Geplanter Gerichtsprozess zur Abseilaktion über A9 kurzfristig abgesagt

Am Sonntag, 15. Januar, sollte um 14 Uhr eine Abseilaktion über der A9 im Stadtgebiet München stattfinden. Anlass war ein für den Folgetag angesetzter Strafprozess gegen drei Aktivist*innen, die sich zur Eröffnung der IAA über der A9 nahe Neufahrn abgeseilt und zwei Verkehrsschilder umgestaltet hatten (Zeitrafferfilm der Aktion: https://youtu.be/sgOdgKIvxls). Doch aus beidem wird nichts. Denn das Gericht hat den Termin kurzfristig abgesagt und auf den 6.3. verschoben. Aktivist*innen äußern nun einen Verdacht: Nahm Gericht Rücksicht auf Polizeiinteressen?

 

Der Ablauf der Absage und der gewählte neue Prozesstermin werfen allerdings einige Fragen auf. Jörg Bergstedt, Anmelder der Abseildemo, berichtet: "Ich war im Online-Kooperationsgespräch wegen der Abseilaktion und bekam dort von der Polizei mitgeteilt, dass der Gerichtstermin abgesagt worden sein soll. Ich habe dann die Angeklagten gebeten, dieses per Anruf beim Gericht zu überprüfen. Dadurch erfuhren diese dann auch, dass ihr Termin abgesagt und auf Anfang März verschoben wurde." Dieser Ablauf rieche nach einer Ausrichtung einer Gerichtsversammlung nach Wünschen der Polizei. Der Prozess wäre nämlich genau in die heißen Phasen der Räumungen gefallen - angefangen von Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier über den besetzten Fechenheimer Wald in Frankfurt, der für einen Autobahnbau weichen soll, bis zu weiteren Baumbesetzungen nahe Dresden und in Ulm. Drohende Abseilaktionen aus Protest gegen die Gerichtsverhandlung in Freising hätten Klettereinheiten der Polizei in München gebunden. Der neue Termin ist nun auf einen Tag kurz nach Ende der Rodungssaison gelegt worden. Da müssen die Räumungen ohnehin beendet sein. "Es liegt nahe, dass die Polizei das Gericht gebeten hat, den Prozess zu verschieben. Wenn aber Gerichtstermine so gewählt werden, dass der Raubbau an Mensch und Natur ungestört weitergehen kann, liegt wohl eine deutliche Voreingenommenheit vor. Das Gericht hätte ja auch umgekehrt entscheiden können: Wir lassen den Termin, die bayerischen Cops bleiben im Land und Lützi bleibt stehen." Ein zusätzliches Indiz für eine gezielte Absprache ist darin zu finden, dass Freising zum Polizeipräsidium in Ingolstadt gehört, die Information aber an das Polizeipräsidium München gegeben wurde, wo die Demonstration stattfinden sollte. Es handelte sich also nicht um einen Routinevorgang, sondern einen gezielten Kontakt zum Zweck der Abstimmung von Polizeiwünschen und Gerichtsterminen - ohne Kenntnis und auf dem Rücken der Angeklagten und im Interesse der von polizeilichen Räumungen profitierenden Konzerne.

 

Lizenz des Artikels und aller eingebetteten Medien: 
Creative Commons by-sa: Weitergabe unter gleichen Bedingungen