AfD- und Islamkritik
Am 19ten Dezember 2016 ermordete der Dschihadist Anis Amri in Berlin-Charlottenburg 12 Menschen und verletzte fast 70 zum Teil schwer. Dass sich an der gesellschaftlichen Reaktion auf entsprechende Angriffe seit dem nicht viel geändert hat, zeigte sich im Nachgang des Angriffs auf Weihnachtsmarktbesucher in Straßburg vor einigen Tagen. Die Debatte wird wieder dominiert von rassistischen Instrumentalisierungsversuchen auf der einen Seite und dem verleugnen der religiösen Motivation des Täters auf der Anderen. Die Kritik am Islamismus oder am Islam im Allgemeinen wirkt in der öffentlichen Wahrnehmung dabei wie ein Alleinstellungsmerkmal der AfD-Programmatik. Dass dies kaum in Frage gestellt wird, wundert uns jedoch.
Der Autor Martin Lichtmesz, wichtiger Stichwortgeber der Neuen Rechten und damit nicht zuletzt von Teilen der AfD, behauptet „[a]n Liberalismus gehen die Völker zugrunde, nicht am Islam". Alain de Benoist, Vordenker der Identitären Bewegung, die eng mit der Jungen Alternative verbunden ist, erklärt, dass die “Eröffnung einer Fast-Food-Filiale oder eines Supermarktes für unsere Identität sicher eine größere Bedrohung darstelle als der Bau einer Moschee.“ Nicht nur solch theoretische Verlautbarungen mögen stutzig machen. Als Anfang des Jahres im Iran Proteste gegen die Herrschaft der Mullahs ausbrachen, warb die Partei für den Erhalt und die Unterstützung des islamistischen Regimes. Im Frühjahr besuchte eine Gruppe AfD-Politiker den von Assad mit Unterstützung des Irans beherrschten Teil Syriens. Sie lobten den Machthaber und trafen gar einen Großmufti, der vor einigen Jahren mit islamistischen Terroranschlägen in Europa gedroht hatte. Ziel der Reise war, nachzuweisen, dass Geflüchtete nach Syrien abgeschoben werden könnten. Purer Hohn, wenn man die Lage in dem Bürgerkriegsland vor Augen hat. Bei der Kampagne der AfD gegen den Autor Deniz Yücel, der sich zu Beginn des Jahres noch in türkischer Haft befunden hatte, hetzten Sympathisanten der Partei und türkisch-nationalistische Muslime gemeinsam und unter gegenseitiger Bezugnahme in den Sozialen Medien. Der Berliner AfD-Chef Pazderski äußerte in einem Interview ganz explizit seine Bewunderung für die patriarchalen Familienstrukturen konservativer MuslimInnen.
Entsprechende Vorgänge und Positionen machen deutlich, dass große Teile der AfD, primär deshalb ein Problem mit dem Islam in Deutschland haben weil sie ihn nicht als Teil der hier vermeintlich natürlichen Kultur wahrnehmen. Im Ausland können Islamisten geschätzte Partner und Gastgeber sein. Die „Islamkritik“ dient der AfD als offensichtlicher Vorwand für Kampagnen gegen Geflüchtete beziehungsweise gegen jene, die nicht als Teil der Kultur- und Volksgemeinschaft angesehen werden. Schlimmste Ausprägungen des Islamismus in anderen Ländern werden hingegen kritiklos akzeptiert. Die Rechte von Homosexuellen, Frauen und Juden*Jüdinnen sind für die AfD dann von Interesse, wenn sie gegen „Volksfremde“ in Stellung gebracht werden können. Gleichzeitig fallen immer wieder AfD-Politiker durch homophobe und frauenverachtende Äußerungen auf. Es ähneln sich also klar die Adressat*Innen von Hass und Verachtung. Sehr grundlegend verbindet die Religiösen wie Rechten die Ablehnung eines zur Emanzipation fähigen Individuums. Der Mensch ist für Faschisten und Islamisten nur in Volksgemeinschaft respektive Umma denkbar. Ein von Rechtsextremen wie IslamistInnen gleichsam angestrebter Kulturkampf ist daher als Konkurrenzkampf um die autoritäre Ausgestaltung des angestrebten schlechteren Morgen zu verstehen.
Neben dem Verurteilen der Positionen der AfD muss diesem eine linke Kritik an Religion und politischer Ideologie, entgegen gestellt werden. Eine Kritik, die bereit ist zu differenzieren zwischen Islam und Islamismus, jedoch ohne Schnittstellen und Zusammenhänge zu ignorieren. Das Bedürfnis den guten, harmlosen Islam als Religion zu respektieren, während IS und das Regime im Iran überhaupt nichts mit diesem zu tun hätten, teilen wir dabei nicht. Wir halten im Gegenteil eine kritische Auseinandersetzung mit real existierenden Ausprägungen des Islams für dringend geboten. Denn nicht nur in offen fundamentalistischen Moscheen wird Homosexualität verurteilt, Hass auf Juden*Jüdinnen und Israel verbreitet und ein reaktionäres Frauen- und Männerbild propagiert. Eine radikale Linke muss daher bereit sein, respektlose Kritik am Islam als spezifischer Religion und an einer Gesellschaft, deren Elend solchen Aberglauben hervorbringt, zu üben. Es gilt gegen alle Formen reaktionärer Ideologie zu kämpfen. Der Flucht vor der Moderne in den bedrückenden Schoß von Volksgemeinschaft und Umma muss sich entgegen gestellt werden. Für eine Gesellschaft aus freien Individuen gilt es zu streiten.
Für den Kommunismus. Gegen Faschismus und Islamismus!
