"Wir sind verboten- na und?" Aktivitäten des Aktionsblog seit dem Verbotsverfahren

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Im Sommer 2021 wurde die Neonazigruppe "Aktionsblog/ Baltik Korps" vom Innenministerium verboten. Doch Verbote des bürgerlichen Staates können Neonazistrukturen nicht zerschlagen. Was sich seitdem getan hat, wie und wo Transformationsprozesse sichtbar wurden und welche Kader sich dabei hervorgetan haben hier:

Wir sind verboten- na und?“ Aktivitäten des Aktionsblogs Rostock seit dem Verbotsverfahren

Am 24. Juni 2021 verbot das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommerns die Neonaziorganisationen „Aktionsblog“ und „Baltik Korps“.1 Dabei wurden nur vier Objekte in MV durchsucht. Nach dem Verbot war es nur eine Frage der Zeit, wann und wie sich die Kader um David Mallow und Oliver Fischer2 neu formieren. Für uns Grund genug unsere Recherchen des letzten Jahres zu veröffentlichen.Ein Verbotsverfahren schwächt mit Sicherheit die Organisation, ist jedoch kein mittel- oder langfristiges Instrument (militante) Nazistrukturen zu zerschlagen - aus dem Haus David Mallows wurden zwar kistenweise Rechtsrock-CDs geschleppt, das ändert jedoch nichts an seiner politischen Haltung.

 Die Reaktion der Szene auf die Hausdurchsuchungen und das Verbotsverfahren kam prompt, ging jedoch nicht über Social Media hinaus. Wenige Stunden nach den Hausdurchsuchungen solidarisierte sich der Instagram-Account des „Kampf der Nibelungen“ mit den Kameraden aus Mecklenburg-Vorpommern. Der von Oliver Fischer gut gepflegte Social-Media-Auftritt des Aktionsblogs auf Instagram wurde komplett gelöscht, der Account zu „staatsschutzmv1“ umbenannt. Ebenso erfolgte eine Umbenennung des Telegram_Kanals in „Wir sind verboten- na und?“. Eine klare Ansage. Noch am selben Tag informierte Fischer mit seinem Privataccount über das Verbotsverfahren [Abb. 1]. In den nachfolgenden Wochen fungierte der Privataccount Fischers als Aktionsblog-Ersatz. So postete er einige Tage nach den Hausdurchsuchungen ein Aktionsblog-Aftermovie („Wir sagen Danke!“) und ein Solidaritätsvideo, welches er kurze Zeit später löschte, um es auf einem gesonderten Kanal wieder hochzuladen. Dieses stammt sehr wahrscheinlich aus der Vernetzung des Aktionsblogs zu „Werra Elbflorenz“ und der „Junge Tat Bewegung“ aus der Schweiz.

 

Bundesweit Vernetzt:

Aktionsblog, Kampf der Nibelungen und Alexander Deptolla

Im Herbst 2021 übernahmen dann (ehemalige) Mitglieder des Aktionsblogs in Ermangelung eines eigenen Social-Media-Auftritts die inhaltliche Gestaltung des „Kampf der Nibelungen“-Instagram-Accounts. (Selbstinszenierung im Internet war schon zu den Hochzeiten des Aktionsblog die hauptsächliche Beschäftigung der Internetnazis.) Die Posts auf dem KdN-Account unterscheiden sich kaum vom vorherigen Instagram-Auftritt des Aktionsblogs: Bilder von gemeinsamen Sporteinheiten, dazu kitschige Texte über Disziplin, Sport und Loyalität [Abb. 2: Oliver Fischer in KdN-Jacke beim Sport]. Der einzige Unterschied ist der gemeinsame Dress in KdN-Merchandise und immer wieder Posts, in denen (ehemalige) Aktionsblogmitglieder in KdN-Merch modeln.

Die Vernetzung mit dem „Kampf der Nibelungen“ und damit auch Alexander Deptolla ist nicht überraschend. David Mallow selbst war dort bereits Kämpfer [Abb. 3: v.l.n.r. David Mallow, Alexander Deptolla, Thorsten Heise]. Deptolla besucht immer wieder die Rostocker Kameraden, hier z.B. im November 2020 [Abb. 4]oder zu einem gemeinsamen Besuch einer Corona-Demo im Januar 2022 mit Christian Worch und Oliver Fischer [Abb. 5: Fischer nicht mit im Bild].

 

Wie ein Fisch im Wasser:

Teilnahme an Querdenken-Demonstrationen in Rostock

Seit Beginn der Corona-Demonstrationen in Rostock konnte eine kontinuierliche Teilnahme einiger Aktionsblogmitglieder festgestellt werden. Vor allem Marcel Prätorius 1 und Guido Howald traten regelmäßig in Erscheinung. Dort war besonders zu beobachten, wie (ehemalige) Aktionsblogmitglieder bestens vernetzt mit Neonazis aus dem Hooliganmilieu der „Nordischen Wut“ zusammen aktionsorientiert auftraten – auch bundesweit. Bei den Rostocker Corona-Demonstrationen im Januar 2022 griffen Aktionsblogkader wie Marcel Prätorius, Guido Howald und Personen aus ihrem Umfeld (Jan-Simon Heinelt) gemeinsam mit rechtsoffenen Hooligans Polizeiketten an. [Abb.6: Jan-Simon Heinelt] Oliver Fischer filmte zusammen mit einem bisher unbekannten (ehemaligen) Aktionsblogmitglied (Instagram: „x_jacksoon_x“) mehrere Montage in Folge die Demonstrationen in Rostock. [Abb. 7]

 Bisher fanden die Rostocker „Heißer Herbst“-Demonstrationen vergleichsweise wenig Anklang bei den Kameraden. Regelmäßig anzutreffen sind dort Marcel Prätorius und Jan-Simon Heinelt. [Abb. 8] Guido Howald und Oliver Fischer nahmen bisher nur unregelmäßig teil. Von David Mallow ist bisher der Besuch auf einer „Heißer Herbst“ Demonstration in Güstrow belegt.

 

Auf zu neuen Wegen:

Hinwendung zum III. Weg

 

Am 02.10.2022 nahm David Mallow an einer III. Weg-Demonstration in Plauen teil [Abb. 9]. Er trug dabei die grüne uniformähnliche Jacke des III. Weges. Eine ebenso interessante wie vorhersehbare Entwicklung.

 Ideologisch trennt den Aktionsblog und den III. Weg wenig. Der klar positive Bezug auf den historischen Nationalsozialismus, das Elitäre mit Fokus auf Körper, Geist, Sport u.v.m.. Zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im September 2021 postete Oliver Fischer in einer Instagram-Story Wahlwerbung für den III. Weg mit dem Zusatz „Wenn ihr schon wählen geht:“ [Abb. 10]. Im Frühling 2022 postete Guido Howald auf Instagram ein Bild eines in Form des III. Weg-Logos gepflanzten Blumenbeetes.

 Wie sich der Einfluss des III. Weg in Mecklenburg-Vorpommern mit der Personalie des langjährigen Neonazikader David Mallow und den weiteren Überresten des Aktionsblogs weiterentwickelt und welche Folgen der Umzug Oliver Fischers in die direkte Nachbarschaft Mallows in der Klosterstraße in Güstrow haben wird, bleibt abzuwarten.

 

Wie weiter?

 

Das Verbote von Neonazistrukturen zahnlose Tiger sind, wissen wir nicht erst seit dem Verbotsverfahren gegen den Aktionsblog. Neonazis bleiben Neonazis - ob mit oder ohne Verbot. Jedoch ist es wichtig, genau hinzuschauen wie sich diese Szene nach solchen Verfahren transformiert. Belegbar sind einige bemerkenswerte Entwicklungen:

 

1.) die Rückversicherung des Aktionsblogs auf bundesweite Nazistrukturen nach dem Verbot. (Kampf der Nibelungen, Solidaritätsbekundungen, etc.)

 

2.) Herausbildung Oliver Fischers als wichtige Schlüsselfigur in Vernetzung, Kommunikation etc.

 

3.) die Weiterbetätigung in legalen Parteistrukturen

 

4.) gemeinsames Auftreten und Agieren auf Corona-Demonstrationen mit Neonazis aus dem Hooliganmilieu

 Jedoch bleiben auch einzelne (ehemalige) Aktionsblogmitglieder bisher weitestgehend der Öffentlichkeit fern. Wie es mit organisierten Neonazistrukturen in Rostock und im Umland nach fast eineinhalb Jahren Aktionsblog-Verbot weitergeht, bleibt abzuwarten.

 

 

1https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/108531/4950688

 

2https://de.indymedia.org/node/150339

 

 

1https://de.indymedia.org/node/150689

 

 

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