitsfahrt seinen Führerschein abgeben musste und verlangte, dass die Obrigkeit ein Auge zudrückt, damit er seinen Führerschein behalten kann. Glücklicherweise stieß der Polizeiapparat hier an seine Grenze, sodass die Rechtsstaatlichkeit zumindest einseitig gewahrt werden konnte.
Nicht ohne Grund wurden die Prozente für die „Firma“ Polizei beim Reifenkauf, im Restaurant oder sonst wo nachdrücklich verboten.
Doch Polizist*innen fanden immer wieder Schlupflöcher.
Ohne Unrechtsbewusstsein wechselten ganze Schweinehälften vom Sattelschlepper auf der Autobahn in den Kofferraum des Streifenwagens. Es folgten Straf- und Disziplinarverfahren und man ging davon aus, dass das Problem beseitigt ist.
Weit gefehlt. 2010 standen hessische Polizeibeamt*innen im Verdacht Dienstgeheimnisse an die Rockerbande „Hells Angels“ verkauft und Kokain erworben zu haben. Wieder waren Strafverfahren und Entlassungen aus dem Dienst das Resultat. Damit war das Problem noch immer nicht gelöst.
Die Gewerkschaften der Polizei fanden das Schlupfloch. Sie gründeten nach dem Vorbild politischer Parteien Stiftungen, sodass die Geschenkeflut weiter fließen konnte.
Rechtlich eine Grauzone und moralisch eindeutig falsch hat die Politik scheinbar kein Interesse dieser gängigen Praxis entgegen zu wirken. Polizist*innen in Not soll dadurch geholfen werden. Trotzdem wird im Kolleg*innenkreis Geld gesammelt, wenn Polizist*innen oder ihre Familien unerwartet in Not geraten sind. So bleiben Zweifel, ob die Spenden tatsächlich ihren vorgesehen Weg finden.
Gewerkschafter wie Rainer Wendt (Deutsche Polizeigewerkschaft) beweisen, dass sie auch gerne in ihre eigene Tasche wirtschaften.
Ein Gutachter bestätigte, dass Wendt bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen zu Unrecht befördert und in den Ruhestand versetzt wurde. Eine rechtliche Handhabe, ihm die Mehreinnahmen zu kürzen gibt es nicht. Wendt, der für seine harte und rechtskonservative Linie gegen vermeintliche Rechtsbrecher bekannt ist, hat dabei kein schlechtes Gewissen.
Im Korruptionsindex liegt Deutschland auf Rang 11 und damit im grünen Bereich. Von 100 möglichen Punkten erhielt das Land 80. Einen Punkt weniger als im Vorjahr. Trotz allem kein Grund zur Freude, denn Korruption in staatlichen Institutionen ist ein großes Problem. Das sollten sich die Polizeigewerkschaften vor Augen führen und die unsägliche Spendenpraxis beenden.
In der Politik wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, dass arme Menschen in diesem Land keine weitreichendere Unterstützung brauchen, weil niemand verhungern muss. Noch weniger brauchen Polizist*innen irgendwelche Spenden.
Zusatzinformation/ Ergänzung:
Windige Geschenke (taz Nord, 15.08.18)