Aktionskunst in Freiberg – Regenbogen gegen LGBTIQ-Phobie

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Im Rahmen eines Aktionskunstprojekts wurden in Freiberg zahlreiche Elemente mit regenbogenfarbenen Klebebändern verhüllt, um gegen die Ausgrenzung von LGBTIQ-Personen im Freiberger Raum zu protestieren. Diskriminierungen können auf den verschiedensten Ebenen gefunden werden.

Der folgende Text wurde bereits am Freitag veröffentlicht. Nachdem uns geraten wurde dies auch hier zu tun, kommen wir dem gerne nach.

 

 

Aktionskunst in Freiberg – Regenbogen gegen LGBTIQ-Phobie

 

 

 

Im Rahmen eines Aktionskunstprojekts wurden in Freiberg zahlreiche Elemente mit regenbogenfarbenen Klebebändern verhüllt, um gegen die Ausgrenzung von LGBTIQ-Personen im Freiberger Raum zu protestieren. Diskriminierungen können auf den verschiedensten Ebenen gefunden werden.

 

An Freiberger Schulen sind Lehrkräfte manchmal wenig bereit, Menschen aus dem LGBTIQ-Spektrum einen diskriminierungsfreien Unterricht zu gewährleisten. In einem (allerdings eher seltenen Fall) beteiligen sich ein Lehrer selbst an abwertenden Witzen und betonte anschließend, er hätte nichts gegen „Schwuchteln und Tunten“ (O-Ton). Damit möchten wir nicht sagen, dass alle Schülerinnen und Schüler regelmäßig Diskriminierungen ausgesetzt sind, aber jeder Vorfall ist einer zu viel. Oft müssen im Freiberger Stadtgebiet Aufkleber entfernt werden, auf denen gegen LGBTIQ-Personen gehetzt wird, z.B. Sticker gegen Transpersonen oder Aufrufe zu einer „Anti-Rainbow-Revolution“ (was sich der jugendliche Dynamo-Hool dachte, als er einen Aufkleber mit einem Aufruf zum „Sex mit Nazis“ über einen Regenbogensticker klebte, werden wir wohl nie ergründen). Wenn z.B. auf einem Montagsspaziergang regenbogenfarbene Aufkleber mit einem Hakenkreuz verunstaltet werden (gesehen im Oktober im Stadtteil Friedeburg), stört sich in dieser Gruppierung scheinbar niemand daran. Als vor einigen Jahren der damalige CDU-Ortsvorsitzende Reuter eine Veranstaltung mit einem evangelikalen Hassprediger organisierte, bei der u.a. gegen berufstätige Frauen und LGBTIQ-Personen gehetzt wurde, schlug ihm immerhin öffentliche Kritik entgegen. Das hinderte seinen Parteifreund und städtischen Justitiar Jörg Woidniok jedoch nicht daran, in der Legislaturperiode 2009-2014 einem homosexuellen Stadtrat als einzigem zur Begrüßung den Handschlag zu verweigern. In der Stadtverwaltung wurde dies akzeptiert. In konservativen Kreisen wird nicht selten gefordert, LGBTIQ-Personen hätten Ausgrenzung und Diskriminierung zu tolerieren und sehen in ihrem diskriminierendem Verhalten einen Akt gesellschaftlicher Freiheit, welche durch eine angebliche linke „Cancel-Kultur“ bedroht sei. Andere wähnen sich bereits in einer Diktatur „wie in Weißrussland, wie in China“ (O-Ton eines Montagsspaziergängers), wenn sie nicht ungehemmt ausgrenzen und hetzen dürften. Selbst in größeren Unternehmen kann es schon einmal zu einem Personalgespräch kommen, wenn in einem Gespräch unter Kollegen über Familie&Co ein gleichgeschlechtlicher Expartner erwähnt wird und es wird „Propagierung von Homosexualität“ vorgeworfen. Einer der vermutlich krassesten Fälle von Homophobie auch in unserer Region findet sich im folgenden Link (Triggerwörter: sexualisierte Gewalt): https://intervene.fueralle.org/sexueller-missbrauch-ein-teil-der-erzgebi...

 

Dort kann nachgelesen werden, wie gegenüber einem Jugendlichen aus dem LGBTIQ-Spektrum nach einem sexuellen Missbrauch Spott und Häme statt Unterstützung entgegen schlug. Nicht wenige äußerten ähnliche Überzeugungen wie der Missbrauchstäter, weil der Betroffene schwul ist und meinten das wäre kein Missbrauch „sondern der richtige Gebrauch“. Diese Schilderungen haben uns erschüttert und zu dieser Aktion motiviert, um ein Zeichen zu setzen!

 

Die genannten angeblichen „Späße“ können retraumatisierenden Charakter haben und eine Aktualisierung der Gewalterfahrung bedeuten, weshalb sie u.a. als erneute sexuelle Übergriffe bzw. sexuelle Sekundärübergriffe und die sich so äußernden Personen als Sexualtäter im sexualwissenschaftlichen (aber nicht juristischen) Sinn bezeichnet werden können. Dieses bewusste Retraumatisieren von Betroffenen sexualisierter Gewalt ist zwar juristisch nicht verboten, aber es sollte eigentlich allgemein moralisch verwerflich sein, sich an sexuellem Missbrauch zu erfreuen. Das hindert jedoch selbst Politiker nicht daran sich ebenso zu verhalten. Uns sollte klar sein, wer sexuellen Missbrauch als Politiker öffentlich verharmlost, fördert diesen.

 

Wir greifen drei Beispiele aus dem oben verlinkten Erfahrungsbericht auf:

 

Stadtrat Uwe Fankhänel von der Freiberger Linkspartei versuchte öffentlich in Anwesenheit eines Zeugen bei einem in seiner Jugendzeit sexuell missbrauchten Menschen mit makaberen Kommentaren die Bilder des sexuellen Missbrauchs erneut zu wecken, um sich an dessen betroffenen Reaktion zu erfreuen (Quelle und weitere Einzelheiten: https://de.indymedia.org/node/37625). Der Vorfall ereignete sich in Zusammenhang mit einem seitens des Betroffenen ausgeübten Mandats als „sachkundiger Einwohner“ der Stadt Freiberg und wird von dem international renommierten Sexualwissenschaftler Prof. Dr. Voß als sexueller Übergriff eingestuft. Uwe Fankhänel war sich seiner Wirkung scheinbar voll und ganz bewusst. Im Ortsverband der Linkspartei wird der Sexualtäter geschützt, der Vorfall verharmlost und der Betroffene verunglimpft. Zur Ehrenrettung der Linkspartei sei gesagt, dass seit dem Frühjahr 2022 die innerparteiliche Aufarbeitungskommission für Betroffene sexualisierter Gewalt sich der Aufarbeitung dieses sexuellen Übergriffs annimmt, was jedoch vor Ort hintertrieben wird. So wurde der Sexualtäter Fankhänel seitens des Kreisvorstands aus seinen Parteiämtern entfernt, jedoch wiederum über die Stadtratsfraktion mit einer Art Ausgleichsmandat in einem städtischen Beirat versorgt. Erst kürzlich verspottete eine zentrale Person des Ortsverbands den Betroffenen öffentlich, weil er eine Aufarbeitung des sexuellen Übergriffs wünscht. Wir fordern, dass die Linkspartei entweder den Sexualtäter Fankhänel (und dessen Unterstützer) rauswirft oder sich in „Partei demokratischer Sexualtäter“ umbenennt!

 

Auch die Freiberger Stadtverwaltung betrachtet diese sexualisierte Gewalt gegenüber LGBTIQ-Personen als Lappalie. So war der besagte sachkundige Einwohner durch den genannten sexuellen Übergriff gezwungen dieses kommunalpolitische Amt aufzugeben, um sich nicht weiteren diesbezüglichen Verletzungen auszuliefern. Doch die Stadtverwaltung bagatellisierte den sexuellen Übergriff, drohte dem Betroffenen zwischenzeitlich mit einem Bußgeld bei Nichtausübung des Mandats und behauptet ein seitens des Betroffenen gestellter Abberufungsantrag wäre unzulässig. Damit sagt die Freiberger Stadtverwaltung nichts anderes, als dass sie in gezielten Retraumatisierungen eines sexuell missbrauchten Menschen aus dem LGBTIQ-Spektrum ein „hinzunehmendes Übel“ sieht, welches queere Betroffene sexualisierter Gewalt doch in Kauf zu nehmen hätten, sobald sie öffentlich sichtbar sind oder sich für das Gemeinwohl engagieren. Weil der Betroffene sich weigerte, weitere sexualisierte Gewalt hinzunehmen, wurde sein Ausscheiden aus diesem Amt als „freiwillig“ bezeichnet und eine im Zusammenhang mit der Beendigung diesen Mandats obligatorische Ehrenurkunde verwehrt. Wir fordern, dass die Stadtverwaltung nur noch Menschen beschäftigt, welche in der Lage sind auch die Bewohnenden Freibergs aus dem queeren Spektrum zu respektieren, dass die Stadtverwaltung sexualisierte Gewalt nicht weiter verharmlost und dass sie das kindischen Gehabe mit der Urkunde endlich einstellt!

 

Ein Stadtrat der AfD schrieb in einem öffentlichen Beitrag, der Betroffene hätte dieses Verhalten (also sowohl den sexuellen Missbrauch und als auch den Spott daran) zu akzeptieren und empfand es als psychisch krank, weil der Betroffene sich „immer noch daran stört“. Soll er etwa Luftsprünge machen? Erwarten die Vertretenden der AfD ernsthaft, dass sich queere Menschen darüber freuen sexuell missbraucht zu werden? Eigentlich fordert die AfD ja Todesstrafen für Sexualtäter, wenn der Betroffene einer solchen Tat jedoch schwul ist, stellen sie sich verbal auf die gleiche Stufe wie ein gewöhnlicher Missbrauchstäter (ohne die daraus entstehende Konsequenz ihre Todesstrafenforderung an sich selbst zu vollziehen).

 

Niemand käme auf die Idee, Personen mit einem solch fragwürdigen Bezug zum sexuellen Missbrauch beispielsweise Kinder zur Betreuung zu überlassen, doch in Freiberg vertraut man diesen Personen z.T. die ganze Stadt an.

 

Wir könnten ein Vielzahl weiterer Beispiele von Diskriminierungen gegen LGBTIQ-Personen nennen, doch eines haben alle Vorfälle gemein – sie sollen diese Menschen aus der gesellschaftlichen Mitte an dessen Rand drängen und ausgrenzen. Queere Menschen sollen nicht (mehr) öffentlich sichtbar sein.

 

An diesem Punkt setzen wir an: Mit unserem Aktionskunstprojekt möchten wir sichtbar machen, das LGBTIQ-Personen ein Teil der Gesellschaft sind und sich nicht ausgrenzen lassen. Symbolisch wurden deshalb in allen Stadtteile Freibergs dutzende öffentlich sichtbare Elemente in regenbogenfarbenes Paketklebeband eingewickelt.

 

Dabei bedanken wir uns bei den Menschen aus verschiedenen Spektren in Freiberg, die uns bei den künstlerischen Installationen geholfen haben. Es wurden mit mehreren hundert Meter Regenbogenklebeband vom Münzbachtal bis nach Zug, von Kleinwaltersdorf bis zum BSZ ca. 80 Objekte verhüllt. Wir rufen alle Freiberger Bürgerinnen und Bürger auf, weitere dieser Kunstinstallationen zu erstellen – regenbogenfarbenes Klebeband ist im Internet preiswert erhältlich. Denn LGBTIQ-Personen gibt es überall – in allen Orten und auf allen Ebenen. Den Diskriminierungen gilt es entschlossen entgegen zu treten. Sexueller Missbrauch darf kein harmloser Spaß mehr sein, weil Betroffene eine andere Sexualität haben!

 

 

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