Für den 6-Stunden-Tag!

Wir glauben, dass eine bessere Welt für uns alle möglich ist! Am 30. April wollen wir für die Verbesserung unseres eigenen Lebens auf die Straße gehen. Wir wollen keine Symbolpolitik und auch keinen Wahlkampf betreiben. Wir haben durch die Inflation immer weniger Geld, müssen immer länger arbeiten und sehen, wie Konzerne gleichzeitig Milliardengewinne machen. Wir haben keine Lust, unser gesamtes Leben nur zu arbeiten, um über die Runden zu kommen. Wir denken, dass eine andere Form des Arbeitens und Lebens möglich ist. Eine, in der zumindest Gewinne ausgeschüttet und Betriebe selbst verwaltet werden. Wir wollen selbst über unsere Arbeitszeit entscheiden. 

Wir fordern aber nicht nur den 6-Stunden-Arbeitstag, sondern auch eine Arbeitsentlastung für alle. Menschen mit Kindern oder Personen, die andere pflegen oder emotional unterstützen haben oftmals viel längere, meist unbezahlte Arbeitszeiten. Wir brauchen deswegen auch einen besseren Ausbau der Kinderbetreuung und eine gerechtere Verteilung von Pflegearbeit. 

Lasst uns daher am 30. April für den 6-Stunden-Tag auf die Straße gehen

 

Wir wollen den 1. Mai wieder zurück zu seinen Anfängen führen. Der 1. Mai war traditionell seit 1886 der Kampftag für den 8-Stunden-Tag.1 Wir haben für unsere Demonstration übrigens den 30. April gewählt, weil in Sachsen am 1. Mai Nazis demonstrieren und das Leipziger Hinterland nicht im Stich lassen wollen.2 

Wir wollen die Tradition der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung wieder lebendig machen. Viele Menschen, auch viele Anarchist*innen selbst, wissen gar nicht mehr für was Anarchismus eigentlich steht. Sie kennen keine konkreten anarchistischen Ideen, sondern nur das Schreckensbild, welches in der bürgerliche Presse vermittelt wird und haben daher auch keinen Grund, sich uns anzuschließen. Wir denken, dass aufgrund des Fehlens verständlicher, radikaler Forderungen, Menschen eher verkürzten rechten Lösungen hinterherlaufen

 

Es braucht also Ziele, die möglichst viele Menschen betreffen und vermittelbar sind. Einen 4-Stunden-Tag in der aktuellen Situation (mit Inflation, Überstunden, Leistungsdruck usw.) zu fordern, erscheint uns jetzt wirklichkeitsfern, aber ist in ein paar Jahren vielleicht denkbar. Anarchist*innen waren immer erfolgreich, wenn sie eine einfache und klare Sprache gesprochen haben, wie beispielsweise in der mexikanischen Revolution 1911 und in Spanien 1936.

Forderungen müssen gestellt und radikal erkämpft werden. Soziale Kämpfe von links unten waren immer die wirksamste Methode der Bekämpfung des Faschismus, wie sich in Frankreich, USA und Spanien vor dem zweiten Weltkrieg zeigte. Wir wollen mit der Demonstration also auch dem Rechtsruck etwas entgegensetzen.3

In Deutschland gibt es zu wenige bunte und friedliche anarchistische Demos. Die Menschen in Deutschland verbinden Anarchismus nur mit dem Schwarzen Block. Wir könnten uns vorstellen, den Druck mit den Jahren zu erhöhen und zu demonstrieren und zu streiken, wie in Frankreich. Es braucht natürlich viele  unterschiedliche Formen von Protest für Veränderung. 

 

Es sind militante aber auch friedliche Demonstrationen notwendig, um möglichst viele Menschen einzubeziehen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber erst einmal notwendig, den Menschen zu zeigen, dass wir erreichbare Ziele haben und es auch ungefährlich und lohnenswert sein kann, mit uns zu demonstrieren. Viele Menschen ohne Papiere oder mit Kindern trauen sich oftmals nicht auf unsere Demos, da das Risiko der Konfrontation mit der Staatsgewalt zu hoch ist. Wir wollen daher bunt und ohne Ausschreitungen zu provozieren demonstrieren. 

 

Wenn es am Abend oder am nächsten Tag aber Spontis oder andere Aktionen gibt, freut uns das. So etwas erhöht den Druck und verschiedene Taktiken ergänzen sich. Wenn Menschen ihrer Wut, darüber 8 Stunden arbeiten zu müssen, noch anders Ausdruck verleihen wollen, abseits unserer Demo, ist dies für uns vollkommen verständlich. Wir wollen aber eine bunte, friedliche und anschlussfähige Demonstration.

 

 

1 Geschichte des 1. Mai:https://www.anarchismus.at/geschichte-des-anarchismus/zum-1-mai

2 Kappa: "Der 1. Mai in Leipzig und die Ignoranz gegenüber ostdeutschen Verhältnissen", unter: https://kappaleipzig.noblogs.org/1maile/

3 Ums Ganze: "PRIME LIFE NOW!", unter: https://www.umsganze.org/prime-life-now/

 

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Ergänzungen

Ups, Wir wollen übrigens am 30.04 um 15:00 vom Hauptbahnhof Leipzig loslaufen. Es wird pünktlich losgehen :)

Hier das Mobibild, kann vom Indy-Team gerne noch zum Text ergänzt werden

Bilder: 

"Anarchist*innen waren immer erfolgreich, wenn sie eine einfache und klare Sprache gesprochen haben"

 

Anarchist*innen sind vor allem dann erfolgreich wenn sie nicht nur rethorisch sondern auch praktisch an Lebensrealitäten anknüpfen. Der 6h-Tag wird in den Betrieben erkämpft, nicht im luftleeren Raum. Andererseits "Denkanstöße" geben zu wollen nur um Leute auf die Idee zu bringen anstatt tatsächlich real etwas zu erkämpfen ist auch ok. Aber dann ist es cool den Leuten, die an der Demo vorbei laufen, eine Antwort auf ihr "Aber wie geht das?" vorschlagen zu können. Ansonsten kommt es rüber als würdet ihr am Ende doch nur wollen, dass der Staat regelt. Das macht dann auch die irgendwie inhaltslosen historischen Erwähnungen peinlich.

Der 1. Mai ist der Tag, an dem die Lohnabhängigen und Berufstätigen traditionell für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen auf die Straße gehen.

Unsere Forderung nach einer 15-Stunden-Woche knüpft an Ideen an, die Anarchist*innen und Gewerkschaftler*innen bereits 1886 in Chicago offensiv formulierten, indem sie einen 8-Stunden Tag für Werktätige verlangten. Was bis dahin als rein utopische Bedingung am Arbeitsplatz erschien, wurde schließlich zum ersten Mal mithilfe eines Abwehrstreiks zur Verhinderung von Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und der sozialen Sicherheit im Jahr 1919 in Spaniendurchgesetzt.

Die 15-Stunden-Woche widerspricht im Eigentlichen der bestehenden Wirtschaftsordnung, da eine kapitalistische Organisierung von Gesellschaft ohne Verwertung von möglichst viel Arbeitskraft nicht funktioniert: Die wirtschaftliche Produktionsweise ist mitnichten an den Bedürfnissen der Berufstätigen orientiert, sondern justiert sich stattdessen entlang einer möglichst gewinnbringenden Herstellung von Waren, Produkten und Dienstleistungen.

Auch wenn die Forderung nach einer 15–Stunden–Woche – und somit nach einer Entlastung der Lohnarbeitenden – ein Meilenstein im Arbeitsbereich darstellen würde und aktuell noch schwer erstreikbar erscheint, so könnte diesem Ziel mehrere Etappen vorausgehen: Ein erster Schritt kann die bekannte Forderung nach der 4-Tage-Woche sein, die uns Lohnarbeitenden eine Minimalgarantie an Freizeit gewährleisten könnte.

Als Anarchist*innen verharren wir nicht in der Annahme, eine 15–Stunden- bzw. 4–Tage–Woche könne ein selbstbestimmtes Leben aller garantieren, weshalb wir ohne jede Frage die Loslösung von einer gesamten kapitalistischen Gesellschaftsidee anstreben. Dennoch glauben wir ebenfalls, dass jede noch so kleine Verbesserung im Berufs- und Arbeitsleben nicht nur erkämpft werden muss, sondern diese Optimierungen eine Verbesserung der Lebensqualität zugunsten der Lohnarbeitenden darstellt.

Wir betrachten die Fortschritte im Arbeitsbereich als notwendig, ohne uns jedoch auf eine Friedenspflicht oder Tarifpartnerschaft der reformorientierten Gewerkschaftsbewegung zu berufen, die eine emanzipatorische Entwicklung im Anschluss einer solchen sukzessiven Verbesserung der Bedingungen hemmt.

Als Anarchist*innen müssen und werden wir uns den Forderungen anschließen, die eben jene Verbesserung der Lebensumstände der Menschen im Hier und Jetzt – und darüber hinaus – garantiert.

In diesem Sinne:
Heraus zum 1. Mai für die 15-Stunden-Woche!

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https://berlin.dieplattform.org/2023/03/29/her-mit-der-15-stunden-woche/

Bilder: